Nach Merz‛ Vorschlag

ePA: Jurist und Ärzte warnen vor Daten-Handel

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Berlin -

Thüringens Landesdatenschutzbeauftragter Tino Melzer sieht den Rabatt-Vorschlag von CDU-Chef Friedrich Merz für Nutzer der elektronischen Patientenakte (ePA) kritisch. „Es könnte eine diskriminierende Wirkung haben für diejenigen, die sagen: Ich empfinde den Schutz meiner Daten anders“, sagte Melzer. Der Jurist warnte davor, dass „Gesundheitsdaten als Ware gehandelt werden“. „Ich glaube einfach, dass das der falsche Ansatz ist.“

Unionskanzlerkandidat Merz hatte in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vorgeschlagen, „den Menschen einen ökonomischen Anreiz“ zu geben, das Gesundheitssystem effizienter zu nutzen. Als Beispiel nannte er die neu eingeführte ePA. Versicherte könnten entscheiden, ob sie „Datenschutzbedenken zurückstellen und die Möglichkeiten der E-Patientenakte vollumfänglich nutzen“, sagte Merz. „Wenn ja, würden sie zum Beispiel 10 Prozent niedrigere Krankenversicherungsbeiträge zahlen“, erläuterte er seinen Vorschlag.

Datenschützer warnt vor Abschreckung

Melzer sieht die elektronischen Patientenakte als einen „vertrauensbildenden Raum“ zwischen Versicherten, Leistungserbringern und Forschenden. Daher sehe er den Vorschlag kritisch. „Es kann auch eine abschreckende Wirkung haben“, sagte er und plädierte stattdessen für mehr Aufklärung und Kommunikation.

Alle gesetzlich Versicherten, die nicht widersprochen haben, bekommen nach und nach eine ePA von ihrer Krankenkasse eingerichtet. Die Daten sollen auch der Forschung einen Schub geben. Auch Melzer sagte, das Ziel sei, Forschung zu stärken und Krankenkassen die Möglichkeit zu geben, Auswertungen vorzunehmen. So könnten beispielsweise Wechselwirkungen von Medikamenten besser erkannt werden.

Lauterbachs Ablehnung „mehr als scheinheilig“

Dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Merz‛ Vorschlag direkt mit der Begründung ablehnte, dass Gesundheitsdaten nicht verkauft werden dürften, sei nach Meinung der Freien Ärzteschaft (FÄ) „mehr als scheinheilig“. „Minister Lauterbach hat letztes Jahr verkündet, dass man schon im Gespräch mit Konzernen wie Google, Meta und Open AI sei, um diesen die ePA – Daten zur kommerziellen Auswertung zur Verfügung zu stellen“, erklärt Dr. Silke Lüder.

„Wir erinnern sowohl Herrn Merz als auch Herrn Lauterbach daran, was die ePA – Daten vor allem sind: Arbeitsergebnisse von Ärzten und Psychotherapeuten, die als Arztbriefe erstellt wurden, um Kolleginnen und Kollegen zwecks Weiterbehandlung gemeinsamer Patienten zu informieren“, erläutert die stellvertretende FÄ-Bundesvorsitzende weiter. „Die inhaltliche Korrektheit und die Sicherheit dieser sensiblen Daten werden mit der ärztlichen Unterschrift bislang persönlich verantwortet. Künftig sollen Ärzte gezwungen werden, diese Arztbriefe in die von den Krankenkassen verwaltete Cloud der Firmen IBM und Rise/Bitmarck einzustellen, und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis es zum ersten schweren Datenschutzvorfall kommt.“

Finanzieller Druck auf Patient:innen und eine „Zuckerbrot und Peitsche“-Methode sei mehr als unangebracht. „Es zeigt aber auch deutlich, dass es bei der gesamten ePA-Strategie in erster Linie nicht um die Verbesserung der Medizin für die Versicherten geht“, ergänzt Wieland Dietrich, FÄ-Bundesvorsitzender in Essen. „Datenkranken sind unterwegs und scharren mit den Hufen aus allen Richtungen, um mit Krankheitsdaten Profit zu machen“, so Dietrich. Besser werde die Lage voraussichtlich nicht: „Wir müssen befürchten, dass jedwede neue Regierungskoalition den Schutz der Krankengeschichte der Patienten weiter absenken wird.“

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