Noch keine Infos zu Alternativverfahren

Gematik-App: Kassen stoppen NFC-Bestellfunktion APOTHEKE ADHOC, 21.08.2021 09:23 Uhr

Schwerer Zugang, aber keine Erleichterung: Der GKV-Spitzenverband hat die Bestellfunktion für NFC-fähige Gesundheitskarten in der Gematik-App gestoppt. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Die Gematik-App soll die Standardanwendung für das E-Rezept werden. Nur kann bisher kaum jemand ihren vollen Funktionsumfang nutzen, weil dafür nicht nur eine NFC-fähige elektronische Gesundheitskarte (eGK) notwendig ist, sondern die Funktion auch mittels einer PIN der Krankenkasse ziemlich umständlich freigeschaltet werden muss. Das haben bisher nur einige tausend Versicherte getan, weswegen die Gematik eine Funktion in ihre E-Rezept-App integriert hat, die die Bestellung der PIN erleichtern sollte. Doch ausgerechnet die Kassen selbst haben das nun gestoppt.

Die Gematik-App kann mehr, als nur E-Rezepte zu empfangen und versenden. „Diese App hilft Ihnen dabei, eine neue elektronische Gesundheitskarte zu beantragen. Es entstehen Ihnen hierbei keine Kosten“, erklärt sie in der dazugehörigen Funktion. Die Versicherten können dort ihre Krankenkasse wählen, ihre Versichertennummer angeben und dann eine. automatisierte Mail an ihre Kasse schicken.

Doch nach dem nächsten Update der App soll damit Schluss sein. In der Gesellschafterversammlung der Gematik am Mittwoch hat der GKV-Spitzenverband erwirkt, dass die Funktion abgeschaltet wird. Warum genau, dazu äußert er sich auf Anfrage nicht. Allerdings: „Es wurde vereinbart, dass gemeinsam mit dem GKV-Spitzenverband und den Krankenkassen beraten wird, wie die Bestellung einer NFC-eGK von der eRezept-App unterstützt werden kann“, so ein Sprecher. „Bis dahin soll die Funktion aus der App entfernt werden.“

Klar ist, dass der Zugang zum vollen Funktionsumfang der App erleichtert werden muss. Denn das Verfahren ist bisher umständlich: Nicht nur benötigen Versicherte eine NFC-fähige eGK – erkennbar an dem sechsstelligen Code unter den Deutschlandfarben – sondern sie müssen auch eine PIN bei ihrer Kasse beantragen und dazu bei vielen von ihnen, beispielsweise den AOKen, vor Ort mittels ihres Personalausweises identifizieren, um die Zusendung der PIN zu beantragen. Dazu müssen sie in die lokalen Geschäftsstellen ihrer Krankenversicherungen gehen – die in den vergangenen Monaten aufgrund der Coronapandemie größtenteils geschlossen waren.

„Dieses umständliche Verfahren sorgt dafür, dass bisher nur wenige PINs für die NFC-Funktion ausgegeben wurden“, erklärte ein AOK-Sprecher im Juni. „Hinzu kommt, dass die PIN erst mit Einführung des E-Rezepts für die Versicherten relevant wird. Aktuell kann man sie nur nutzen, um sich für die elektronische Patientenakte anzumelden, die aber noch gar nicht befüllt wird. Außerdem gibt es dafür auch ein anderes Verfahren, das voll digital abläuft.“

Die Folge: Stand Ende Juni hatten von den 27 Millionen AOK-Versicherten gerade einmal 2000 eine PIN für die NFC-Funktion ihrer eGK. Bei den anderen Kassen sieht es nicht viel besser aus. Einem Bericht des Handelsblatts zufolge haben DAK und Siemens BKK dieses Jahr gerade einmal 500 PINs ausgegeben, bei der Barmer mit ihren neun Millionen Versicherten gebe es „Anfragen“ im vierstelligen Bereich.

Das Problem ist auch der Politik seit Längerem bekannt, weswegen die Kassen mit dem Digitale Versorgungs- und Pflege-Modernisierungsgesetz (DVPMG) aufgefordert wurden, bis zur geplanten Einführung des E-Rezepts am 1. Januar ein alternatives Authentifizierungsverfahren zu etablieren, das ohne den PIN-Versand funktioniert. Wie das aussehen wird, verrät der GKV-Spitzenverband allerdings nicht, weil es sich beim Thema Authentifizierungsverfahren um „work in progress“ handele, so ein Sprecher: „Hierzu kann ich Ihnen keine aktuellen Informationen geben.“ Der AOK-Bundesverband jedenfalls begrüßt die Aufgabe zwar, zeigt jedoch Zweifel, dass die Frist gehalten werden kann. Denn die Gematik habe den Kassen die entsprechenden Vorgaben zur Ausgestaltung noch nicht zukommen lassen – sie wissen also noch nicht, wie genau das neue Verfahren überhaupt aussehen darf, soll oder muss. „Deshalb ist es sehr sportlich, das bis Anfang 2022 einzuführen. Wir hoffen, dass wir diese Frist einhalten können“, so der AOK-Bundesverband.