Gelber Impfpass hat ausgedient

Neue Fälschungsmethode: QR-Codes aus dem EU-Ausland Cynthia Möthrath, 01.12.2021 13:06 Uhr

Im Darknet werden gefälschte QR-Codes aus dem EU-Ausland verkauft – diese sollen besonders „sicher“ sein.
Berlin - 

2G-Regelungen halten immer breitflächiger Einzug. Die verschärften Maßnahmen sorgen jedoch dafür, dass die Fälschungen von Impfnachweisen immer „besser“ werden: Im Internet werden auf zwielichtigen Seiten schon länger Angebote gemacht. Nun gibt es jedoch eine neue Methode: Fertige QR-Codes aus dem EU-Ausland sollen beim Ausstellen des Zertifikats in der Apotheke nicht so leicht als Fälschung erkannt werden und besonders „sicher“ sein. Report München klärte in einem Beitrag über die neue Betrugsmasche auf.

Apotheken müssen sich immer häufiger mit vermeintlichen Impfpass-Fälschungen herumschlagen. Dabei kommen verschiedenste Tricks zum Einsatz, unter anderem falsche Chargenaufkleber oder gefälschte Stempel. Doch die Manipulation des gelben Heftchens wird aktuell von einer neuen Methode aus dem Internet abgelöst.

QR-Code statt Impfpass

Da die bisherigen „Techniken“ zur Fälschung der gelben Impfpässe immer häufiger auffallen, werden die Kriminellen kreativ: Im Darknet werden mittlerweile fertige QR-Codes angeboten – allerdings für wesentlich mehr Geld als die einfachen gelben Heftchen. Im Beitrag werden sie je nach gewünschtem Impfstoff zwischen 450 und 500 Euro angeboten.

Die Täter in den entsprechenden Foren hätten dabei offensichtlich „Komplizen in den Apotheken“, so Report München. Als Beispiel wird die Apotheke aus München genannt, die bereits seit längerem im Fokus steht: Eine Mitarbeiterin hatte den Zugang ohne Kenntnis der Leitung genutzt, um die Zertifikate auszustellen.

Report München lässt die Kopie eines solchen Zertifikats von einer IT-Sicherheitsfirma unter die Lupe nehmen. Die Zertifikate der Apotheke müssten durch die entsprechenden Apps eigentlich längst als ungültig erkannt werden. Mit der CovPassCheck-App wird der vorliegende Code jedoch als echt erkannt. Der Grund: Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten seien die Zertifikate der Apotheke noch nicht auf der CovPass-Blacklist gewesen. Nach einem Update der Check-App werden die Codes mittlerweile „enttarnt“.

Umgehung der Blacklist

Doch die Kriminellen seien bereits einen Schritt weiter: Sie wissen von den Sperrungen in Deutschland. Denn die Blacklist wird nur pro Land ausgestellt. Ein internationaler Austausch findet nicht statt. Sie verkaufen also Codes aus dem EU-Ausland – denn diese können nicht so einfach gesperrt werden. Im Beitrag wird eine Fälschung aus Frankreich getestet – ausgestellt auf einen Fantasienamen. Das Zertifikat wird als gültig erkannt – weder Corona-Warn-App noch CovPassCheck-App erkennen die Fälschung.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wird auf die Sicherheitslücke hingewiesen und antwortet prompt: „Eine europäisch interoperable Lösung zur Sperrung einzelner Impfzertifikate wird aktuell erstellt.“ Bis diese greift, wird jedoch weiter Handel mit ungültigen Impfzertifikaten aus dem Internet betrieben.

Webinar: Gefälschte Impfpässe: So schützen sich Apotheken

Bis zu 80 Prozent gefälschte Impfpässe

Eine Apothekerin, welche aus Angst vor Impfgegnern anonym bleiben möchte, gibt im Beitrag an, dass bis zu 80 Prozent der bei ihr vorgelegten Impfpässe nicht mehr echt aussähen. Für die Teams stellen die vermeintlichen Fälschungen eine große Hürde dar.

Bei einer Umfrage von aposcope hatten in der vergangenen Woche 94 Prozent der Teilnehmer:innen angegeben, dass in ihrer Apotheke digitale Impfzertifikate ausgestellt werden, im Durchschnitt sind es rund 20 Zertifikate am Tag, insgesamt bislang 3000. Laut 40 Prozent dieser Befragten sind bereits Fälschungen aufgetaucht – insgesamt könnten 8 Prozent aller vorgelegten Impfpässe gefälscht sein, so die Schätzung.

Wie sehen typische Impfpass-Fälscher:innen aus?

Woran erkennt man Kund:innen, die gefälschte Impfpässe vorlegen? Gar nicht, so das Ergebnis der Umfrage: 48 Prozent der befragten Apotheker:innen und PTA gaben zwar an, dass es überwiegend 20- bis unter 45-Jährige seien und auch Männer wurden von 33 Prozent genannt. Aber ansonsten wurden keine besonderen Charakteristika genannt, 39 Prozent gaben sogar an, es gebe keine typische Person.

58 Prozent der Teilnehmer:innen hätten nicht erwartet, dass derart viele gefälschte Impfpässe in der Apotheke vorgelegt werden. Jede:r Zweite fürchtet sogar um die eigene Sicherheit, weil Apotheken in den Fokus von Menschen mit gefälschtem Impfpass geraten (51 Prozent). Drei von vier Befragten finden, dass es nicht Aufgabe der Apotheken ist, Menschen mit gefälschten Impfpässen das Handwerk zu legen. Und 11 Prozent gaben sogar zu, dass sie auch bei Verdacht auf eine Fälschung das Zertifikat ausstellen, da sie die Diskussionen leid sind. An der aposcope-Befragung nahmen am 23. November insgesamt 312 verifizierte Apotheker:innen und PTA teil.