Todesfälle unter Malariamittel

FDA warnt vor Chloroquin

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Berlin -

Bis vor kurzem galten Chloroquin und sein Metabolit Hydroxychloroquin als Hoffnungsträger im Kampf gegen die neue Lungenerkrankung Covid-19. Doch mittlerweile zeigen Studien besorgniserregende Ergebnisse. Die US-Arzneimittelbehörde FDA spricht daher nun eine Warnung für die beiden Wirkstoffe aus – Grund dafür sind zunehmende Berichte über Todesfälle.

Zu Beginn der Pandemie hatte Chloroquin in Studien gute Ergebnisse gezeigt. Der Wirkstoff wurde daraufhin von mehreren Ländern getestet und galt als vielversprechendes Therapeutikum bei Infektionen mit Sars-CoV-2. Aufgrund der zunächst positiven Ergebnisse sprachen sich auch Politiker wie US-Präsident Donald Trump für einen Einsatz des Wirkstoffes aus. Dies führte dazu, dass die Nachfrage stieg: Mittels Emergency Use Authorization wurde der Zugriff auf strategische Lagerbestände ermöglicht und der Einsatz außerhalb klinischer Studien genehmigt.

Hoffnungsträger wirft dunkle Schatten

In den vergangenen Wochen rückten jedoch zunehmend negative Ergebnisse in den Fokus. Nun reagiert auch die FDA: Mit einer Drug Safety Communication wird vor Komplikationen gewarnt, die mit der Anwendung von Chloroquin und Hydroxychloroquin einhergehen können. In den meisten Fällen beruhen diese Komplikationen auf einer Verlängerung des QT-Intervalls im EKG. Der FDA zufolge sind die Komplikationen sowohl bei ambulanten wie auch hospitalisierten Patienten aufgetreten. Einige erhielten Chloroquin oder Hydroxychloroquin als Kombinationstherapie mit dem Antibiotikum Azithromycin. Kardiologen warnten bereits frühzeitig vor dem Einsatz der Wirkstoffe. Bei den Patienten wurden Verlängerungen des QT-Intervalls, ventrikuläre Tachykardien und Kammerflimmern beobachtet, welche in einigen Fällen tödlich ausgingen.

Desweiteren gab es zunehmende Meldungen über unerwartete Arzneimittelwirkungen und auch die Giftnotrufzentralen erhielten vermehrt Anrufe, was auf eine Anwendung in der Selbstmedikation hindeutet. Die FDA warnt die Patienten deshalb eindringlich davor, Hydroxychloroquin oder Chloroquin online zu kaufen und ohne Rezept einzunehmen. Ärzte werden erneut auf die Risiken und Komplikationen hingewiesen: Vor allem für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion ist das Risiko für QT-Verlängerungen erhöht. Auch nach Absetzen der Wirkstoffe verbleiben sie aufgrund der hohen Plasmahalbwertszeit noch einige Wochen im Körper – das Risiko bleibt damit auch nach Ende der Behandlung noch bestehen. Chloroquin besitzt eine Plasmahalbwertszeit von 10 bis 30 Tagen, bei Hydroxychloroquin liegt sie sogar bei rund 45 Tagen.

Studien wegen Komplikationen abgebrochen

Mehrere Studien wurden bereits abgebrochen: So konnte die Einnahme des Malariamittels, auch in Kombination mit dem Antibiotikum Azithromycin, die Wahrscheinlichkeit für eine künstliche Beatmung nicht senken. Bei Patienten, die nur Hydroxychloroquin erhielten, lag eine deutlich höhere Sterberate vor, als bei denen, die unbehandelt blieben. Die Studie wurde daraufhin abgebrochen.

Kurz zuvor hatte auch eine kleinere Studie aus Brasilien besorgniserregende Ergebnisse gezeigt und wurde daraufhin gestoppt. Hier erhielten die Patienten hoch dosiertes Chloroquin: Es wurden 600 mg zweimal täglich über zehn Tage verabreicht. Die andere Hälfte erhielt eine niedrigere Dosierung von initial zweimal täglich 450 mg und an den darauf folgenden Tagen eine einmal tägliche Dosis von 450 mg, sodass über den Zeitraum von fünf Tagen eine Gesamtmenge von 2,7 Gramm gegeben wurde. Eine Placebogruppe gab es nicht. Das höhere Dosierungsschema von 12 g Chloroquin über einen Zeitraum von zehn Tagen wurde von den Wissenschaftlern als unsicher eingestuft. Die Fortsetzung dieses Studienarms sei nicht weiter zu rechtfertigen.

Chloroquin wurde zur ursprünglich zur Therapie und Prophylaxe von Malaria angewendet: Der Wirkstoff ist gegen alle vier menschen-pathogenen Malaria-Erreger wirksam. Der Arzneistoff ist Mittel der Wahl zur Behandlung der Unterform Malaria quartana. Für Chloroquin gibt es eine sogenannte kumulative Dosis, das bedeutet, dass die Einnahme nur bis zu einer definierten Gesamtdosis erfolgen durfte. Danach musste die Therapie abgebrochen oder umgestellt werden. Im vergangenen Jahr wurde der Wirkstoff jedoch vom Markt genommen. Mittlerweile ist Resochin nur noch in Pakistan auf dem Markt.

 

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