Weniger wirksam als gedacht

Vektorimpfstoffe: Offene Fragen zur Immunantwort

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Berlin -

Bald kann auch in Deutschland der erste Vektorviren-Impfstoff verspritzt werden. AstraZeneca hat in der EU am 29. Januar die Zulassungsempfehlung erhalten. Die Wirksamkeit des Impfstoffes beläuft sich auf rund 70 Prozent. Der Impfstoff von Janssen mit gleicher Technologie kommt auf eine Wirksamkeit von 62 Prozent. Die Werte klingen im ersten Moment ernüchternd. Gleichzeitig werfen sie Fragen auf, auch weil der russische Kandidat Sputnik V mit Werten von über 90 Prozent weitaus wirksamer scheint. Ein Zulassungsantrag wurde bereits eingereicht.

Nach den mRNA-Impfstoffen folgen nun dir Vektorviren-Impfstoffe. AstraZeneca hat für seinen Corona-Impfstoff in der vergangenen Woche die Zulassungsempfehlung seitens der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) erhalten. Die Vakzine ist somit der erste zugelassene Vektor-Impfstoff. Der Kandidat hat einige Vorteile gegenüber den empfindlicheren mRNA-Impfstoffen. Er kann bei Kühlschranktemperatur gelagert werden und muss vor der Injektion nicht verdünnt werden. Die Wirksamkeit liegt mit rund 70 Prozent jedoch hinter den Werten der mRNA-Impfstoffe.

Verschiedene Impfregime führen zu unterschiedlicher Wirksamkeit

Die Auswertung der Studien erschien zunächst paradox. Die im November vergangenen Jahres veröffentlichten Studiendaten von AstraZeneca zum Impfstoffkandidaten ChAdOx1 nCoV-19 (AZD1222) zeigten, dass unterschiedliche Impfschemata zu unterschiedlichen Wirksamkeiten führen. Wurde die erste Injektion halbiert, so entstand innerhalb der Probandengruppe ein Infektionsschutz von 90 Prozent. Zwei volle Dosen schützen mit einer rund 70-prozentigen Wahrscheinlichkeit vor Covid-19. In der schlussendlichen Auswertung der verschiedenen Phase-III-Studien zeigt der Impfstoff eine Wirksamkeit von 70 Prozent.

Auch Janssen hat nun erste Daten zur Wirksamkeit seines Impfstoffkandidaten veröffentlicht. Der Impfschutz beläuft sich auf 66 Prozent. Die Besonderheit bei Impfstoff mit dem vorläufigen Namen Ad.26. COV2.S: Eine einmalige Injektion reicht, um den vollen Impfschutz aufzubauen. Im Mittel war der Impfstoff 28 Tage nach Injektion zu 66 Prozent wirksam. Isoliert betrachtet führte der Impfstoff in den einzelnen Regionen zu unterschiedlichen Schutzleistungen: In den USA kam es zu einem Impfschutz von 72 Prozent, in Lateinamerika zu 66 Prozent und in Südafrika zu 57 Prozent. Bereits nach 14 Tagen konnte der beginnende Impfschutz verzeichnet werden. An der Studie nahmen über 40.000 Probanden teil. Die Wirksamkeit ist auch hier um einiges niedriger als bei den mRNA-Impfstoffen. Doch die geringere Wirksamkeit scheint nicht mit der Technologie zusammenzuhängen. Schaut man nach Russland, so scheinen auch mit Vektorimpfstoffen Wirksamkeiten von über 90 Prozent möglich. Die Wirksamkeit von Sputnik V wird mit 95 Prozent angegeben.

Eine Möglichkeit für die hohe Wirksamkeit von Sputnik V ist laut Virologen das zweistufige Impfschema: Die erste Dosis beruht auf einem anderen Vektor als die zweite. Bei AstraZeneca wird mit der identischen Vakzine nach vier Wochen erneut geimpft. Beide Hersteller nutzen Adenoviren als Basis. Diese für den Menschen ungefährlichen Viren präsentieren das Spike-Protein von Sars-CoV-2 auf der Hülle. Auch diese Technologie ist relativ neu und innovativ. Mit Hilfe des Impfvirus wird die genetische Information des Coronavirus in die Zellen des Geimpften eingebracht. Bereits zugelassen sind Vektor-Impfstoffe gegen Dengue-Fieber und Ebola.

Unterschiedliche Adenoviren = höhere Wirksamkeit?

Nach der ersten Injektion kommt es nicht nur zur Ausbildung von Antikörpern gegen Sars-CoV-2. Auch gegen die Adenoviren entwickelt der Körper eine Immunantwort. Je nachdem, wie ausgeprägt die Reaktion des Immunsystems ist, kann es bei der zweiten Impfung zu einer geringeren Immunantwort kommen. Unter Umständen eliminiert der Körper die Viren bereits, bevor ausreichend menschliche Zellen befallen wurden. Um diesen Effekt zu vermeiden, basiert der russische Impfstoff auf zwei verschiedenen Adenoviren. Die erste Injektion basiert auf einem Adenovirus vom Typ 26 (rAd26), die Zweite auf einem Adenovirus vom Typ 5 (rAd5).

Die Immunreaktion könnte zumindest eine mögliche Erklärung für die zunächst unlogisch erscheinenden Ergebnisse der Wirksamkeitsstudien bei AstraZeneca sein. Die fälschlicherweise verabreichte geringere Dosis und die daraus resultierende geringere Immunreaktion gegenüber dem Adenovirus kann als Grund für die erhöhte Wirksamkeit angenommen werden. Die genauen Zusammenhänge sind jedoch noch nicht abschließend geklärt. AstraZeneca hat einen Adenovirus von Schimpansen gewählt. Aktuell wird diskutiert, für welche Altersklasse der Vektorviren-Impfstoff angewendet werden soll. Innerhalb der Zulassungsstudie war die Population von über 55-Jährigen zu gering um eine abschließende Beurteilung der Wirksamkeit in dieser Altersklasse zuzulassen.

 

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