E-Rezept-Enthusiasten mit Ex-BMG-Mann

Verein fördert Nutzung des E-Rezept finanziell

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Der Vorstand der E-Rezept-Enthusiasten (v.l.n.r.): Christian Klose, Ralf König, Manuela-Andrea Pohl, Bernhard Calmer und (nicht im Bild) Dr. Nicolas Kahl.Foto: E-Rezept-Enthusiasten
Berlin -

Die Nullnummer bei der Gesellschafterversammlung der Gematik war eine letzte Steilvorlage zur Gründung des Vereins „E-Rezept-Enthusiasten“. Der prominent besetzte Zusammenschluss unter der Führung von Apotheker Ralf König und mit Ex-BMG-Mann Christian Klose will mit Aktionstagen und einem Förderprogramm die Einführung des E-Rezepts vorantreiben.

Seit dem Wechsel im Bundesgesundheitsministerium (BMG) ist beim Thema E-Rezept der Schwung etwas verloren gegangen. Zwar wurden laut Gematik Dashboard jetzt 15.085 E-Rezepte eingelöst und damit die halbe Strecke zum gesteckten Ziel der Testphase erreicht. Doch auf einen weiteren verbindlichen Fahrplan konnten sich die Gesellschafter der Gematik bei ihrem Treffen am Montag nicht verständigen. „Obwohl die gesetzlichen Grundlagen für die verpflichtende Einführung längst in Kraft getreten sind, dominieren Partikularinteressen einzelner Standesorganisationen die gegenwärtige Debatte“, kritisiert König.

Dagegen wollen die E-Rezept-Enthusiasten etwas unternehmen. König ist Vorsitzender des gestern neu gegründeten Vereins. Der Apotheker aus Nürnberg hat schon im health innovation hub (hih) die vorherige Bundesregierung in Sachen Digitalisierung des Gesundheitswesens beraten. Weil auch die Ärzteschaft unbedingt im Verein vertreten sein soll, ist der Allgemeinmediziner Dr. Nicolas Kahl 2. Vorsitzender. Der Vorstand wird komplettiert durch Manuela-Andrea Pohl von Noventi, Bernhard Calmer von der CompuGroup Medical und Christian Klose.

Vor allem Klose ist eine besondere Personalie, denn er war bis Ende 2021 Leiter der Unterabteilung „Gematik, Telematikinfrastruktur, E-Health“ im Bundesgesundheitsministerium (BMG). Seit Januar ist er Client Partner bei IBM in Hamburg, bei den E-Rezept-Enthusiasten aber explizit als Privatmann engagiert.

Mit im Verein sind Vertreter:innen von einer ganzen Reihe weiterer Unternehmen, die im Bereich Digitalisierung aktiv sind: Neben CGM und Noventi sind die PVS-Anbieter medatixx, die Plattform gesund.de, Pharmatechnik, der Wort & Bild Verlag, die Kooperationen Konzept A und easyApotheke, aber auch Versender Shop Apotheke und Telemedizinanbieter Zava an Bord. Hervorzuheben ist sicherlich auch die Beteiligung der Bundesdruckerei. Ebenfalls mit im Verein sind patients4digital, e-Health-Tec, eHealth Experts und Vemedy. Der Verein ist explizit offen für weitere Mitglieder.

Ziel des Vereins ist explizit, die Einführung des E-Rezepts zu beschleunigen. Mit Aufklärung und Förderung sollen Arzt- und Zahnarztpraxen sowie Apotheken motiviert werden, verstärkt E-Rezepte einzusetzen. Bei einem ersten Aktionstag mit einer Dortmunder Praxis konnten 38 E-Rezepte ausgestellt und wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden. „Je mehr Leistungserbringer sich beteiligen, desto höher ist der Erkenntnisgewinn für den flächendeckenden Rollout“, heißt es von den Enthusiasten. „Ärzte und Apotheken nutzen unterschiedliche Software, die miteinander funktionieren muss. Darum wollen wir mithelfen, dass so viele Arzt- und Apothekensoftware-Paare wie möglich im Zusammenspiel erprobt werden.“

Ein Service der Enthusiasten: Die Praxen bekommen Vordrucke für den Fall, dass der QR-Code noch ausgedruckt wird. Auf der Rückseite des ausgedruckten E-Rezepts finden die Versicherten dann Informationen zum E-Rezept. Das soll die Praxen entlasten, weil weniger Nachfragen entstehen. Und die Vordrucke könnten nicht nur Papier sparen, sondern hätten gegenüber Info-Flyern den weiteren Vorteil, nicht gleich entsorgt zu werden.

Noch in der Planung ist aber das Herzstück des Vereins: ein Förderprogramm für Ärzt:innen und Apotheker:innen. Diese sollen vom Verein einen finanziellen Zuschuss erhalten, wenn sie das E-Rezept aktiv nutzen. Vorgesehen könnte etwa eine Schwelle von jeweils 100 Rezepten zwei Wochen. Die Förderung gibt es dann für die Teilnahme an der wissenschaftlichen Evaluation des Projekts.

Die Praxen und Apotheken müssen hierzu Fragebögen ausfüllen und an Interviews teilnehmen. Es geht um die Erfahrungen der Praxen und Apotheken, aber auch die Rückmeldung der Patient:innen. So sollen etwaige Schwierigkeiten im Prozess schnell aufgedeckt und behoben werden. Patientendaten würden dabei selbstverständlich nicht geteilt, so König. Über die Höhe der Förderungen und die genauen Modalitäten wollen sich die Enthusiasten Ende der Woche verständigen. Teilnehmen kann prinzipiell jeder, die Enthusiasten wollen aber auf eine möglichst gleichmäßige Verteilung im Bundesgebiet achten. Vereinsmitglieder sind von der Förderung grundsätzlich ausgeschlossen. Finanziert wird die Förderung von den Mitgliedern und Spenden.

König und Kahl sind nicht zufällig zusammen im Vorstand – Apotheke und Praxis der beiden liegen in unmittelbarer räumliche Nähe. Hier wird das E-Rezept schon fleißig getestet. „Was uns in unserem Ablauf aktuell stört, ist das Muster 16“, so das radikale Fazit von Mediziner Kahl. Er freut sich, wenn er endlich komplett umstellen kann. Aktuell werden die Patient:innen noch gefragt, ob sie in eine Apotheke geben, die „ready“ ist. Allein am Montag hat Kahl nach eigenen Angaben 70 E-Rezepte ausgestellt. Zum Vergleich: Das Gematik Dashboard weist für diesen Tag 150 eingelöste E-Rezepte aus. König geht davon aus, dass bundesweit aktuell nur rund zehn Praxen regelmäßig E-Rezepte ausstellen, alle anderen nur sehr vereinzelt, wenn überhaupt. Das soll sich über die Förderung ändern. „Die Praxen sollen merken, dass es funktioniert“, so König.

Die Zurückhaltung sieht er nicht nur bei den Standesvertretungen der Ärzte und Apotheker. So habe es vom BMG keine Kampagne zum E-Rezept gegeben, anders als beispielsweise zur Corona-Warn-App. „Unser Ziel ist es, dem E-Rezept eine Stimme zu geben“, sagt König. Denn für die Patient:innen sieht er viele Vorteile, vor allem wenn die Rezeptdaten irgendwann direkt in die elektronische Patientenakte (ePA) übernommen werden können. „Es ist schade, dass es uns geben muss.“

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