Rabattverträge für Antibiotika

„AOK Z1“: Drei Partner, Bonus für EU-Produktion

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Berlin -

Trotz aller Kritik hält die AOK seit Jahren an ihren Exklusivverträgen mit einem Hersteller fest. Doch zumindest im Bereich der Antibiotika tut sich jetzt etwas: Für die Wirkstoffe Cefaclor, Cefuroxim, Ciprofloxacin, Clarithromycin und Roxithromycin sucht die Kasse erstmals drei Rabattpartner, die nicht nur den günstigsten Preis bieten. Ab 14. September können die Hersteller für die Runde „AOK Z1“ bieten.

„Die AOK setzt nun mit einer gesonderten Ausschreibung für antibiotische Wirkstoffe neue Standards für Versorgungssicherheit und Umweltschutz“, sagt Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg und Federführer der AOK-Gemeinschaft für die bundesweiten Generikaverträge. „Wir vergeben in ‚AOK Z1‘ nicht einfach an den günstigsten Anbieter. Wir lassen erweiterte Zuschlagskriterien einfließen wie etwa Länge der Lieferkette, Umweltaspekte und die Einhaltung örtlicher Vorgaben des Arbeitsschutzes!“

Damit erweitert die AOK ihre Zuschlagskriterien um Merkmale, die in ihrer Summe einen Vergabebonus von bis zu 16 Prozent ausmachen können. Das kann laut Bauerfeind gerade kleineren Unternehmen entgegenkommen, weil nicht automatisch der günstigste Bieter den Zuschlag erhalte, sondern derjenige, der flexibel agieren könne. „Am besten gelingt das Unternehmen, die ohnehin bereits in Standort- und Umweltkriterien investiert haben.“

Die Hersteller schöpfen diesen Bonus laut Bauerfeind vor allem dann voll aus, wenn die Produktion der Wirkstoffe, deren Weiterverarbeitung und die Verpackung der fertigen Arzneimittel nach den in der EU geltenden oder über Freihandelsabkommen abgesicherte Mindeststandards ausgerichtet ist. Ebenfalls positiv gewichtet wird die Einhaltung von am Produktionsstandort geltenden Vorgaben zu Grenzwerten für Arzneimittelrückstände im Produktionsabwasser. Als Knock-out-Kriterium gelten Bündelpackungen, die wegen ihres unnötig hohen Kunststoffverbrauchs als umweltbelastend eingestuft werden.

Die neuen Verträge ersetzen die aktuell laufende 19. Tranche und treten am 1. Juni 2021 in Kraft. Die Zuschläge gelten für zwei Jahre und umfassen ein Umsatzvolumen von 63 Millionen Euro pro Jahr.

Durch die Weiterentwicklung ihrer Ausschreibungskriterien passe die AOK das wirksamste Steuerungsinstrument des generischen Arzneimittelmarkts aktuellen Gegebenheiten an, formuliert Bauernfeind weiter. Die vergangenen Monate der Corona-Pandemie hätten gezeigt, dass das deutsche Rabattvertragssystem die Arzneimittelversorgung resistenter gegen Lieferengpässe mache als das auf nicht geregelten Märkten möglich sei. „Die AOK unterstützt das auch im Kontext der deutschen EU-Ratspräsidentschaft derzeit rege diskutierte Ziel, die Versorgungssicherheit bei wichtigen Arzneimitteln zu stärken. Wir haben schon immer darauf hingewiesen, dass sich dieses Ziel nur in einem europäischen Rahmen sinnvoll gestalten lässt und ergreifen alle Gestaltungsmöglichkeiten, die sich uns dabei bieten.“

Schon in den kürzlich veröffentlichten Ausschreibungsunterlagen der 24. Rabattvertragstranche hatte sich die AOK nach Angaben von Bauerfeind ein Sonderkündigungsrecht gesichert, falls Vertragspartner oder Drittunternehmen gegen am Produktionsstandort geltende Umwelt- und Arbeitsschutzauflagen verstoßen.

„Die Wirkstoffherstellung für Arzneimittel konzentriert sich weltweit auf wenige Produktionsstätten“, so Bauernfeind. „Problematische Produktionsbedingungen innerhalb der sich ergebenden langen Versorgungsketten können hierzulande Lieferengpässe verursachen. Wir möchten darauf hinwirken, dass pharmazeutische Unternehmen so arbeiten, dass sich in Europa etablierte Arbeits- und Umweltschutzstandards gegen weniger strenge Vorgaben behaupten können.“ Insbesondere die Herstellung antibiotischer Wirkstoffe müsse unter strengeren Auflagen für den Umweltschutz stattfinden. Wenn sich multiresistente Keime über Industrieabwässer ausbreiten könnten, sei die Wirksamkeit von Antibiotika gefährdet.

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