OTC-Hersteller

Aspirin Complex: Bayer sagt Apotheken ab

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Berlin -

In den heißesten Wochen des Jahres denkt kaum jemand an die kommende Erkältungssaison. Doch jetzt hat Bayer die Apotheken informiert, dass Aspirin complex in diesem Winter nicht zur Verfügung stehen könnte. Damit fällt eines der wichtigsten Grippemittel aus. Für die Konkurrenz ist der Engpass eine Chance.

Bereits Anfang August informierte der Bayer-Außendienst einzelne Apotheken über den drohenden Engpass. Wer konnte, bestellte noch rechtzeitig Ware. Mittlerweile sind die meisten Großhändler ausverkauft. In dieser Woche kam nun die offizielle Information: Man bedauere mitteilen zu müssen, Aspirin complex in der kommenden Saison nur eingeschränkt liefern zu können, teilte Vertriebsleiter Thorsten Kujath mit.

Hintergrund seien „fortlaufende Korrektur- und Modernisierungsmaßnahmen am Produktionsstandort Bitterfeld“. Diese führten zu „vorübergehenden Produktionsengpässen bei der Fertigung von Aspirin complex“. Aus diesem Grund sei man gezwungen, alle Terminlieferungen von August bis Januar abzusagen. Alle anderen Produkte, die im Rahmen der Erkältungsbevorratung bestellt wurden, sollen zu den vereinbarten Konditionen ausgeliefert werden.

Man bedauere den Umstand und entschuldige sich für die Unannehmlichkeiten, schreibt Kujath. Sobald wieder Ware verfügbar sei, werde man Bayer die Apotheken informieren.

Der Ausfall könnte Bayer teuer zu stehen kommen. Immerhin gehört Aspirin complex neben Grippostad (Stada) und Wick Medinait/Daymed (Wick) zu den führenden Grippemitteln: Die drei Marken teilen sich drei Viertel des Marktes. Von Grippostad C werden 8,1 Millionen Packungen pro Jahr verkauft, von Aspirin Complex 5,5 Millionen Stück. Wick Medinait kommt auf 4,3 Millionen Einheiten, Wick Daymed auf rund 900.000.

Der Markt der Grippemittel ist hart umkämpft, seit Boehringer/Sanofi mit Boxagrippal ein weiteres Konkurrenzprodukt eingeführt und massiv beworben hat. Auch wenn trotz massiver Kampagne der erhoffte Erfolg bislang ausgeblieben ist, hat der Launch den Markt durcheinander gewirbelt. Pfizer brachte SpaltGrippal auf den Markt, Procter & Gamble (P&G) führte DuoGrippal ein. Die jüngsten Neuzugänge kamen von Hexal und Ratiopharm.

Hält der Lieferengpass an, fehlen dem Team um den neuen OTC-Chef Tobias Boldt erhebliche Umsätze. Mit Aspirin complex werden pro Jahr rund 60 Millionen Euro auf Basis der Apothekenverkaufspreise (AVP) erzielt, das ist fast die Hälfte aller Erlöse der Marke Aspirin. Insgesamt kommt Bayer laut Insight Health auf Abverkäufe von rund 550 Millionen Euro und ist damit der führende OTC-Hersteller in Deutschland, vor GlaxoSmithKline, Ratiopharm, Sanofi, Hexal, Stada, Klosterfrau, Bionorica, Schwabe und Johnson & Johnson.

Der Konzern kämpft seit einiger Zeit mit Lieferproblemen. Noch bis Ende des Jahres ist außerdem ein kompletter Ausfall bei Aspirin i.v. 500 mg gemeldet. Grund sei ein „nicht vorhersehbarer Ausfall mehrerer Produktionsaufträge“, teilte Bayer im Frühjahr mit. Der Wirkstoff – D,L-Lysinacetylsalicylat Glycin – werde in „komplexen zeitlich hintereinander folgenden Produktionsaufträgen“ gefertigt, so Bayer weiter. Man arbeite „mit Priorität“ daran, die volle Lieferfähigkeit wieder herzustellen. „Trotz der intensiven Maßnahmen ist jedoch von längerdauernden Einschränkungen auszugehen.“

Bei Bepanthen wiederum gab es im vergangenen Jahr massive Lieferprobleme. Erst spurte ein neuer Salben/Creme-Mixer am Standort Grenzach nicht, sodass die Augensalbe über längere Zeit nicht ausgeliefert werden konnte. Kaum war der Engpass behoben und die Ware in vollem Umfang ausgeliefert, stand Bayer vor einem neuen Problem. Apotheken meldeten für die neu produzierten Chargen eine Phasentrennung. Der Konzern dementierte Qualitätsprobleme: Das so genannte Ausölen einer Komponente sei eine „bekannte physikalische Eigenschaft der weißen Vaseline“ und könne „grundsätzlich immer auftreten“.

2016 war Laif das Sorgenkind von Bayer. Es fehlte an Rohstoff, außerdem gab es immer wieder Probleme mit aufgequollenen oder aufgeplatzten Tabletten. Das Johanniskraut-Präparat kam ebenfalls mit Steigerwald zu Bayer; um die Probleme in den Griff zu bekommen, wurde später die Galenik überarbeitet. Zuletzt gab es Lieferausfälle bei Canesten, wie der Konzern im Bericht für das erste Quartal einräumte. In Deutschland sind die Probleme noch nicht virulent.

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