Flächendeckende Einführung am 1. Juli abgesagt

Kein bundesweites E-Rezept in diesem Jahr

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Berlin -

Am 1. Juli sollte es bundesweit mit dem E-Rezept losgehen, ab 1. Januar 2022 ist es – Stand jetzt – verpflichtend. Doch bundesweit wird das E-Rezept in diesem Jahr mitnichten verfügbar sein: Die Gematik hat die Testphase auf einen Bruchteil zusammengekürzt: die Region Berlin-Brandenburg.

6 statt 82 Millionen: Ab Juli werden nur Versicherte in Berlin und Brandenburg das E-Rezept der Gematik nutzen können. Ohne eine große Ankündigung haben Gematik und Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Einführungsphase auf eine Modellregion beschränkt. Es ist just die Region, in der seit Anfang des Jahres auch der Feldtest für die elektronische Patientenakte (ePA) läuft, bei dem der Konnektor mit ePA-Funktionsumfang in einer Arztpraxis unter realen Versorgungsbedingungen getestet wird.

Eine umfassende Erklärung der Gematik für den Schritt und seine Gründe gibt es nicht, ebenso wenig eine explizite Ankündigung. Ein Sprecher bestätigt die Information auf Anfrage, darüber hinaus könne die Gematik jedoch „zum Sachverhalt derzeit keine Auskunft geben“.

Bereits seit Monaten wurde und wird quer durch das Gesundheitswesen – von der Apotheker- über die Ärzteschaft bis zu den Krankenkassen – von verschiedenen Funktionsträgern die Auffassung vertreten, dass die Frist zum 1. Juli nicht zu halten sei. „Zum 1. Juli wird es kein E-Rezept geben – Gesetz hin oder her“, erklärte beispielsweise AOK-Arzneimittelexperte Ulf Maywald erst kürzlich.

Aus Sicht der Apothekerschaft wäre die flächendeckende Einführung sportlich gewesen: Nach wie vor ist rund ein Viertel der Apotheken noch nicht an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen, in den kommenden zwei Monaten dürfte das aber machbar sein. Seitens der Warenwirtschaftsanbieter wird seit Längerem betont, dass sie bereit seien.

Größeren Widerstand gibt es hingegen seit jeher aus der Ärzteschaft – die aus Sicht der Praxen besonders wenig Nutzen, dafür einen höheren operativen Aufwand als mit dem klassischen Muster-16-Rezept hat. Die Liste der Probleme ist lang, vom schleppenden Anschluss an die TI über Probleme mit den Praxisverwaltungssystemen bis zum politischen Widerstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen gegen die als kompliziert empfundene Ausstellung elektronischer Verordnungen.

Denn anders als bisher reicht die Unterschrift per Kugelschreiber nicht mehr aus, um ein Rezept auszustellen. Stattdessen werden Ärzte jedes Rezept mit einer Qualifizierten Elektronischen Signatur (QES) versehen müssen und brauchen dafür den HBA. Das bedeute, „dass der Arzt jedes Mal, bei jedem Rezept – und das ist ein Massengeschäft – den HBA stecken muss und eine lange PIN eingeben muss“, wie KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel kürzlich beklagte. Die KBV fordere deshalb die Einführung einer sogenannten „Komfort-Signatur“, also eines vereinfachten Verfahrens zur Beschleunigung des Prozesses. Und das sei nicht nur ein Wunsch der KBV, sondern eine unabdingbare Voraussetzung für die Einführung des E-Rezepts. Die Gematik habe das bereits verstanden und eine entsprechende Spezifikation herausgegeben.

Außerdem gebe es erhebliche Probleme bei der Auslieferung der HBA und SMC-B an die Praxen „Die Informationen, die wir aktuell von der Gematik bekommen haben, zeigen, dass es Produktionswartezeiten gibt von zwei bis drei Monaten für Ärzte und auch für Psychotherapeuten“, erklärte Kriedel in einer vor zwei Wochen veröffentlichten Stellungnahme. „Wir haben deshalb Zweifel, ob es möglich sein wird, rechtzeitig zum 1. Juli oder auch zum 1. Oktober alle Praxen damit ausgestattet zu haben.“

 

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