Frankreich

Gewissensklausel für Apotheker abgelehnt Maria Hendrischke, 07.09.2016 12:39 Uhr

Berlin - 

Die französische Apothekerkammer hat sich gegen die Einführung einer Gewissensklausel im Ethikkodex des Berufsstandes entschieden. Der Artikel war zuvor in der Öffentlichkeit, insbesondere in sozialen Medien, kontrovers diskutiert worden.

Die Gewissensklausel sollte die Formulierung enthalten, dass ein Apotheker Dienstleistungen verweigern kann, die sich gegen das menschliche Leben richtet. Ursprünglich war die Klausel dazu gedacht, dem Berufsstand zu ermöglichen, Medikamente zur Sterbehilfe nicht abgeben zu müssen. Denn seit März 2015 ist es in Frankreich erlaubt, sterbende Patienten mit der entsprechenden Verfügung durch Arzneimittel in einen tödlichen Tiefschlaf zu versetzen.

In der französischen Öffentlichkeit entspann sich um die Gewissensklausel aber eine ganz andere Diskussion: Kritiker befürchteten, dass Apotheker sich auf den Satz zurückziehen könnten, um etwa aus religiösen Gründen die „Pille danach“ zu verweigern. Frankreichs Familienministerin Laurence Rossignol erkannte in der Klausel einen potenziellen Eingriff in Frauenrechte.

Kammerpräsidentin Isabelle Adenot empfahl angesichts dieser Diskussionen, die Gewissensklausel nicht in den neuen Ethikkodex zu übernehmen. Dabei hatte die Kammer zuvor 75.000 Apotheker zu einer Online-Abstimmung über den Paragraphen aufgefordert: 3400 beteiligten sich an dem Voting; 85 Prozent davon sprachen sich für den Artikel im Kodex aus.

Abgesehen von den Apothekern haben die anderen Heilberufe in Frankreich eine Gewissensklausel in ihren Kodizes, darunter Ärzte, Krankenpfleger und Hebammen. In Belgien und Kanada können sich Apotheker auf so einen Artikel zurückziehen, wenn sie pharmazeutischen Dienstleistungen aus moralischen Gründen nicht vertreten können. Französische Apotheker wird im Ethikkodex die Möglichkeit eingeräumt, die Abgabe gesundheitsschädigender Medikamente zu verweigern. Der Artikel ist auch in der überarbeiteten Version enthalten. In Deutschland ist es schwierig, aus Gewissensgründen etwa Notfallkontrazeptiva nicht abzugeben.

Der Ethikkodex der französischen Apotheker wurde erstmals 1953 veröffentlicht. Zuletzt wurde er vor 21 Jahren überarbeitet. Seit dieser Zeit habe sich das Berufsbild des Apothekers stark weiterentwickelt, erklärt die Apothekerkammer. Den Kodex an neue Technologien und Berufspraktiken anzupassen, sei nötig geworden. „Wir müssen uns mit der notwendigen Weiterentwicklung unserer beruflichen Aufgaben befassen, damit das Vertrauen zwischen den Franzosen und ihren Apothekern gefestigt bleibt“, kommentiert Adenot.

Statt der ehemals 77 Artikel umfasst der neue Ethikkodex nur 47. Diese sollen laut Kammer zutreffender formuliert und besser strukturiert sein. Seit Ende 2015 haben Standesvertretungen, Studentenverbände und Apotheker gemeinsam an dem neuen Kodex gearbeitet. Die Kammer hat dem Gesundheitsministerium den Kodex nun vorgelegt. Das Ministerium entscheidet, ob der Text veröffentlicht wird.