Beteiligung an Scanacs und 4K

Lieferdienst und Direktabrechnung: CGM plant den Marktumbruch

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Berlin -

Die Einführung des E-Rezepts wurde zwar ausgebremst, nimmt seit gestern aber wieder Fahrt auf. Vor allem das Geschäft der Rezeptabrechnung steht damit vor einem echten Umbruch – und lockt neue Player an: Der IT-Konzern CompuGroup Medical (CGM) ist im vergangenen Jahr beim Direktabrechner Scanacs eingestiegen. In Italien hat sich der Softwareriese eine Beteiligung an einem Schnelllieferdienst für Apotheken gesichert. Bei der Zusammenarbeit mit dem Zukunftspakt gibt es dagegen bislang keine Fortschritte.

Wird das Papierrezept schrittweise durch elektronische Verordnungen ersetzt, wird das Geschäft mit der Rezeptabrechung eine Disruption erleben. Eine voll digitalisierte Rezeptprüfung ist weniger personalintensiv, logistische Anforderungen werden zu solchen der Datensicherheit. Firmen wie Scanacs setzen genau auf diese Entwicklung und versprechen den Apotheken eine schnellere Abrechnung.

Noch sind solche Versprechen auf eine verbesserte Liquidität allerdings Zukunftsmusik, denn die Stichtage der Auszahlung werden zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und dem GKV-Spitzenverband ausgehandelt – und die Kassen haben bislang wenig Bereitschaft gezeigt, an diesem Modus etwas zu verändern. Dass sich der Markt aber früher oder später in diese Richtung entwickeln wird, daran zweifelt niemand aus der Branche ernsthaft.

Die Rechenzentren betonen, dass eine tägliche Abrechnung auch für sie möglich wäre, wenn die Kassen zu früheren Zahlungen bereit seien. Scanacs setzt genau auf diese neue Welt. Insofern war es naheliegend, dass CGM im Oktober eine Kooperation einging – immerhin ist der IT-Konzern bislang nicht im Bereich der Rezeptabrechnung aktiv. Die neuen Partner wollen eine Direktabrechnung des E-Rezepts mit allen Krankenkassen ermöglichen. Die Funktionen sollen in die Winapo-Systeme von CGM Lauer integriert werden. Prüfabläufe direkt in der Warenwirtschaft sollen mögliche Ursachen für Retaxationen frühzeitig erkennen und beheben lassen. Zunächst konnten über Scanacs nur der Zuzahlungsstatus oder individuelle Erstattungshinweise abgefragt. Explizites Ziel der Kooperation ist aber vor allem die Direktabrechnung.

Schon machen im Markt Gerüchte die Runde, CGM arbeite an einer vollständigen Übernahme von Scanacs. Das Dresdner Start-up weist dies noch entschieden zurück, schweigt sich zu konkreten Nachfragen zur bereits bestehenden Beteiligung des Softwareriesen aber aus. Gegründet wurde Scanacs vom ehemaligen Sanofi-Manager Frank Böhme sowie Frank Schenk; beteiligt sind auch der Technikpartner Quadrio sowie der Investor Thomas Bohn. Bis Ende 2020 hatten sich die Anlaufverluste auf drei Millionen Euro summiert.

Ob Scanacs mit seinem Konzept im Markt wirklich Fuß fassen kann, hängt auch von der Einführung des E-Rezepts ab. Daher hat hat das Unternehmen seinerseits jetzt sogar eine Imagekampagne für das E-Rezept gestartet. Dafür wurden in Sachsen einige Apotheken gewonnen, die sich zunächst in den lokalen Medien und auf Plakaten für die Einführung des E-Rezepts stark machen. In den kommenden Monaten soll es weitere Veranstaltungen, Webinare und Informationskampagnen für Leistungserbringer:innen und Versicherte geben. An der Kampagne sollen sich auch Krankenkassen beteiligen.

Bei CGM ist Scanacs nur eine kleinere Position in der Bilanz: Zusammen mit der Übernahme in Italien summiert sich der Buchwert der Beteiligungen gerade einmal auf 2 Millionen Euro. Doch auch das Investment bei 4K in Italien lässt aufhorchen: Das Unternehmen hat mit „Pharmap” nach eigenen Angaben den ersten Apotheken-Schnelllieferdienst in Italien etabliert. Kund:innen können sich ihre Medikamente (OTC und Rx) innerhalb einer Stunde sowie zu einem selbst ausgewählten Zeitpunkt nach Hause liefern lassen. CGM hält eine 30-prozentige Beteiligung und hat dafür 3,3 Millionen Euro auf den Tisch gelegt.

CGM auf Tauchfahrt

Wie hoch die Beteiligung an Scanacs ist, war auf Nachfrage bislang nicht zu erfahren. Überhaupt ist CGM seit dem Hacker-Angriff weiterhin für Anfragen eigentlich gar nicht zu erreichen. Zentrale Telefonnummern sind laut automatischer Ansage „nicht vergeben“, die Pressestelle lässt Anfrage seit Wochen unbeantwortet.

Keine Neuigkeiten gibt es dagegen beim Zukunftspakt Apotheke: Hier ist CGM als Partner an Bord – und wäre neben Burda geradezu prädestiniert, sich an der Plattform zu beteiligen. Noweda hatte die Betreibergesellschaft der Plattform in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) umgewandelt, umso die Beteiligung von Partnern zu ermöglichen, ohne an Einfluss zu verlieren. „Wir werden damit alle Möglichkeiten haben, um denen, die an die Rezepte der Vor-Ort-Apotheken wollen, auf Augenhöhe zu begegnen“, so Noweda-Chef Michael Kuck. „Wir werden über die notwendigen Finanzmittel verfügen, um die Plattform deutschlandweit intensiv über alle Medien zu bewerben.“

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