Opioid-Epidemie

Facebook: KI gegen illegale Apotheken

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Berlin -

Facebook-Chef Mark Zuckerberg musste sich bei seiner zweitägigen Vernehmung vor dem Kongress und Senat nicht nur bei Themen wie Datensicherheit, Hate Speech und Wahlkampfmanipulation rechtfertigen, sondern wurde auch zu der Rolle des sozialen Netzwerkes im Rahmen der Opioid-Krise befragt. Ein Kongressabgeordneter konfrontierte ihn mit illegalen Apotheken bei Facebook. Zuckerberg verwies auf bereits angewandte Maßnahmen, wollte aber offensichtlich nicht zu viel versprechen.

„Sollte Facebook illegalen Online-Apotheken ermöglichen, Medikamente wie Oxycodon, Percocet oder Vicodin ohne Rezept zu verkaufen?“ Damit steigt der republikanische Kongressabgeordnete David McKinley in seinen vierminütigen Frageturnus ein. „Natürlich nicht, das ist gegen unsere Firmenpolitik“, erwidert der augenscheinlich leicht verunsicherte Zuckerberg. „Es gibt 35.000 Online-Apotheken und die FDA glaubt, dass 96 Prozent von ihnen illegal arbeiten“, legt der Politiker nach. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte sich dabei auf Zahlen des Verbands Alliance for Safe Online Pharmacies (ASOP) bezogen. „Wie Sie hier auf diesen Fotos sehen können, sind auf Ihrer Seite nach wie vor Opioide ohne Rezept erhältlich – entgegen dem, was sie vor einer Minute gesagt haben.“

McKinley beruft sich dabei auf FDA-Direktor Scott Gottlieb. Der hatte Facebook und anderen Online-Plattformen vergangene Woche vorgeworfen, nichts gegen den illegalen Medikamentenhandel auf ihren Seiten zu unternehmen. „Ihre Plattform wird weiterhin dazu genutzt, das Gesetz zu umgehen und Leuten zu ermöglichen, ohne Verschreibung Medikamente zu kaufen, die in hohem Maße abhängig machen“, so der Republikaner.

Die USA werden in den letzten Jahren von der größten Suchtkrise ihrer Geschichte heimgesucht: Der weit verbreitete Missbrauch von Opioid-haltigen Schmerzmitteln wie Oxycontin hat Millionen Amerikaner in die Abhängigkeit getrieben. Zehntausende sterben daran jedes Jahr oder wechseln zu günstigeren, aber noch gefährlicheren Drogen wie Heroin – und sterben dann daran. Das hat dem National Institute on Drug Abuse zufolge allein 2017 über 50.000 Amerikanern das Leben gekostet. Großen Pharmaunternehmen wie Purdue und Ärzten wie Apothekern wird dabei in der Öffentlichkeit eine wesentliche Mitschuld vorgeworfen.

In diesem Zusammenhang ist auch der illegale Arzneimittelhandel über soziale Medien seit Anfang des Jahres stärker in den Blick der Behörden gerückt. Eine Studie des „American Journal of Public Health“ fand allein auf Twitter 1800 Angebote für verschreibungspflichtige Opioide. Laut Zahlen des Verbands ASOP verkaufen in den USA rund 3400 illegale Apotheken über Facebook Opioide ohne Rezept. „Diese Angebote weichen immer mehr in soziale Medien aus, da diese weniger überwacht werden als klassische Suchmaschinenergebnisse“, so Timothy Mackey von der University of California.

Seine Erwartungen an Facebook macht McKinley dabei an Zuckerbergs eigenen Worten vor dem Kongress fest: Es sei nicht genug, den Menschen mit der Plattform eine Stimme zu geben, hatte Zuckerberg beteuert. Man müsse auch Sorge dafür tragen, dass Menschen ihre Stimme nicht benutzen, um anderen zu schaden. „Mit dieser Drogenepidemie ist Amerika inmitten einer der schlimmsten Epidemien seiner Geschichte“, so der Politiker aus West Virginia, einem der am stärksten betroffenen Bundesstaaten. „Mit allem gebotenen Respekt: Facebook ermöglicht diese illegalen Aktivitäten und damit schaden Sie Menschen.“

Zuckerberg beginnt daraufhin erst einmal, dem Parlamentarier zu erklären, wie Facebook illegale Inhalte kontrolliert: Prinzipiell kann alles gepostet werden und erst wenn Nutzer einen unangemessenen oder illegalen Inhalt melden, die dann überprüft und gegebenenfalls entfernt werden. Doch dabei unterbricht McKinley ihn: „Sie wissen, welche Apotheken legal und illegal auf Ihrer Seite arbeiten. Aber sie erlauben es weiterhin, dass diese Inhalte auf der Seite gepostet werden. Sie haben gesagt, Sie würden diese Inhalte entfernen – aber Sie haben nichts gemacht!“, wirft er dem 33-Jährigen vor. „Deshalb frage ich Sie: Wann werden sie diese Posts löschen?“ McKinley verweist auf die 20.000 Facebook-Mitarbeiter, die laut Zuckerberg für die Überprüfung und Entfernung zuständig sind.

Doch Zuckerberg lässt diesen Einwand so nicht gelten: Bei dutzenden Milliarden von Beiträgen jeden Tag können auch 20.000 Mitarbeiter bei weitem nicht alles überprüfen, was ihnen zugespielt wird. Die Lösung laute deshalb Künstliche Intelligenz (KI). „Was wir brauchen, sind bessere KI-Tools, die diese Inhalte proaktiv überprüfen können“, so Zuckerberg. Wie genau er sich das vorstellt, konnte er nicht mehr erklären – die Befragung endete abrupt, denn jeder Abgeordnete hat nur vier Minuten Zeit, seine Fragen zu stellen.

Doch McKinley war nicht der einzige Abgeordnete, der Zuckerberg mit dem Thema konfrontierte: Auch der texanische Republikaner John Carter sprach ihn explizit auf den mutmaßlichen Beitrag Facebooks zur Opioid-Krise an.

Gottlieb hatte vergangene Woche angekündigt, sich mit hochrangigen Managern von großen Online-Plattformen treffen zu wollen, um Lösungen für das Problem illegaler Online-Apotheken zu diskutieren. „Ich hoffe dass Sie gewillt sind, wenigsten jemanden dahin zu schicken, um uns zu helfen“, forderte er Zuckerberg zur Zusammenarbeit auf. „Herr Abgeordneter, ich kümmere mich darum, dass jemand da sein wird.“

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