Gassen will keine Impf-Apotheker

„Eine Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat“ Alexander Müller, 12.10.2021 18:44 Uhr

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen will nicht, dass in Apotheken gegen Covid-19 geimpft wird. Foto: Lopata/axentis.de
Berlin - 

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Andreas Gassen, hat sich erneut dagegen ausgesprochen, dass in Apotheken gegen Covid-19 geimpft wird. Am Wochenende hatte sich der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach genau dafür eingesetzt, um die Impfquote endlich zu erhöhen.

Gassen und sein Vize Dr. Stephan Hofmeister erteilten der Idee, Apotheken in die Impfkampagne einzubinden, dagegen eine deutliche Absage. „Impfen ist keine Angelegenheit der Apotheker, sondern eine originär ärztliche Aufgabe“, so Gassen. „Der Wunsch mancher Apotheker, selbst zu impfen, ist eine Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat.“ Es gebe mit Praxen und mobilen Impfteams mehr als genug ärztliche Impfangebote, findet Gassen.

Obwohl die Corona-Impfung in anderen EU-Staaten durchaus von pharmazeutischem Fachpersonal durchgeführt wird, traut KBV-Vize Hofmeister den Apothekern hierzulande diese Tätigkeit nicht zu: „Impfen ist keine triviale Handlung. Es ist mehr als ein Piks. Es geht auch um die Impfanamnese, die Aufklärung zur Impfung, den Ausschluss von akuten Erkrankungen und Kontraindikationen. All dies setzt eine entsprechende ärztliche Aus- und Weiterbildung voraus, über die Apotheker jedoch nicht verfügen.“

Die Apotheken hätten die wichtige Aufgabe der Arzneimittelversorgung rund um die Uhr. „Das ist schon eine große Herausforderung, die die Apotheken vollends beschäftigen dürfte“, so Hofmeister. Beide Vorstände zeigten sich davon überzeugt, dass die Nachfrage nach Impfangeboten das eigentliche Problem darstellt. Es gelte jetzt diejenigen zu überzeugen, die unsicher seien – und dafür werde ärztliche Kompetenz gebraucht.

Lauterbach, selbst Arzt, hatte gegenüber der „Welt am Sonntag“ dagegen gesagt: „Die Impfbereitschaft ist zum Erliegen gekommen. Um sie wieder anzukurbeln, brauchen wir dringend unkonventionelle Wege.“ Die Apotheken könnten dies bedenkenlos übernehmen, da es beim Impfvorgang selbst „so gut wie nie“ Komplikationen gebe. Sinnvoll wäre dabei auch eine Kombinationsimpfung: „Linker Arm Grippeimpfung, rechter Arm Covid-Impfung“, sagte Lauterbach. Eine eventuelle Nachsorge könne anschließend beim Hausarzt erfolgen.

Lauterbach dafür, Montgomery halb dagegen

Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Weltärztebundes, hat sich zu dem Thema ambivalent geäußert. Im Video-Interview mit APOTHEKE ADHOC sagte er: „Also, Sie sehen es mir nach, dass ich mich nicht auf das Glatteis begebe, als Arzt nun gegen die ganze Politik meiner Kollegen zu verstoßen. Ich bin der festen Überzeugung, Impfen mit allem Drumherum gehört in die Hände der Ärzte. In Pandemiezeiten, also in Notzeiten, mag sowas mal anders sein, aber über die sind wir jetzt schon hinweg. Also ich sehe keine Notwendigkeit, es gibt genügend Ärzte, es gibt genügend Impfteams, nur die müssen an die Menschen herankommen. Und ich glaube das reicht.

Montgomery kann verstehen, dass seine Kollegen teilweise sehr emotional auf die Vorstöße der Apotheker reagieren: „Ich glaube, dass an vielen Ecken und Enden wir Einschränkungen unserer ärztlichen Autorität und des Arztvorbehaltes von vielen Leistungen sehen, da sind Kollegen schon erschreckt.“

Podcast zum Thema Impfung in der Apotheke