Vom Versender zu CallMyApo

Zava und Shop-Apotheke: „Hunderte E-Rezepte am Tag“ APOTHEKE ADHOC, 10.11.2020 10:48 Uhr

Arzt und Apotheker auf einer Seite: Shop-Apotheke bewirbt die Kooperation mit Zava auf ihrer Seite. Eine Verletzung des Zuweisungsverbot liege dabei jedoch nicht vor. Screenshot: shop-apotheke.com/online-arzt-service
Berlin - 

Telearzt und Plattformapotheker: Viele Kollegen fragen sich, ob sie sich bei einem Modell einschreiben sollen, bevor es zu spät ist. Doch abgesehen von der Frage, ob Videosprechstunden und Vorbestellportale tatsächlich eine wesentliche Rolle spielen werden: Dass es eine Art digitalen Gebietsschutz und damit dauerhaft getrennte Lager geben wird, darf bezweifelt werden. Einerseits sehen Richter bereits das Zuweisungsverbot tangiert, andererseits kann es sich wohl kein Plattformbetreiber leisten, bestimmte Anbieter auszuschließen. Bereits jetzt sind die Grenzen verschwommen: Der Telemedizin-Anbieter Zava etwa sitzt mit Noventi im Boot – betreibt gleichzeitig aber eine Kooperation mit der Shop-Apotheke, die dem Holland-Versender nach eigenen Angaben hunderte E-Rezepte pro Tag in die Kassen spült. Die Ausgestaltung solcher Kooperationen wird wohl weiter die Gerichte beschäftigen.

„Ganz gleich, ob Frauengesundheit, Männergesundheit, Reisemedizin, Innere Medizin oder Allgemeinmedizin – Zava behandelt aktuell rund 30 medizinische Indikationen und bietet Ihnen einen sicheren und komfortablen Weg Ihre verschreibungspflichtigen Medikamente ohne Besuch in einer Arztpraxis zu erhalten.“ Dieser Werbetext stammt nicht von Zava selbst, sondern ist derzeit auf der Internetpräsenz der Shop Apotheke zu finden. Eine Apotheke wirbt für also für eine (Online-)Arztpraxis, bei der das Rezept zum gewünschten Medikament erhältlich ist. Ist das rechtens?

Eigentlich ist §11 Apothekengesetz in dem Fall recht eindeutig: Demnach dürfen Apotheken „mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, oder mit Dritten keine Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen oder die Fertigung von Arzneimitteln ohne volle Angabe der Zusammensetzung zum Gegenstand haben“, heißt es da. „Dies gilt auch für Rechtsgeschäfte oder Absprachen, die die Einlösung elektronischer Verordnungen zum Gegenstand haben.“ Erst vergangenen Freitag betonte das Landgericht Aschaffenburg, dass auch Telemedizin-Anbieter wie Teleclinic als reine Vermittler an das Zuweisungsverbot gebunden sind.

Bei Shop-Apotheke sieht man die Kooperation als Erfolg, betont aber, dass eine Zuweisung nicht vorliege: „Wir wickeln jetzt schon jeden Tag hunderte von elektronischen Rezepten ab, die von Zava kommen“, erklärte CEO Stefan Feltens am Donnerstag bei der Verkündung der Quartalszahlen. „Ich möchte aber betonen, dass der Kunde im Rahmen seiner Customer Journey die Möglichkeit hat, selbst zu wählen, wohin er seine Rezepte schicken will. Die gehen zu einem großen Teil an Shop-Apotheke, aber auch an andere Versandapotheken und Apotheken vor Ort.“

Dass der Kunde dabei vollkommen unvoreingenommen die Wahl zwischen Versender und Vor-Ort-Apotheke trifft, erscheint dennoch unwahrscheinlich, allein schon, weil er mit seinen Login-Daten aus der Versandapotheke – also deren Account – zum Zava-Angebot kommt. Dort kann er dann ein Privatrezept auf Grundlage eines Fragebogens erhalten: „Beantworten Sie dafür den auf medizinischen Leitlinien basierenden Online-Fragebogen. Die Zava-Ärzte prüfen Ihre Anfrage, stellen bei Eignung Ihr Rezept aus und übermitteln es direkt an die von Ihnen gewählte Apotheke“, hieß es bei Shop-Apotheke bis Montag. Mumaßlich, um rechtlichen Streitigkeiten vorzubeugen, hat der Versender mittlerweile eine kleine Änderung vorgenommen: Das Wort „direkt“ wurde gestrichen. Was jedoch bleibt: „Bei uns erfolgt wie bei jedem eingereichten Rezept die pharmazeutische Kontrolle und der schnelle und kostenlose Versand Ihres deutschen Original-Medikamentes in 1 bis 2 Werktagen.“

Klickt der Patient auf eine der auf der Werbeseite aufgeführten Indikationen, wird er automatisch zu Zava weitergeleitet. Die von Feltens genannte Möglichkeit, das Rezept auch an Vor-Ort-Apotheken zu senden, ergibt sich demnach auch über Zavas Anbindung an Noventi – Patienten können also von der Shop-Apotheke-Seite kommen und bei CallMyApo landen. Pro AvO und die Shop-Apotheke sind sich damit näher, als es manchem wahrscheinlich lieb ist. Noventi sieht die mittelbare Verbindung hingegen als unproblematisch, weil sie prinzipiell Patienten vom Versender in die Offizin locken könne: „Unabhängig davon, über welchen Kanal die Kunden bei Zava landen, wollen wir möglichst viele Rezepte aus dem ausländischen Versandhandel in die deutsche Vor-Ort-Apotheke bringen“, erklärt Noventi-CEO Dr. Hermann Sommer. „Das war bisher unsere Haltung und ist es auch jetzt noch.“

Ähnliche Kooperationen war auch Shop-Apotheke-Konkurrent DocMorris bereits in der Vergangenheit eingegangen. Ende 2019 wurde die Zusammenarbeit mit Kry verkündet, die einen „vollständigen digitalen Versorgungsprozess des Patienten ohne Medienbruch“ ermöglichen sollte. Auch dort wurde allerdings die Möglichkeit des Patienten betont, selbst zu entscheiden, wohin sein Rezept gehen soll. Als DocMorris dann Teleclinic kaufte und der Deutsche Apotheker Verlag abrupt mit Apotheken.de die Kooperation aufkündigte, stand der Telemedizin-Anbieter dann tatsächlich vor dem Problem, keine Rezepte mehr innerhalb eines etablierten Systems an Vor-Ort-Apotheken schicken zu können, sondern nur noch an die Versandapotheke Mache – vergangene Woche urteilte das Landgericht Aschaffenburg, dass dies tatsächlich einen Verstoß gegen das Zuweisungsverbot darstellte. Teleclinic war der Entscheidung da allerdings schon mit einem eigenen Apothekenportal zuvorgekommen.