Apothekenkosmetik

Eucerin: GPS-Sender gegen Vertragsbrecher Carolin Bauer, 17.08.2015 13:40 Uhr

Berlin - 

Apothekenkosmetik in Drogerien ist für Hersteller ein Ärgernis. Der Kosmetikkonzern Beiersdorf kontrolliert mit Depotverträgen, wer Eucerin erhält. Dennoch landet die Kosmetik immer wieder bei dm, Müller oder Rossmann. In Hamburg hat man jetzt die Überwachung verstärkt und setzt bei der Suche nach Vertragspartnern auch auf GPS-Signale.

Der Konzern geht laut eigenen Angaben jeder auffälligen Bestellung nach. Drei Mitarbeiter kümmern sich ausschließlich um die Einhaltung der Selektivverträge. Im vergangenen Jahr wurde zudem ein Mitarbeiter eingestellt, der die Warenbestellungen analysiert. Seitdem hat Beiersdorf zwölf Apotheken erwischt, die die Kosmetik unerlaubt weitergeben.

Auch Drogerien stehen unter strenger Beobachtung: Vor allem Müller biete derzeit mit knapp 100 Produkten der Marken Eucerin, Vichy, Avène, frei, Bepanthol und La Roche-Posay ein breites Sortiment an Apothekenkosmetik an. Dahinter rangiert dm mit knapp 80 Produkten.

Für die Zwischenhändler sei der Vertrieb von Apothekenkosmetik kein lukratives Geschäft. Die Drogerien forderten die Ware aber ein, um sich in die Nähe von Apotheken zu positionieren, so Basel. Im Markt gebe es fünf relevante Zwischenhändler, die über Ringeinkäufe in ganz Europa tätig seien.

Ein Indiz für einen vermuteten Vertragsverstoß sei die Bestellung von extrem viel Ware. „Wir werden auch hellhörig, wenn verkaufsstarke und sehr spezielle Produkte gleichermaßen bestellt werden“, sagt Vertriebschef Frank-Simon Basel. Zusätzlich zur Auftragsanalyse liefere die Chargenrückverfolgung im Verdachtsfall ein grobes Bild, wo die Vertragspartner sitzen.

Besteht ein dringender Tatverdacht, hat der Konzern Lieferungen bereits mit GPS-Sendern versehen und den Transport verfolgt. Über den Einsatz weiterer Technologien wird nachgedacht. Wird ein Vertragspartner erwischt, werde die Vereinbarung gekündigt. „Wir sind da rigoros“, so Basel. Strafrechtlich gebe es keine Sanktionsmöglichkeiten. Der Konzern könne lediglich Schadensersatz einfordern.

Spricht das Team von Beiersdorf die betroffenen Partner auf die illegalen Verkäufe an, werden immer wieder die gleichen Argumente geliefert: „Die Top-Ausrede ist: 'Ich dachte, die Ware geht über einen Händler nach China'“, sagt Basel. Dahinter folge der Verweis auf die Belieferung von Altenheimen und Pflegediensten und dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis die Hersteller die Kosmetik an die Drogerien verkaufen. „90 Prozent der Apotheker, die die Ware an den Graumarkt abgeben, ist gar nicht bewusst, was sie bewirken“, so Basel.

Beiersdorf versucht mit einem Selektivvertrag, die Marke apothekenexklusiv zu halten. Ohne eine solche Vereinbarung wäre Eucerin spätestens in zwei Jahren breit in Drogeriemärkten erhältlich, sind sich Experten sicher. „Die Vereinbarung ist der wichtigste Bestandteil zum Schutz der Marke“, sagt Basel.

Mit dem überarbeiteten Depotvertrag hat Beiersdorf laut eigenen Angaben rund 1000 Partner neu beziehungsweise zurückgewonnen. Derzeit sind rund 18.000 Apotheken unter Vertrag. Im vergangenen Jahr wurde der Vertrag zweimal angepasst. Die 30 fest definierten Produkte wurden zunächst auf 20 gekürzt.

Im November hatte der Konzern die Auswahl gelockert. Apotheken können seither selbst entscheiden, welche 20 Produkte sie in ihr Regal stellen wollen. Beibehalten wurden die Blockpräsentation, die Anordnung zwischen anderen hochwertigen Kosmetikmarken und die Beratung durch fachlich qualifiziertes Personal. Die Selektivverträge wurden 2009 für Apotheken und Großhändler eingeführt.

Laut IMS wurden im vergangenen Jahr in den Apotheken Kosmetika im Wert von 1,35 Milliarden Euro verkauft, das entspricht einem Wachstum von 1 Prozent. Während der Umsatz in der Offizin um 0,5 Prozent rückläufig war, konnten die Versandapotheken um 12 Prozent zulegen. Mit 183 Millionen Euro entfallen 14 Prozent auf diesen Bereich. Zum Vergleich: 2009 waren es noch 9 Prozent.

Im Gesamtmarkt, der insgesamt weiter stark fragmentiert ist, hat sich erstmals Eucerin an die Spitze gesetzt. Weil die Umsätze nur um 1,7 Prozent auf 134 Millionen Euro rückläufig waren, L'Oréal sich bei Vichy aber mit 4 Prozent weniger zufrieden geben musste (132 Millionen Euro), zog die Beiersdorf-Marke vorbei. In den jeweiligen Teilsegmenten haben die Hamburger aber seit Jahren die Nase vorn.

Auch L'Oreal liefert Vichy nur an Apotheken, die den Depotvertrag unterschieben haben. Der Konzern geht ebenfalls streng gegen Graumarkthändler vor; gerichtlich wurde etwa eine einstweilige Verfügung gegen ein Firma durchgesetzt, die gezielt Apotheker angesprochen und sie dazu verleitet haben soll, ihm Vichy-Produkte zu verkaufen.

+++ APOTHEKE ADHOC Umfrage +++

Depotverträge gegen den Graumarkt: Was meinen Sie? Jetzt abstimmen! »