Umfrage: Verbraucher wollen keine ePA APOTHEKE ADHOC, 22.04.2021 15:14 Uhr

Kein Vertrauen: Einer aktuellen Umfrage zufolge herrschen unter Verbrauchern nach wie vor große Vorbehalte gegen die elektronische Patientenakte. Foto: shutterstock.com/ Africa Studio
Berlin - 

Die elektronische Patientenakte (ePA) entwickelt sich zum Flop: Nach dem holprigen Start zum Jahresbeginn bleibt die Nachfrage weiterhin gering. Laut einer aktuellen Umfrage im Auftrag des Deutschen Psychotherapeuten Netzwerks (DPNW) hat das einen einfachen Grund: Die Mehrheit der Patienten steht der ePA reserviert bis ablehnend gegenüber.

Unter Verbrauchern herrschen laut DPNW nach wie vor große Vorbehalte gegenüber der ePA – weder wollen sie ihre Patientendaten in einer elektronischen Akte speichern, noch wollen sie, dass Leistungserbringer sich ohne ihr Wissen darüber austauschen können. Demnach gaben 83 Prozent der Teilnehmer an, dass sie ihren Ärzten und Psychotherapeuten bei einer elektronischen Speicherung ihrer Daten weniger anvertrauen würden als bisher. Auch der freie Austausch vertraulicher Daten ohne Zustimmung der Patienten zwischen Behandlern wird von 75 Prozent der Befragten abgelehnt. Besorgt zeigte sich die Mehrzahl der Befragten bei der Frage, ob Betriebsärzte Einblick in die ePA haben sollten. 84 Prozent lehnten dies ab.

Die bisherigen Aufwendungen seitens Bund und Krankenkassen sehen drei Viertel der Befragten als verschwendet an, so der Verband. 85 Prozent gaben an, dass die bisherige Speicherung der Krankendaten in den Arztpraxen ausreichend sei. Besonders die Sorge vor Datenmissbrauch treibt dabei offensichtlich viele Menschen um: 90 Prozent gaben an, dass sie Angst davor hätten, 86 Prozent lehnen die zentrale Speicherung in der Gesundheitscloud ab. Auch die Weitergabe ihrer Daten zu Forschungszwecken, wie es vergangenes Jahr per Gesetz erleichtert wurde, lehnen demnach 84 Prozent ab – zumindest, wenn sie nicht vorher gefragt werden.

Zwischen Januar und März beteiligten sich 642 Menschen an der Umfrage, zwei Drittel davon Frauen und 80 Prozent im Alter zwischen 31 und 65 Jahren. Deshalb stellt sich die Frage, wie repräsentativ die Umfrage für die Gesamtbevölkerung ist. Die Psychotherapeuten zählen unter allen Leistungserbringern zu den entschiedensten Gegnern der vom Bundesgesundheitsministerium verordneten Digitalisierung des Gesundheitswesens, was sich nicht zuletzt in einer besonders niedrigen Quote beim Anschluss an die Telematikinfrastruktur spiegelt.

Das DPNW sieht die Ergebnisse der Umfrage dementsprechend als Bestätigung seiner Auffassungen. „Wir können nicht einfach darüber hinwegsehen, dass die Mehrheit der Behandler und der Patienten die zentrale Speicherung ihrer Gesundheitsdaten ablehnen. Das müssen wir ernst nehmen!“, fordert der Vorsitzende Dieter Adler. „Wenn acht von zehn Patienten angeben, ihrem Psychotherapeuten oder Arzt weniger anzuvertrauen als vorher, dann ist das eine massive Störung des Vertrauensverhältnisses in der Behandlung. Dann sollten die Alarmglocken läuten!“

Die ePA solle als Lösung des vermeintlichen Digitalisierungsrückstandes im Gesundheitswesen verkauft werden. „Das ist vollkommener Unsinn: Keine Arztpraxis schreibt Daten noch auf Pappkarten oder hört mit dem Holzstethoskop die Herztöne ab, ein EKG, das mit zuckenden Nadeln die Daten auf einen Streifen schreibt, findet man nur noch im Museum der Medizingeschichte“, so Adler. Es gebe keinen Bedarf nach einer ePA, da ein elektronischer Austausch von Patientendaten längst möglich sei. 40 Prozent der Praxen würden das bisherige KV-Safenet nutzen. „Aber hier werden die Daten nicht zentral gespeichert, sondern bleiben in den Praxen der Behandler“, so Adler.

Mit der ePA solle stattdessen die eigentliche Absicht verschleiert werden, die Daten zentral in der Gesundheitscloud zu speichern. „Ärzte, die Nein dazu sagen, werden als Fortschrittsverweigerer diffamiert“, so Adler. „Dabei nehmen sie Ihren Beruf nur ernst und machen sich Sorgen um die Schweigepflicht und das Arzt-Patient-Verhältnis. Die Vertreter der IT-Industrie werden als Helden gefeiert, obwohl fast nichts funktioniert und ständig Daten gestohlen werden oder offen im Netz stehen. Für das Desaster kommen jetzt die Versicherten auf.“