Schäden rechtzeitig erkennen

Urintest ermittelt Covid-19-Verlauf Cynthia Möthrath, 18.05.2020 11:02 Uhr

Die frühzeitige Ermittlung einiger Urinmarker könnte schwere Covid-19-Verläufe rechtzeitig erkennen. Foto: Lothar Drechsel/shutterstock.com
Berlin - 

Infektionen mit Sars-CoV-2 können sehr unterschiedlich sein: Während einige mit milden Symptomen einhergehen, kommt es vor allem bei Risikogruppen häufig zu lebensgefährlichen oder sogar tödlichen Verläufen. Forscher der Universität Göttingen wollen nun mithilfe eines Urintests die Schwere der Erkrankung vorhersagen können.

Das Forschungsprojekt der Mediziner könnte bereits in einem frühen Stadium von Covid-19 den Verlauf der Erkrankung ermitteln und erste Hinweise liefern. Bei drohenden schweren Verläufen könnte dadurch rechtzeitig eine entsprechende Therapie begonnen werden – der Test könnte somit Leben retten.

Nieren- und Blutgefäßschäden frühzeitig erkennen

„Wir haben Abnormitäten in Urinproben von Patienten mit Covid-19 identifiziert, die dann innerhalb weniger Tage sehr krank wurden", erklärt Studienautor Oliver Gross in der im Fachjournal „The Lancet“. In den Fokus gerieten vor allem solche Marker, die auf Schädigungen der Niere oder der Blutgefäße hindeuten. Denn mittlerweile ist bekannt, dass Sars-CoV-2 nicht nur die Lunge, sondern den gesamten Körper angreifen kann: Unter anderem kann es zu Multiorganversagen und einer systemischen Entzündung der Endothelien kommen.

Um Aufschluss über die möglichen Schäden zu erhalten, betrachteten die Mediziner unter anderem das Verhalten weißer Blutkörperchen und den Gehalt des Proteins Albumin im Urin: Den Forschern zufolge zeigen sich hier bereits Veränderungen, bevor es überhaupt zu ersten Symptomen kommt. „Ist auch nur einer von drei Parametern schwer verändert, besteht ein hohes Risiko, dass sich die Erkrankten auf Normalstation zeitnah verschlechtern, auf die Intensivstation verlegt werden müssen oder sich der Verlauf auf Intensivstation noch verschlechtert", erläutert Gross.

Albumin- und Antithrombinmangel als Alarmsignal

Die Mediziner ermitteln den Albumin-Gehalt und das Blutprotein Antithrombin III im Urin. Letzteres wirkt einer Blutverdickung entgegen: Sinkt der Gehalt auf weniger als 60 Prozent des Normalwertes, wird dies als Alarmzeichen gedeutet. Gleiches gilt für einen Albumin-Gehalt unter zwei Milligramm pro Deziliter Serum.

Ein schwerer Albumin-Mangel hat ein Anschwellen des Lungengewebes zur Folge, wodurch der Sauerstoffaustausch maßgeblich behindert wird. Durch die Gabe von entwässernden und kreislaufstabilisierenden Medikamenten kann dem jedoch entgegengewirkt werden. Ist der Gehalt an Antithrombin III zu niedrig, verdickt sich das Blut und es kann zu Thrombosen oder sogar einer Lungenembolie kommen. Eine rechtzeitige Verabreichung von Antikoagulantien kann dem jedoch vorbeugen. Die ermittelten Marker des Urintests können somit nicht nur Aufschluss über die mögliche Schwere des Covid-19-Verlaufes, sondern auch Hinweise für eine rechtzeitige Therapieeinleitung geben.

Den Forschern zufolge könnte die Testung des Urins bereits im Frühstadium Komplikationen erkennen. Lebensgefährliche Verläufe und Todesfälle aufgrund von Covid-19 könnten dadurch vermieden werden. „Zudem könnten Patienten früher und zutreffender für spezielle Therapien zugeordnet werden."