Neues Unternehmen, neues Verfahren

Zweifel an Impfstoffkandidat

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Berlin -

Die Suche nach einem geeigneten Impfstoffkandidaten gegen das neue Coronavirus läuft auf Hochtouren. Die US-Firma Moderna will nun Fortschritte in diesem Bereich verzeichnet haben, welche die Börse beflügelten – nun gibt es jedoch Zweifel.

Bisher ist noch keine Vakzine gegen Sars-CoV-2 auf dem Markt: Entwicklung, klinische Studien und die Zulassung selbst nehmen einige Zeit in Anspruch. Immer wieder geraten Meldungen über Fortschritte im Bereich Impfstoffentwicklung in den Fokus. So ließ eine Mitteilung von Moderna am Montag den Dow Jones um knapp 4 Prozent in die Höhe schießen – der stärkste Kursanstieg innerhalb eines Tages seit sechs Wochen. Auch der Dax erhöhte sich um 5,6 Prozent. Die Moderna-Aktie war 20 Prozent nach oben geschossen.

Immunisierung bei Probanden gelungen

Moderna hatte in der Mitteilung auf Fortschritte bei der Suche nach einem möglichen Impfstoff gegen Sars-CoV-2 hingewiesen: Er habe sogar bei ersten Patienten eine Immunisierung erzeugt, hieß es. Auch die Bildung von Antikörpern bei den Probanden sei bereits nachgewiesen. Doch nun haben Experten Zweifel am Impfstoffkandidaten der Firma: Denn Moderna hat noch nie ein Medikament auf den Markt gebracht und weniger als tausend Mitarbeiter.

Das kleine Unternehmen hat jedoch gute Verbindungen, wie der Spiegel berichtet: „Dass ausgerechnet der Newcomer aus der Nähe von Boston im Rennen um einen Impfstoff die Nase vorn haben könnte, ist nicht unbedingt eine Überraschung.“ Die Biotechfirma habe so schnelle Ergebnisse liefern können, weil unter anderem die US-Gesundheitsbehörde rund 500 Millionen Dollar in das Moderna-Projekt investiert habe. Außerdem sei das Unternehmen „gut vernetzt“: So rief US-Präsident Donald Trump kürzlich den Pharmamanager Moncef Slaoui zum Leiter seiner Impfstoffoperation „Warp Speed“. „Slaoui saß bis vor Kurzem im Verwaltungsrat von Moderna und von Lonza“, erklärt der Spiegel. Gemeinsam mit dem Schweizer Pharmazulieferer und Auftragsproduzent will Moderna den den potenziellen Impfstoff mRNA-1273 gegen das neuartige Coronavirus herstellen.

Experten kritisieren Studienergebnisse

Moderna will in einer Phase-I-Studie bei acht Teilnehmern erste Anzeichen einer positiven Immunreaktion festgestellt haben. Im Vergleich zu genesenen Covid-Patienten hätten die Probanden gleich hohe oder sogar höhere Antikörper-Konzentrationen aufgewiesen. Die Vakzine sei zudem sicher und gut verträglich. Experten zweifeln allerdings an den Studiendaten: Die Zwischenergebnisse würden keine kritischen Daten liefern, die zur Bewertung notwendig seien, berichtet das US-Onlineportal „Stat News“.

Bei mRNA-Impfstoffen wird dem Körper durch die Vakzine nur der Bauplan für das Virusprotein verabreicht, allerdings keine Bestandteile des Erregers selbst. Dadurch soll ein entsprechendes Virusprotein hergestellt werden, welches bei Kontakt mit dem Immunsystem spezialisierte Antikörper produzieren soll. Bislang ist jedoch noch kein Impfstoff dieser Art zugelassen worden. Die Testung erfolgt in drei Phasen: Nachdem gesunde Probanden die Vakzine erhalten, wird sie in der zweiten Phase auch Risikopatienten verabreicht. In der dritten Phase folgt schließlich eine breite Testung an bis zu 10.000 Probanden. „Moderna hat also noch einen langen Weg vor sich“, erläutert der Spiegel.

Der plötzliche Erfolg des Unternehmens wird daher kritisch gesehen: „Die Entwicklung eines Impfstoffs ist anspruchsvoll und führt oft zu Fehlschlägen.“ Bei der Entwicklung von mRNA-Impfstoffen komme hinzu, dass es schlicht an Erfahrung mangele und sich die Forscher nicht an Vorbildern orientieren köntnen. „Dass RNA-Impfstoffe bisher noch nicht zugelassen wurden, liegt nicht unbedingt daran, dass die Technologie schlecht ist, sondern hängt von unterschiedlichen Faktoren ab", sagte der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, gegenüber dem Spiegel. Es sei zudem auch eine Frage des Geldes – denn die Erforschung neuer Technologien müsse finanziert werden. „Nicht ausgeschlossen also, dass sich beim großen Hoffnungsträger der Börsen am Ende die Hoffnungen als größer erweisen als ihr Träger“, schreibt der Spiegel.

 

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