Fragen zu Anwendung und Abrechnung

Corona-Schnelltest in der Apotheke?

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Berlin -

Warteschlangen vor Arztpraxen – angesichts steigender Fallzahlen wollen die Menschen wissen, ob sie Corona haben oder nicht. Aktuell dürfen diesen Abstrich nur Mediziner durchführen. Der Entwurf eines Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite sieht vor, dass auch andere Gesundheitsberufe einen Antigen-Schnelltest durchführen sollen. Können sie auch in Apotheken angeboten werden, wirft dies Fragen zum Prozedere auf.

In einigen Corona-Hotspots bilden sich Schlangen vor den Arztpraxen – die Mediziner können die Nachfrage nach Corona-Tests kaum bedienen. Der Entwurf eines Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite sieht daher eine Lockerung vor: Zukünftig sollen nicht nur Ärzte, sondern auch Angehörige anderer Gesundheitsberufe diese Nasen-Rachen-Abstriche für die Ermittlung von Antigenen durchführen dürfen. „Um vorhandene Testkapazitäten umfassend nutzen zu können, wird der Arztvorbehalt nach § 24 IfSG in Bezug auf patientennahe Schnelltests auf das Coronavirus Sars-CoV-2 und auf die Nutzbarkeit veterinärmedizinischer Laborkapazitäten entsprechend angepasst“, heißt es im Entwurf.

Durch die Änderung wird Sars-CoV-2 in die Liste der Infektionskrankheiten aufgenommen, bei denen die In-vitro-Diagnostik durch patientennahe Schnelltests nicht ausschließlich durch einen Arzt erfolgen darf. Hierzu gehören bislang HIV, Hepatitis-C und Treponema pallidum; wie die Tests am Ende ausgestaltet sind, ob also wie beim HIV-Test sogar eine Eigendiagnose möglich ist, wird nicht in §24 geregelt.

Die beabsichtigten Änderungen und die Forderung der Abda, auch die Apotheken zu nutzen, werfen eine Reihe von Fragen auf. Apotheker müssten darüber informiert werden, welche Tests sie an welche Kunden abgeben dürfen, wie sie die Preise gestalten und wie sie die Leistung abrechnen. Eine Abgabe an Endverbraucher kommt eigentlich nicht in Anbetracht, weil die Entnahme der Proben zu kompliziert ist. Allerdings könnten durch die geplante Ausnahme vom Arztvorbehalt auch beispielsweise Pflegeheime in den Fokus geraten. Bisher darf die Abgabe nur an medizinisches Personal erfolgen – hier werden in der Regel Rechnungen geschrieben.

Sollte es zu Testungen in der Apotheke kommen, müssten weitere Rahmenbedingungen abgeklärt werden. Es müsste klargestellt werden, ob auch PTA diese Tests durchführen dürfen und welche Schulungen die Apothekenmitarbeiter absolviert haben müssen. Wie geht die Apotheke mit positiv getesteten Kunden und eventuellen Meldepflichten um? Und wie werden die benutzten Abstrichtupfern entsorgt? Auch die Frage nach dem Ort der Durchführung stellt sich: Im Allgemeinen bietet sich für die Testung die Beratungsecke an, doch potenzielle Corona-Patienten dürfen nicht zum Risiko für die Apotheken und ihre Kunden werden.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat eine Liste mit den aktuell registrierten Antigen-Schnelltests veröffentlicht. Von diesen In-vitro-Diagnostika kommen immer mehr Varianten auf den Markt. In der Durchführung sind sie ähnlich. In ihrer Zuverlässigkeit – also ihren Spezifitäts- und Sensitivitätswerten – unterscheiden sie sich durchaus. Auch preislich gibt es Differenzen. Bei einem geplanten Betrag von 7 Euro pro Testung wird die Apotheke wirtschaftlich bestellen müssen.

Nach Impf-Fortbildung nun Abstrichschulung?

Die aktuellen Antigen-Schnelltests erfordern alle – bis auf eine Ausnahme – einen sogenannten Nasopharyngealabstrich. Hierfür wird dem Patienten eine Sekretprobe aus dem Nasen-Rachen-Raum entnommen. Um an die korrekten Stellen zu gelangen, wird ein circa 20 Zentimeter langer flexibler Abstrichtupfer entweder durch die Nase oder den Mund eingeführt. Um den Patienten nicht zu verletzen, aber dennoch tief genug vorzudringen, muss dieser Vorgang geschult werden. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass zukünftig nicht nur Ärzte, sondern auch Angehörige anderer Gesundheitsberufe diese Probennahme durchführen dürfen. Das Abgabeverbot an Laien soll auch weiterhin unberührt bleiben – zu groß die Gefahr einer falschen Probennahme.

