Korruptionsvorwürfe

Spenden und Rezepte: Zyto-Apothekerin vor Gericht

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Berlin -

Am Landgericht Berlin hat am Dienstag der zweite Apotheker-Prozess innerhalb einer Woche begonnen. Einer 67-jährigen Pharmazeutin und einem 60-jährigen Onkologen der Charité werden besonders schwere Bestechung und Bestechlichkeit in 14 Fällen vorgeworfen. Der angestellte Oberarzt soll der Apothekerin über Jahre Rezepte zugewiesen und als Gegenleistung von ihr elektronische Geräte für seine Ambulanz erhalten haben. Damit hätten sie gegen „elementare Korruptionspräventionsregelungen“ verstoßen, wirft ihnen die Staatsanwaltschaft vor. Die Apothekerin sieht das anders.

Drei Jahre lang sollen Arzt und Apothekerin rechtswidrig voneinander profitiert haben, wirft ihnen die Staatsanwaltschaft vor: Zwischen März 2009 und Februar 2012 habe Professor Dr. Markus R. der Apotheke von Monika L. insgesamt 5000 Zyto-Rezepte mit einem Gesamtwert von 3,7 Millionen Euro zugewiesen. 400.000 Euro Vorteil habe das der Apothekerin eingebracht. Im Gegenzug habe die Inhaberin die Onkologie-Ambulanz, die R. leitete, materiell unterstützt.

In 14 Fällen habe sie dem Haus über die Firma ihres Sohnes technisches Equipment zukommen lassen: Scanner, Drucker, Bildschirme, Laptops und ähnliches in einem Gesamtwert von knapp 30.000 Euro. Gegenüber der Klinikverwaltung soll der Arzt die Herkunft dieser Geräte verschwiegen haben, L. aber habe er entgegen der Drittmittelsatzung der Charité persönlich Spendenbescheinigungen ausgestellt.

Genau das seien die Geräte aber auch gewesen, beteuert die Angeklagte in ihrer Einlassung zu Beginn des Prozesses. Daraufhin erzählt sie – von den Vorwürfen sichtlich getroffen – von der „langen gemeinsamen Geschichte“, die sie mit der Charité habe: Seit 1972 sei sie dem Haus verbunden. Bereits als junge Pharmaziestudentin in der DDR habe sie in der Krankenhausapotheke ihr Praktikum absolviert, bis dahin reichten ihre persönlichen Kontakte zum renommierten Klinikum zurück.

Und sie fühle sich der Charité nicht nur aus beruflicher Sicht verbunden. Von Ende der 1980er- bis in die 2000er-Jahre hinein hat ihr Vater mit dem Krebs gekämpft. Später traf es sie auch selbst mehrmals. Beide wurden in der Charité behandelt, was das Verhältnis noch enger zusammenwachsen lassen habe. Hinzu kamen ab den 90er-Jahren die enger werdenden geschäftlichen Beziehungen zur Onkologie-Ambulanz: 1992 hatte sie ihre erste Apotheke eröffnet, ab 1996 begann sie laut eigener Aussage als eine der ersten Apotheken in Berlin, patientenindividuelle Zytostatika herzustellen, ab 2006 sei dort zusätzlich ein Notfalldepot entstanden.

Durch den engen Kontakt zur onkologischen Ambulanz sei ihr auch aufgefallen, dass es dort an so einigem mangele. „Teilweise konnten nicht mal Rezepte gedruckt werden, weil die Technik defekt war“, so die Angeklagte. Da habe sie Abhilfe schaffen wollen. Es handelte sich deshalb fast ausschließlich um Bürobedarf. Dass ihr Sohn ein Unternehmen führt, das damit handelt, kam dem Vorhaben natürlich zugute. Die Zuwendungen seien aber tatsächlich Spenden gewesen, mit denen sie die Einrichtung unterstützen wollte, mit der sie so viel verbindet. Sie sei davon ausgegangen, dass alles ordnungsgemäß verbucht wurde.

Doch gesetzlich stellt sich der Fall komplexer dar, denn Spenden von tatsächlichen oder juristischen Personen zu erhalten, mit denen man in einer Geschäftsbeziehung steht, sind für eine öffentliche Institution wie die Charité ein rotes Tuch. Auch Drittmittel dürfen keine Verbindungen zu geschäftlichen Interessen haben. Außerdem wird die Frage zu klären sein, ob und warum der Oberarzt die Herkunft der Geräte gegenüber der Klinikleitung nicht transparent gemacht hat.

Der Verwaltung gegenüber soll er gesagt haben, es handele sich um Geschenke, die er dem Haus von sich aus gemacht hat. R. selbst hatte sich am ersten Verhandlungstag noch nicht geäußert, will dies aber am zweiten tun, wie sein Anwalt erklärte.

Das Büro des Onkologen in der Klinik und die Apotheke waren im März 2014 durchsucht worden. Steuerermittler sollen über Spendenquittungen in den Betriebsausgaben gestolpert sein. Die Justizbehörden wurden demnach vom Finanzamt informiert. Anders als niedergelassene Mediziner konnten Klinikärzte auch vor Inkrafttreten des Anti-Korruptionsgesetzes für das Gesundheitswesen nach dem alten Strafrecht wegen Bestechlichkeit belangt werden.

Die Pharmazeutin sagte, ihre Apotheke im Stadtteil Prenzlauer Berg sei auf die Herstellung onkologischer Fertigarzneimittel spezialisiert gewesen. Sie habe die Ambulanz seit Ende der 1990er Jahre beliefert – „ohne große Gewinne“.

Ihre Apotheke habe sie bereits seit 2016 nicht mehr, sagte Monika L. zuletzt. Der Fall verfolge und belaste sie aber immer noch, sie wolle endlich damit abschließen. Sechs weitere Verhandlungstage sind bisher angesetzt, die sie noch aushalten muss.

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