Kanada

Warnhinweise für Opioid-Schmerzmittel

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Berlin -

Das kanadische Gesundheitsministerium führt Warnhinweise für Opioid-haltige Schmerzmittel ein. Ab Oktober müssen auf den Packungen rechteckige, neongelbe Warnaufkleber sein, die auf die Gefahren von Missbrauch und Abhängigkeit hinweisen. Die Maßnahme soll helfen, die grassierende Opioid-Epidemie einzudämmen.

„Opioide können zu physischer und psychischer Abhängigkeit sowie einer Überdosis führen“, steht in Kanada ab Herbst auf jeder abgegebenen Packung mit Schmerzmitteln der Klasse A. Diese umfasst unter anderem Oxycodon, Morphin, Hydromorphon, Fentanyl und Codein. Außerdem werden Apotheker und Ärzte dazu verpflichtet, den Patienten bei jeder Abgabe ein Flugblatt mit detaillierten Informationen über die Risiken des Schmerzmittelkonsums auszuhändigen. Die Hersteller wiederum werden zur Erstellung von Risikomanagement-Plänen verpflichtet.

Laut Gesundheitsministerium ist es das erste Mal, dass die kanadische Regierung verpflichtende Warnhinweise für Medikamente einführt, die in Apotheken erhältlich sind. „Aufklärung ist eines der mächtigsten Werkzeuge, um die Gesundheit und Sicherheit von uns und unseren Familien zu schützen“, so Gesundheitsministerin Ginette Petitpas Taylor. „Diese standardisierten, leicht verständlichen Warnaufkleber und Patientenbroschüren werden den Kanadiern Informationen in die Hand geben, damit sie die Risiken von verschreibungspflichtigen Opioiden verstehen und wissen, wie man diese starken Medikamente sicher einsetzt.“

Die Maßnahme wird in der Öffentlichkeit weitestgehend positiv aufgenommen, auch wenn sie vielen Kanadiern nicht weit genug geht. Petra Schulz hat den Opferverband „Moms Stop The Harm“ gegründet, der Mütter vertritt, deren Kinder von Opioidabhängigkeit betroffen sind. Sie begrüßt die Warnhinweise zwar, fordert jedoch noch einen weiteren Schritt: Zu allen Packungen sollte auch eine Informationsbroschüre herausgegeben werden, in der erklärt wird, wie man eine Opioid-Überdosis erkennt und was dann zu tun ist.

„So oft höre ich: ‚Ich dachte, er schläft seinen Rausch aus.‘ ‚Er hat geschnarcht.‘ ‚Sie hat geschlafen.‘“ Ihr Sohn verstarb 2014 mit 25 Jahren an einer Überdosis Fentanyl. „Wenn man die Leute nicht aufklärt, dann lässt man sie allein mit dem Risiko.“ Auch der Apothekerverband Ordre des Pharmaciens du Québec fordert weitergehende Hilfsprogramme für Abhängige. Dazu müsse man Strukturen aufbauen, die die Sucht erkennen helfen, um dann Maßnahmen einleiten zu können, die „auf die Bedürfnisse [der Süchtigen] zugeschnitten sind“.

Kanada hat in den letzten Jahren mit dem zunehmenden Missbrauch von Opioiden zu kämpfen – wenn auch in etwas weniger dramatischen Ausmaßen als im Nachbarland USA. Zahlen des Gesundheitsministeriums zufolge starben im Jahr 2016 noch 2946 Kanadier an einer Überdosis Schmerzmittel, allein zwischen Januar und September 2017 waren es bereits 2923. 92 Prozent der Todesfälle seien Unfälle gewesen. Wie in den USA ist die mit Abstand tödlichste Substanz das synthetische Analgetikum Fentanyl. Es war für 72 Prozent der Todesfälle verantwortlich.

Ebenfalls wie in den USA betrifft das Suchtproblem eher die weiße, ländliche Unterschicht. 90 Prozent der am stärksten betroffenen Städte haben weniger als 225.000 Einwohner und im dünn besiedelten Westen des Landes ist die Zahl der tödlichen Überdosierungen beinahe zehnmal so hoch wie im urban geprägten Osten. Beide Staaten arbeiten mittlerweile eng zusammen, um Lösungen für die Krise zu finden.

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