Österreich

Wegen Apotheke: Arzt droht mit Schließung Eugenie Ankowitsch, 25.03.2017 09:37 Uhr

Berlin - 

Weil im oberösterreichischen Ohlsdorf eine Apotheke öffnen soll, droht der Hausarzt Dr. Norbert Pamminger mit Schließung seiner Praxis. Ohne die Hausapotheke, die er dann schließen müsse, könne er sich wirtschaftlich nicht über Wasser halten. Da der Mediziner die Apotheke auf rechtlichem Weg nicht mehr verhindern kann, setzt er auf den Druck der Öffentlichkeit und stellte der Gemeinde auf der von ihm eigens dafür organisierten Pressekonferenz ein Ultimatum.

Der Mediziner gab an, 50 Prozent seines Umsatzes mit seiner Hausapotheke zu machen. Sollte er sie nicht mehr betreiben dürfen, könne er gleich aufhören, sagte er. Der 54-jährige Allgemeinmediziner behandelt in seiner 200 Quadratmeter großen Praxis gemeinsam mit vier Mitarbeiterinnen eigenen Angaben nach rund 2600 Patienten pro Quartal. „Dieses System lässt sich nicht aufrecht erhalten, wenn die Einnahmen aus meiner Hausapotheke wegfallen“, soll er gegenüber Medien behauptet haben. „Ich könnte vielleicht zwei Mitarbeiterinnen entlassen, die Hälfte der Patienten wegschicken und mich irgendwie durchwursteln. Aber das ist nicht mein Anspruch.“ Lieber wechsle er in ein Krankenhaus.

Anlass für das medienwirksame Ultimatum ist die geplante Eröffnung einer Apotheke in Ohlsdorf. Auf Antrag einer Apothekerin, deren Namen die oberösterreichische Apothekerkammer nicht nennen möchte, vergab die Bezirksbehörde bereits im Jahr 2014 eine Standortgenehmigung für den Ort. Wann und wo genau die Apotheke errichtet wird, weiß in Ohlsdorf niemand. Laut Gesetz hat die Apothekerin ab Genehmigungszeitpunkt fünf Jahre Zeit, die Apotheke tatsächlich zu eröffnen. Tut sie das, müsste Pamminger seine Hausapotheke Ende 2018 endgültig schließen.

In Österreich dürfen Ärzte unter bestimmten Bedingungen selbst Medikamente abgeben. Für sie bedeutet der Verkauf ein zusätzliches Einkommen. Allerdings darf ein Mediziner eine Hausapotheke nur betreiben, wenn die nächste Apotheke mindestens vier Kilometer von seiner Praxis entfernt ist.

Auf rechtlichem Weg lässt sich die Apotheke jedenfalls nicht mehr verhindern. „Der Bescheid ist rechtskräftig und kann nicht mehr angefochten werden“, sagt die Präsidentin der oberösterreichischen Apothekerkammer, Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr. Auch deshalb setzen der Hausarzt und seine Unterstützer auf den Druck der öffentlichen Meinung und haben eine Unterschriftenaktion ins Leben gerufen. Außerdem kündigte Pamminger für den 19. April einen „Informationsabend“ in Ohlsdorf an.

Mursch-Edlmayr hält das Vorgehen des Hausarztes für ein „strategisches Spiel“. „Die Genehmigung wurde ja nicht erst gestern, sondern immerhin vor drei Jahren erteilt“, sagt sie. Doch bisher habe es der Arzt nicht für nötig gehalten, gegen den Bescheid vorzugehen. Wohl auch weil es aussichtslos wäre. Nun erpresse er die Bürger der Gemeinde und die Bürgermeisterin regelrecht, um die Apotheke zu verhindern.

Bürgermeisterin Christine Eisner bedauerte Medienberichten zufolge die Ankündigung des Gemeindearztes. „Ich sitze zwischen zwei Stühlen“, wird sie zitiert. „Einerseits muss es mich freuen, wenn der Ortskern durch eine Apotheke belebt wird. Andererseits ist die medizinische Versorgung gefährdet und ich bin als Bürgermeisterin verpflichtet, diese sicherzustellen.“ Mit Kurt Hochrainer gebe es zwar einen zweiten Hausarzt in Ohlsdorf, doch der soll in wenigen Jahren in Rente gehen. Die Angst, keinen Arzt mehr im Ort zu haben, ist also groß – und wird von Pamminger mit allen Mitteln weiter geschürt.

Die Ärztekammer wollte sich zu dem Fall nicht äußern. Pamminger habe die Pressekonferenz „eigeninitiativ“ organisiert. Daher sollten alle Fragen direkt an den Arzt gerichtet werden. Das Onlineportal Nachrichten.at zitiert in einem Bericht allerdings Ärztevertreter, die Partei für Pamminger ergreifen: Ärztliche Hausapotheke erlaube es Medizinern, bei Hausbesuchen Medikamente gleich mitzubringen. Zudem dürften Apotheken rezeptpflichtige Medikamente ohnehin ausschließlich nach dem Rezept des Arztes ausgeben. Für Patienten entstehe auf diese Weise der doppelte Aufwand. Dass Arztpraxen und Apotheken verschiedene Öffnungszeiten hätten, mache die Sache noch schwieriger.

Im Bericht wird außerdem eine Studie zitiert, wonach in einer niederösterreichischen Gemeinde, in der vor einigen Jahren die Hausärzte ihre Hausapotheken schließen mussten, die Arzneimittelversorgung mit der Öffnung einer öffentlichen Apotheke angeblich verschlechtert hat. Das gaben immerhin 88 Prozent der Befragten an.

Mursch-Edlmayr kann die Argumente der Ärzte nicht nachvollziehen. Eine ärztliche Hausapotheke halte nur einen Bruchteil des Medikamentenangebots einer öffentlichen Apotheke vor: Während dort durchschnittlich 6500 Arzneimittel sofort verfügbar seien, hätten Ärzte nur wenige Hundert Medikamente in ihren Hausapotheken vorrätig, so die Kammerpräsidentin.

Auch von deutlich längeren Öffnungszeiten der Apotheken würden Patienten profitieren. So hätten viele Ärzte in ländlichen Gebieten sehr kurze Sprechzeiten. Außerhalb der Sprechstunde sei es für Patienten unmöglich, an Medikamente zu kommen. So öffnet beispielsweise auch Pamminger montags, dienstags, mittwochs und freitags von 8 bis 12:30 sowie dienstags und donnerstags von 16:30 bis 19 Uhr seine Praxis. Am Samstag bleibt sie komplett zu. Die Türen der Apotheke stehen auch auf dem Land werktags von 8 bis 18 Uhr – wenn auch oft unterbrochen von einer Mittagspause – für die Kunden offen. Samstags öffnen Apotheken bis mindestens 12 Uhr.