Österreich

Apothekerin protestiert gegen dm Maria Hendrischke, 20.09.2016 12:51 Uhr

Berlin - 

Seit Jahren versucht die Drogeriekette dm in Österreich, die Apothekenpflicht für OTC-Arzneimittel auszuhebeln. Zuletzt wandte sich dm dafür an den Verfassungsgerichtshof (VFGH). Apothekeninhaberin Heidelinde Hausner aus Wien protestiert gegen die Liberalisierungsvorstöße: Die aktuelle Schaufensterdekoration ihrer Alt-Hietzinger Apotheke zum Auge Gottes erinnert die Kunden daran, dass sie pharmazeutische Beratungen in der Drogerie nicht erwarten können.

Schon seit 2008 versucht dm in Österreich immer wieder, rezeptfreie Arzneimittel ins Sortiment aufnehmen zu dürfen. Die Kette fühlt sich vom Arzneimittelgesetz (AMG) direkt benachteiligt und bewertet die Apothekenpflicht für OTC-Präparate als verfassungswidrig: Die rechtliche Ungleichbehandlung von Drogerie und Apotheke sei sachlich nicht begründet.

Vor dem VFGH hat dm im Februar einen sogenannten Individualantrag gestellt, um OTC-Medikamente verkaufen zu dürfen. Drogeriemarkt dm verweist auf den seit Juni 2015 zugelassenen Versandhandel: Auch Drogerien könnten pharmazeutische Beratung per Telefon oder Internet anbieten – allerdings erst auf Nachfrage des Kunden. Zugleich wird diskutiert, die Präparate auch in Supermärkten und Tankstellen abzugeben.

Apothekerin Hausner wehrt sich gegen diese Vorstöße, indem sie die Kunden direkt anspricht: In den Schaufenstern weist die Alt-Hietzinger Apotheke auf die Liberalisierungsdebatte hin. Noch bis Ende Oktober – zum nächsten Dekorationswechsel – sollen die Plakate bleiben. Der zeitliche Zusammenhang mit dem Tag der Patientensicherheit am vergangenen Samstag sei ein Zufall gewesen, sagt Hausner.

Von den Kunden wird Hausner auf die Schaufensterdekoration angesprochen. „Wenn wir den Kunden unsere Sichtweise erklären, stimmen sie uns zu“, sagt die Inhaberin. Wie die Patienten allerdings urteilen würden, wenn OTC-Arzneimittel bei dm günstiger verkauft würden, kann Hausner nicht sagen. „Es ist ein zweischneidiges Schwert“, sagt sie. „Aber ich glaube, dass die Kunden eine gewisse Sicherheit wünschen, gerade bei Produkten wie Medikamenten.“

Neben der Dekoration hat Hausner auch einen Artikel zum Thema verfasst, der auf dem Internetauftritt des Wiener Stadtteils Hietzing erschienen ist. Darin heißt es unter anderem: „Arzneimittel sind keine Konsumgüter“ und „Medikamente gehören in die Apotheke“. Es wird darauf hingewiesen, dass die falsche Einnahme von Medikamenten „fatale gesundheitliche Folgen“ haben könne. Die Beratung in der Apotheke sei daher unerlässlich – gerade bei rezeptfreien Medikamenten, die fälschlicherweise als weniger gefährlich wahrgenommen würden. Dieser gesundheitspolitische Aspekt wird aus Sicht von Hausner bei der Diskussion um die Liberalisierung des OTC-Verkaufs vernachlässigt.

Aktuell dürfen außerhalb der Apotheke vor allem pflanzliche Präparate sowie Arzneitees angeboten werden. Die Produkte müssen jedoch unter Verschluss stehen und dürfen nur von ausgebildeteten Drogisten verkauft werden.