Frühestens Mitte 2022

Wiederholungsrezepte: Start abgeblasen

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Berlin -

Nicht nur das E-Rezept hat die Frist gerissen: Auch Wiederholungsrezepte werden länger als geplant auf sich warten lassen. Denn die technische Umsetzung wird bis zur angedachten Einführung am 1. Januar nicht abgeschlossen sein, wie die Gematik auf Anfrage einräumt.

Das Wiederholungsrezept ist eine Dauerbaustelle: Eigentlich hätte es bereits vor anderthalb Jahren kommen sollen. Allerdings verhinderte die Corona-Pandemie die für den März 2020 geplante Einführung – per Verordnung wurde die neue Rezeptart kurz nach ihrer Einführung durch das Masernschutzgesetz wieder abgeschafft. Das Wiederholungsrezept wurde mit dem E-Rezept zusammengelegt. Was beide gemeinsam haben: Der Zeitplan wird nicht gehalten.

Zwar seien die fachlichen Anforderungen abgestimmt, allerdings sei die Technik noch nicht bereit. Denn das Wiederholungsrezept soll nur elektronisch kommen, es sind keine Änderungen am Muster-16-Formular geplant. Damit die Mehrfachverordnungen richtig funktionieren, sind aber noch Änderungen sowohl am Fachdienst als auch in der E-Rezept-App der Gematik notwendig. Das wird wohl ein halbes Jahr länger dauern als bisher vorgesehen. „Wir gehen davon aus, dass die Funktionalität Mitte 2022 in der Praxis verfügbar sein wird“, so die Gematik. Erst im kommenden Quartal soll die Spezifikation der technischen Änderungen beginnen.

Außerdem wird das Thema hinten angestellt: Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat den Punkt Wiederholungsrezept aus dem Zertifizierungskatalog für das E-Rezept genommen, „um den Herstellern Aufwände zu ersparen für eine Funktion, die vom Fachdienst noch nicht unterstützt wird“, so die Gematik. Rechtlich oder politisch problematisch die Verzögerung bei der Einführung des Wiederholungsrezepts nicht, denn es gibt laut Gematik keine gesetzlich definierte Umsetzungsfrist.

Von Beginn an gab es rund um das Wiederholungsrezept Fragen und Unmut der beteiligten Standesvertretungen. Allen voran wurde die Abrechnung kritisiert. Dadurch, dass Rezepte erst abgerechnet werden, wenn die Belieferung vollständig abgeschlossen ist, befürchteten Apotheken, dass sie mit zum Teil enormen Summen in Vorleistung gehen müssen. Auch die Definition für „schwer chronisch krank“ geriet in den Fokus. Als schwerwiegend chronisch krank gilt in Deutschland, wer mindestens ein Jahr lang, mindestens einmal pro Quartal aufgrund derselben Erkrankung ärztlich behandelt wurde. Bei der Ausstellung eines Wiederholungsrezeptes würden die quartalsmäßigen Arztbesuche bei N3-Verordnungen allerdings entfallen.

Auch die KBV übt Kritik am Wiederholungsrezept, denn laut der gesetzlichen Grundlage komme eine Mehrfachverordnung nur Arzneimittel in Frage, die Versicherten kontinuierlich benötigen. „Da der Versicherte für die Reichweite der verordneten Arzneimittel in der Regel auch nicht in die Arztpraxis kommt, ist diese Regelung aus Gründen der Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit als problematisch anzusehen.“ Insbesondere der enge Arzt-Patienten-Kontakt könnte darunter leiden. „Gerade die Versorgung von Versicherten mit schwerwiegenden chronischen Erkrankungen muss regelmäßig überwacht und ggf. angepasst werden. Die Entscheidung über die Ausstellung entsprechender E-Rezepte liegt zwar beim Arzt. Neben der Tatsache, dass dies in vielen Fällen medizinisch nicht sinnvoll ist, ist aber davon auszugehen, dass auch Patienten diese Möglichkeit aktiv ansprechen und einfordern werden.“

Nicht alle Arzneimittel werden mittels Wiederholungsrezept verschrieben werden können. „Betäubungsmittel sowie Arzneimittel, die die Wirkstoffe Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid enthalten, werden nicht als Mehrfachverordnung verordnet werden können, da hierfür abweichende gesetzliche Regelungen gelten“, informiert die KBV. „Weitere Einschränkungen ergeben sich alleine schon daraus, dass Mehrfachverordnungen nach der gesetzlichen Grundlage nur für vom Versicherten kontinuierlich benötigte Arzneimittel ausgestellt werden können und der Versicherte für die Reichweite der verordneten Arzneimittel gegebenenfalls auch nicht in die Arztpraxis kommt. Viele Arzneimittel kommen alleine schon deshalb für diese Art der Versorgung überhaupt nicht in Betracht.“

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