Baden-Württemberg

Ungarisches Apothekerpaar rettet Landapotheke

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Berlin -

Fast hätte die Kronen-Apotheke im baden-württembergischen Tuningen das Schicksal jener Landapotheken ereilt, die geschlossen wurden, weil sich kein Nachfolger fand. Doch nur wenige Wochen nach dem Aus hat ein ungarisches Pharmazeutenpaar die Apotheke übernommen und damit die Arzneimittelversorgung in dem kleinen Ort gesichert. Eine Win-Win-Situation für alle.

Die Nachricht kam für die Einwohner von Tuningen Ende 2016 völlig überraschend: Nach 32 Jahren war für das Apothekerpaar Franz-Albert und Barbara Höfler Schluss. Ein Nachfolger konnte nicht gefunden werden, deshalb wurde die Kronen-Apotheke Mitte Januar geschlossen. Insbesondere die Älteren machten sich Sorgen, wie sie künftig an ihre Medikamente kommen sollten.

Doch bereits drei Wochen später hieß es, die Kronen-Apotheke sei gerettet. Ein junges Apothekerpaar wolle künftig die Medikamentenversorgung in Tuningen sicherstellen. Daniel Negyesi und seine Frau Eszter Negyesi-Nagy haben beide in Ungarn Pharmazie studiert und sind vor rund drei Jahren nach Deutschland ausgewandert. Seitdem waren sie als angestellte Apotheker tätig.

„Zwar gibt es auch in Ungarn durchaus Stellen für Apotheker”, berichtet Negyesi. „Allerdings sind die Entwicklungs- und Karrierechancen in Deutschland bedeutend besser.” Mithilfe einer Personalvermittlung hätten er und seine Frau schnell Arbeitgeber hierzulande gefunden. „Es war nicht einfach am Anfang, aber wir haben viel Unterstützung erfahren”, so der Apotheker. So habe der erste Arbeitgeber dem jungen Paar beispielsweise bei der Wohnungssuche geholfen.

Die größte Hürde sei die deutsche Sprache gewesen. Der Pharmazeut hat in der Grundschule Deutsch gelernt und verfügte so über gewisse Grundkenntnisse, „was wirklich sehr hilfreich war”. Sobald er und seine Frau beschlossen hatten, nach Deutschland auszuwandern, hätten sie bereits in Ungarn Sprachkurse belegt. „Das Lernen ging in Deutschland weiter”, so Negyesi. „Die Fachsprachenprüfung ist sehr anspruchsvoll, aber ohne sie geht es eben nicht.”

Mit der Übernahme der Kronen-Apotheke hat sich das 28-jährige Ehepaar einen Traum verwirklicht. „Wir haben schon immer geplant, irgendwann einmal eine eigene Apotheke zu betreiben”, berichtet der Pharmazeut. Dass es allerdings bereits nach drei Jahren in Deutschland damit klappen würde, habe sie überrascht. „Es ist ein unbeschreibliches Gefühl”, sagt er.

Die beiden Apotheker haben sich auch nicht davon abschrecken lassen, dass Tuningen eine kleine Gemeinde mit rund 2900 Einwohnern ist. „Wir haben hier alles, was wir zum Leben brauchen”, sagt Negyesi. Es gebe einen Kindergarten und eine Grundschule sowie Einkaufsmöglichkeiten. Die beiden mieten eine Wohnung, die sich praktischerweise gegenüber der Apotheke befindet. „Wir fühlen uns hier sehr wohl”, so der Apotheker.

Der Empfang, den ihnen die Einwohner bereitet haben, sei außerdem überwältigend gewesen. Zur Eröffnung Anfang Februar seien sehr viele vorbeigekommen, um dem jungen Apotheker-Ehepaar zu gratulieren. So mancher Tuninger hatte sich sein Rezept in den vergangenen Wochen aufgespart und jetzt erst die Medikamente geholt. Auch Bürgermeister Jürgen Roth ließ es sich nicht nehmen, den beiden Pharmazeuten persönlich viel Erfolg zu wünschen.

Das Paar hat für die nächste Zeit viel vor. Man habe bereits das Kassensystem gewechselt. Demnächst soll die Kronen-Apotheke modernisiert werden. Negyesi will außerdem eine Homepage gestalten lassen. Dann können die Kunden ihre Medikamente auch online vorbestellen. Auch der Botendienst soll ausgebaut werden.

Dankbar zeigte sich der Apotheker für die Mithilfe der früheren Besitzer. Sie hätten ihnen nicht nur bei der unmittelbaren Übergabe sehr geholfen, sondern versprochen, das Paar auch künftig zu unterstützen. Noch muss der Pharmazeut die Apotheke ohne die Hilfe seiner Ehefrau führen. Sie erfülle derzeit noch ihren Arbeitsvertrag in Frankfurt. Ab April stehen sie beide hinter dem HV-Tisch ihrer eigenen Apotheke in Tuningen.

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