Auch ohne Antibiotikabehandlung

Covid-19 schädigt die Darmflora

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Berlin -

Eine Covid-Erkrankung kann mit zahlreichen Beschwerden einhergehen, da verschiedenste Organe befallen und in Mitleidenschaft gezogen werden. Forscher aus China fanden nun heraus, dass auch die Darmflora durch eine Infektion mit Sars-CoV-2 beeinträchtigt wird – möglicherweise sogar langanhaltend. Schuld daran scheint jedoch nicht die Antibiotikabehandlung zu sein. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Gut“ vorgestellt.

Da der Darm einen wesentlichen Einfluss auf das Immunsystem besitzt, erscheint es durchaus denkbar, dass Covid-19 auch hier angreifen kann. Denn schwere Verläufe gehen oft mit einer überschießenden Immunreaktion einher, dem sogenannten Zytokinsturm. Ein Team der Chinesischen Universität Hongkong konnte nun einen Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der Covid-Erkrankung und dem Einfluss auf die Darmflora ermitteln.

Mikrobiom auch nach Genesung gestört

Für ihre Studie untersuchten die Mediziner die Stuhlproben von 100 Covid-Patienten. Einige der Patienten gaben mehrfach Stuhlproben ab, manche sogar bis zu 30 Tage nach Entlassung aus der Klinik. Das Team sequenzierte die enthaltene DNA der Proben – daraus lassen sich Art und relative Häufigkeit der Darmbakterien ermitteln. Bei der Untersuchung zeigten sich deutliche Unterschiede. Zwar kann eine Antibiotikabehandlung klassischerweise das Mikrobiom verändern – allerdings zeigten sich die veränderten Darmbakterien auch bei Patienten, die keine Antibiose erhalten hatten.

Die Covid-Patienten hatten demnach eine höhere Anzahl von Ruminococcus gnavus, Ruminococcus torques und Bacteroides dorei-Arten. Bifidobacterium adolescentis, Faecalibacterium prausnitzii und Eubacterium rectale waren hingegen vermindert vorhanden. Schwere Verläufe schienen besonders mit einer geringeren Anzahl von F. prausnitzii und Bifidobacterium bifidum verbunden zu sein. Bei der Auswertung der Ergebnisse wurde der Einsatz von Antibiotika berücksichtigt.

Auch nach der Genesung konnte im Stuhl eine verminderte Anzahl verschiedener Darmbakterien festgestellt werden. Auffällig war außerdem, dass die Aufstellung der Darmflora teilweise auch in Zusammenhang mit der Höhe verschiedener Entzündungsmarker gebracht werden konnte. Auch eine Korrelation mit anderen Laborwerten, die auf einen schweren Verlauf der Erkrankung hinweisen, konnte dargestellt werden.

Darmflora-Störung als Ursache für Long-Covid?

Zwar liefert die Analyse keine Belege für einen Kausalzusammenhang, denn Vorerkrankungen wie Adipositas oder Diabetes könnten auch mit einer schlechten, ernährungsbedingten Grundaufstellung der Darmflora einhergehen. Das Team geht dennoch einen Schritt weiter: Möglicherweise könnte auch eine durch Antibiose ausgelöste Störung der Darmflora für die überschießende Immunreaktion sorgen. Zudem könnten auch Langzeitsymptome des „Long-Covid“ auf eine gestörte Darmflora zurückzuführen sein. Wäre dies der Fall, könnten neue Therapieansätze eine Option sein – so kämen beispielsweise auch Stuhltransplantationen infrage. Normalerweise kann dieses Verfahren bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa angewendet werden.

Eine Transplantation von Stuhl gesunder Patienten kann zur Neuansiedlung von „guten“ Bakterienstämmen führen – die Darmflora kommt wieder ins Gleichgewicht. Der Stuhl des gesunden Spenders wird dazu mit physiologischer Kochsalzlösung vermischt und grob gefiltert. Die Suspension wird durch einen Einlauf oder während einer Koloskopie in den Dickdarm des Patienten eingebracht. Die Injektion durch eine Duodenalsonde in den Zwölffingerdarm ist ebenfalls möglich. Außerdem kommt die Einnahme von Kapseln infrage.

 

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