Über Großhandel erhältlich

Bislang sind drei Tests über den pharmazeutischen Großhandel zu beziehen. Dazu zählt der Sars-CoV-2 Rapid-Antigentest von Roche (PZN 16837473), der Biocredit Covid-19 Ag Test von RapiGen/Medical Technology Promedt (PZN 16708876) und der Medicovid Antigentest-Schnelltest von Xiamen Biotimes, der über Medice vertrieben wird (PZN 16821957). Eine Verkaufseinheit besteht jeweils aus mehreren Tests. Die kleinste Packungsgröße hat der Biocredit Test von Weko: Hier sind 20 Einzeltests pro Karton enthalten. Bei Medice und Roche sind jeweils 25 Einzeltests enthalten. Bei Roche ist zudem eine 40er-Packung erhältlich. Preislich liegt eine Packung von Biocredit bei 299,95 Euro im Einkauf (AEP). Medice ist mit einem AEP von 725 Euro gelistet, Roche hat keinen Einkaufspreis angegeben; der Herstellerabgabepreis liegt bei 162,50 Euro für 25 Stück.

Bleibt das Problem der apothekenüblichen Dienstleistungen

Noch Anfang September stellte sich die Abda gegen die Idee einiger Apotheker, die Tests durch einen Arzt oder medizinischen Fachangestellten in der Apotheke durchführen zu lassen. Es sei klar, dass es sich nicht um eine apothekenübliche Dienstleistung nach § 1a Abs. 11 ApBetrO handele, hieß es. Dabei sei es egal, von wem die Testung durchgeführt werde. „Es geht nämlich über einfache Gesundheitstests hinaus. Und Apothekenräume müssen von anderweitig beruflich oder gewerblich genutzten Räumen getrennt sein (§ 4 Abs. 1 ApBetrO), dürfen also auch nicht untervermietet werden,“ so die Abda. In dem neuen Entwurf müsste also auch hierfür eine Regelung enthalten sein, sodass die Apotheken endlich rechtssicher handeln können.

Ob auch die Abgabe von Antikörper-Schnelltests, dessen Durchführung einer Blutzuckermessung gleicht, weiterhin untersagt bleibt, ist noch offen. In der Medizinprodukteabgabeverordnung (MPAV) sind Ausnahmen gelistet. So dürfen beispielsweise HIV-Selbsttests an Laien abgegeben werden. Diese gleichen in der Durchführung den Corona-Antikörper-Schnelltests. Mittels Bluts aus der Fingerbeere wird in wenigen Minuten das Ergebnis angezeigt. Das Interesse seitens der Bevölkerung ist weiterhin groß. Auch mit Blick auf die kommenden Feiertage wünschen sich viele Menschen Gewissheit.

Die Abda hat nun das Potential der Apotheken vor Ort erkannt und will die Apotheker und PTA bei der Klärung der noch offenen Fragen unterstützen: „Wir regen dringend an, ergänzend einen rechtsicheren Rahmen für die Abgabe und auch die Durchführung von Point-of-Care-Tests durch Apotheken vorzusehen“, so die Abda in einer Stellungnahme zum aktuellen Gesetzesvorhaben. „Das flächendeckende Netz der Apotheken bietet der Bevölkerung einen niedrigschwelligen Zugang zu Gesundheitsleistungen und sollte ebenfalls für die Versorgung mit Point-of-Care-Tests genutzt werden.“

Im April riet die Abda noch von einem Verkauf der Schnelltests ab. Damals ging es um die Antikörpertests. Eine Abgabe an Patienten sei rechtlich bedenklich, hieß es in einem Schreiben an die Apothekerverbände. Bereits damals bezog sich die Abda auf die Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV), wonach In-vitro-Diagnostika zum direkten oder indirekten Nachweis eines Krankheitserregers für die Feststellung definierter Krankheiten nur an den hier ebenfalls definierten Personenkreis abgegeben werden dürfen. Eine Abgabe solcher Antikörper-Schnelltests an Laien ist demnach untersagt, stellte die Abda klar.

Auch als die Thematik durch das neue Testkit „A Proof“ wieder aktuell wurde, hielt die Abda an ihrer Meinung fest: „Es ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendung von Tests an Patienten in der Apotheke ebenfalls unzulässig ist. Bei der durch Durchführung derartiger Tests durch Apothekenpersonal handelt es sich um Tätigkeiten, die nach § 24 Satz 1 IfSG ausschließlich Ärzten vorbehalten sind. Darüber hinaus dürfte die Testung von Patienten in der Apotheke als erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde einzustufen sein. Insbesondere handelt es sich nicht um einfache Gesundheitstests, bei denen dem Patienten lediglich ein Messwert, gegebenenfalls in Verbindung mit einem Normwert, mitgeteilt wird.“ Dabei handelte es sich bei dem neuen Produkt ausschließlich um ein Probenbehältnis – nicht um einen Test.

 

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