Schweiz

Codein: Rezept statt Drogerie APOTHEKE ADHOC, 14.05.2018 14:10 Uhr

Berlin - 

Codein-haltige Hustensäfte sind in der Schweiz ohne Rezept erhältlich. Das Arzneimittel ist seit Langem in der Partyszene angekommen und wird vor allem von Jugendlichen missbräuchlich verwendet. Apotheker warnen vor dem gefährlichen Trend und fordern wie auch die Suchtpräventionsstellen eine Rezeptpflicht. Nun ist die Behörde Swissmedic gefragt.

Codein fällt in der Schweiz laut Heilmittelgesetz in die Abgabekategorie C. Somit können die Arzneimittel in der Selbstmedikation eingesetzt werden. Nicht nur Apotheken, sondern Drogerien mit Lizenz vom Verkauf von Medikamenten der Liste-C dürfen Codein-haltige Hustensäfte ohne Rezept abgeben. Im Kanton Solothurn dürfen Drogisten entsprechende Arzneimittel verkaufen und im Rahmen der Selbstmedikation und Gesundheit beraten.

Vor wenigen Tagen berichtete das Konsumentenmagazin „Espresso“ des Schweizer Radiosenders SRF 1 über den Missbrauch der Hustensäfte und die geforderte Verschärfung des Heilmittelgesetzes. Jugendliche würden Codein als Partydroge und Heroinabhängige den Arzneistoff als Ersatzrauschmittel missbräuchlich verwenden. In der Partyszene werde der Hustensaft mit Alkohol oder Limonaden wie etwa Sprite gemischt. Daher komme der Name „Dirty Sprite“. In der Schweiz ist die Mischung aber auch unter dem Namen „Maka“ bekannt, der auf den Codein-haltigen Hustensaft Makatussin zurückzuführen ist. Apotheker berichteten über eine verstärkte Nachfrage des Antitussivums vor allem am Wochenende oder vor Feiertagen.

Apotheker müssen bei der Abgabe ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen. Die Hustensäfte sollten nicht an Jugendliche jünger als 18 Jahre und bei vermutetem Missbrauch abgegeben werden. Kontraindiziert ist der Wirkstoff bei Stillenden und Kindern jünger als zwölf Jahren. Versucht werde eine Umstellung auf alternative Wirkstoffe. Apotheker würden ihrer Verantwortung in großem Maße zwar gerecht, dennoch gebe es schwarze Schafe unter den Kollegen.

Urs Rohr von der Stadtzürcher Suchtpräventionsstelle sieht einen Missbrauch vor allem in der Hip-Hop-Kultur. „Es fand eine Heroisierung dieser Hustensäfte statt, ähnlich wie in den 70er- und 80er-Jahren beim Gebrauch von Cannabis im Zusammenhang mit der Reggae- und Rastakultur“, wird der Rohr zitiert. SRF berichtet zudem von einen „Einkaufstourismus“ unter anderem aus der deutschen Hip-Hop-Szene. Hierzulande und in anderen Nachbarländern unterliegt Codein der Verschreibungspflicht.

Zahlen zum Missbrauch kann der SRF nicht vorlegen. Der Apothekerverband Pharmasuisse, das Bundesamt für Gesundheit (BAG) sowie die Schweizerische Kantonsapothekervereinigung würden jedoch bestätigen, dass die verstärkte Nachfrage auf eine missbräuchliche Verwendung schliessen lasse.

Swissmedic prüft derzeit etwa 650 Arzneimittel der Liste C. Codein könnte in die Abgabekategorie A oder B aufgenommen werden und somit erschwert zugänglich sein. Eine Entscheidung wird für Herbst diesen Jahres erwartet.