Streit um Infektionszahlen

Bayern: Inzidenzen von Ungeimpften großgerechnet? dpa, 06.12.2021 17:19 Uhr

Täuschung oder fachlicher Dissens? Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) steht wegen Ungereimtheiten bei den Corona-Inzidenzen von Ungeimpften in der Kritik. Foto: Andi Frank
Berlin - 

Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) und das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) haben den Vorwurf der FDP entschieden zurückgewiesen, die Öffentlichkeit mit verzerrten Corona-Zahlen zu täuschen. Es handle sich keinesfalls um eine Täuschung, sondern um eine fachliche Frage, über die man aber streiten und diskutieren könne, sagte Holetschek am Montag in München. LGL-Präsident Walter Jonas verteidigte erneut das Vorgehen seiner Behörde.

Konkret geht es um die Berechnung der Inzidenz aufgeschlüsselt nach Geimpften und Ungeimpften durch das LGL - und die Frage, ob es legitim ist, Personen mit unbekanntem Impfstatus der Gruppe der Ungeimpften zuzuschlagen. Die Tageszeitung „Die Welt“ hatte berichtet, dass die Gruppe der Personen mit unbekanntem Impfstatus dabei einen sehr großen Teil ausmache. So war bei der Berechnung für den 24. November von gut 72.000 Personen, die als ungeimpft behandelt wurden, bei mehr als 57.000 der Impfstatus unbekannt. Potenziell kann dies das Ergebnis massiv verzerren: Die Sieben-Tage-Inzidenz der Geimpften könnte tatsächlich viel höher, die der Ungeimpften deutlich niedriger sein. FDP-Fraktionschef Martin Hagen hatte deshalb zuvor personelle Konsequenzen gefordert: „Persönlichkeiten in führenden Ämtern, die die Bürger täuschen, sind nicht länger tragbar“, sagte Hagen.

Jonas argumentierte dagegen, aus fachlicher Perspektive sei das LGL nach wie vor der Auffassung, dass es richtig sei, die Fälle mit unbekanntem Impfstatus den Ungeimpften zuzurechnen – man wisse aus der Vergangenheit, dass man mit dieser Methode „deutlich näher“ an der tatsächlichen Zahl der Fälle sei als wenn man umgekehrt handeln würde. Dennoch werde man mit den anderen Bundesländern abstimmen, wie man mit der Problematik des zunehmenden Meldeverzugs umgehe und wie man die Angaben zum Impfstatus entsprechend bereinigen könne.

Jonas verwies auf Erfahrungen aus dem September: Zunächst hätten lediglich 60 Prozent der gemeldeten Corona-Fälle Angaben zum Impfstatus enthalten - das LGL berechnete anhand der vorliegenden Daten laut Jonas, dass auf einen geimpften Corona-Positiven 14 Ungeimpfte kamen. Aufgrund von Nachermittlungen hätte sich dieser Wert binnen vier Wochen dann auf 80 bis 90 Prozent erhöht – tatsächlich lag das Verhältnis dann laut Jonas nicht bei 1 zu 14, sondern bei 1 zu 12,1. Das LGL sei mit seiner Berechnung also «sehr nah» an den tatsächlichen Daten gelegen, die sich im Verlauf von vier Wochen weiter vervollständigt hätten. Der fachliche Grund, so zu verfahren wie geschehen, sei also weiterhin richtig.

Holetschek betonte, entscheidend für die Corona-Maßnahmen seien immer die Belegung der Intensivbetten beziehungsweise die sogenannte Hospitalisierungsinzidenz sowie die allgemeine Sieben-Tage-Inzidenz (bei der Hotspot-Regelung). Und es sei nun einmal drängend, Klinken zu entlasten - deshalb seien die beschlossenen Maßnahmen notwendig. Er hoffe, dass sich die FDP nicht von anderen instrumentalisieren lasse, die eine «andere Agenda» hätten, fügte Holetschek hinzu.