Regierung beschränkt Exporte

Corona-Impfstoff: Dreht Indien den Hahn ab? dpa, 22.02.2021 11:50 Uhr

Hahn abgedreht? Der indische Impfstoff-Hersteller Serum Institute wurde angeblich angewiesen, zuerst den heimischen Bedarf zu decken. Foto: AstraZeneca
Berlin - 

Der weltgrößte Impfstoffhersteller hat angedeutet, dass es bei Exporten von Corona-Impfstoffen zu Verzögerungen kommen könnte.

Der Chef der indischen Firma Serum Institute, Adar Poonawalla, schrieb auf Twitter: „Liebe Länder & Regierungen, während Sie #Covishield-Lieferungen erwarten, bitte ich Sie demütig, Geduld zu haben. Das Serum Institute wurde angewiesen, dem großen Bedarf Indiens Vorrang einzuräumen und währenddessen die Bedürfnisse der übrigen Welt im Gleichgewicht zu halten. Wir geben unser Bestes.“

Die Firma stellt unter anderem den AstraZeneca-Impfstoff unter dem Namen Covishield zu günstigen Preisen her. Er wird deshalb besonders in ärmeren Ländern eine wichtige Rolle bei der Pandemiebekämpfung spielen. Ende Januar hatte es ein Großfeuer an einem Standort gegeben, der auch die Produktion des Corona-Impfstoffs betroffen haben könnte.

Erst vor einem Jahr hatte Indien auf Produktionsausfälle aufgrund der Sars-CoV-2-Epidemie reagiert: Das Wirtschaftsministerium verhängte damals Einschränkungen beim Export von 13 Wirkstoffen und Zubereitungen, die diese enthalten. Betroffen waren Paracetamol, Tinidazol, Metronidazol, Aciclovir, Vitamin B1, Vitamin B6, Vitamin B12, Progesteron, Chloramphenicol, Erythromycin-Salze, Neomycin, Clindamycin-Salze, Ornidazol sowie alle Zubereitungen, die diese Wirkstoffe enthalten.

Indien wird oft – wie einst Deutschland – als die „Apotheke der Welt“ bezeichnet; im zweitbevölkerungsreichsten Land werden nach eigenen Angaben rund die Hälfte aller Impfstoffe weltweit hergestellt. Indien hatte zuletzt auch Millionen Dosen Corona-Impfstoff an ärmere Länder seiner Region und darüber hinaus verschenkt. Weitere wurden verkauft. Für Indien ist dies eine Gelegenheit, sein Image in der Region zu stärken – auch angesichts des Nachbarn China, der Indien militärisch und wirtschaftlich überlegen ist.

Doch Indien braucht auch selbst viele Impfstoffe und will bis zum Sommer rund 300 Millionen Menschen impfen – etwas weniger als ein Viertel der 1,3 Milliarden Einwohner. Bis vor Kurzem waren die Corona-Zahlen in dem Riesenland relativ niedrig gewesen. So wurden täglich nur um die 10.000 Neuinfektionen erfasst, während es zu Höchstzeiten im vergangenen Sommer knapp 100 000 am Tag gewesen waren. Einige Experten sprachen von einer gewissen Immunität in der Bevölkerung und Antikörper-Untersuchungen deuteten darauf hin, dass viele das Virus asymptomatisch trugen. Mit den niedrigeren Fallzahlen hatte jedoch auch die Sorglosigkeit der Menschen zugenommen und es wurden kürzlich auch infektiösere Corona-Mutanten aus Großbritannien, Brasilien und Südafrika gefunden. Zuletzt gab es in einigen Regionen, darunter in der Millionenmetropole Mumbai, wieder einen Anstieg der
Fallzahlen.