Stilberater für Apotheken

Ziehen Sie sofort die Crocs aus! Silvia Meixner, 16.03.2017 10:07 Uhr

Berlin - 

Tragen Sie heute schon wieder die Crocs? Und wollten Sie nicht schon seit Wochen einen Termin mit Ihrem Friseur vereinbaren? Ihr Kittel knittert lustlos vor sich hin? Dann sollten Sie besser nicht auf den Berliner Stilberater Andreas Reh treffen.

Oder vielleicht doch. Denn der Mann kann Unternehmen optisch retten – er weiß, wie das mit dem Dresscode im Job geht. Und er weiß, was gar nicht geht. Crocs zum Beispiel, diese ebenso praktischen wie hässlichen Plastikschuhe, die man auch an Apothekerfüßen findet: „Diese Schuhe sehen aus wie kleine Enten und wirken weder stilvoll noch professionell. Moderne Apotheken sind offener gestaltet als früher – der Kunde sieht also auch die Schuhe“, sagt der Experte. Es sind die vermeintlich kleinen Details, die zählen.

„Apotheker müssen heute immer mehr um ihre Kunden kämpfen, da ist ein gepflegtes Erscheinungsbild der Mitarbeiter wichtig“, sagt der Experte. Und fügt lächelnd hinzu: „Das äußere Erscheinungsbild des Teams ist die Visitenkarte des Unternehmens. Wenn ein Apotheker keine Umsatzsteigerung haben möchte, kann es ihm natürlich egal sein, wie seine Mitarbeiter aussehen.“ Alle anderen sollten jetzt unauffällig ihr Team inspizieren: Sitzen die Frisuren? Ist die Kleidung sauber?

„Apotheker sollen Kompetenz, Sauberkeit und Freundlichkeit ausstrahlen. Wenn der Kunde die PTA erblickt und entsetzt denkt ‚Zu der will ich nicht, ich möchte lieber mit der Kollegin sprechen‘, herrscht Handlungsbedarf. Das Outfit ist das Aushängeschild des Unternehmens.“ Ein schlechter optischer Eindruck ist wie eine schlechte Beratung: Der Kunde fühlt sich unwohl und geht das nächste Mal lieber zur Konkurrenz.

„Ein perfekter Apotheker strahlt Ruhe aus, er kann mir ganz viele Tipps geben und ich merke, dass er das, was er tut, gerne tut“, beschreibt Reh den Idealfall. Wer ungepflegt in der Offizin steht, riskiert seine Glaubwürdigkeit. „Man denkt dann, dass man ganz viele Fragen hat, es dem Gegenüber aber nicht zutraut, dass er sie beantworten kann.“

Die häufigsten Stil-Sünden bei Apothekern unterscheiden sich nicht von jenen von Mitarbeitern in anderen Branchen, in denen Menschen auf Menschen treffen: ungepflegte Haare, zu viel oder zu wenig Make-up, zu lange oder ungepflegte Fingernägel (Reh warnt vor Knallfarben und Schwarz und zu langen Nägeln) können das Gegenüber bewusst oder unbewusst abschrecken.

Auch der Kittel spielt eine große Rolle. „Wenn er zerknittert ist und die Größe nicht passt, kann er schnell das Gesamtbild des Teams kaputtmachen“, sagt Reh. Dabei kann ein Kittel durchaus gut aussehen, wenn er sauber und ordentlich gebügelt ist und mit einem bunten Tuch oder einer dezenten Krawatte kombiniert wird. „Auch mit farbigen Shirts darunter sieht das perfekt aus.“

Praktikanten kommen und gehen, für das optische Erscheinungsbild einer Apotheke sind sie ebenso wichtig wie der Chef. Bekommt der junge Mensch den Kittel, den irgendjemand nicht mehr braucht und der ihm naturgemäß nicht passen wird, können Kunden schon mal Mitleid bekommen. „Man fragt sich dann, ob der Praktikant da noch reinwachsen möchte.“

„Die Herausforderung liegt bei Unternehmen immer darin, einen gemeinsamen Dresscode zu finden. Wer sich nicht wohlfühlt, strahlt das auch aus. Die falsche Kleiderfarbe an einer Person lässt Negatives, wie zum Beispiel eine besonders große Nase oder Hautrötungen, hervortreten“, sagt Reh. Deshalb hört er immer allen Mitarbeitern zu, denn nichts sei schlimmer, als vom Chef „verordnet“ zu bekommen, wie man sich im Job anzuziehen hat. Der eine mag keine Poloshirts, der nächste fühlt sich im T-Shirt unwohl und auch den weißen Kittel mag nicht jeder anziehen.

Als Typberater braucht man Diplomatie. Niemand hört gern, dass seine Kleidung überhaupt nicht zum Typ passt oder sein Make-up gruselig ist. Der Satz: „Sie sind schön, aber man sieht es nicht“, ist deshalb stets ein guter Anfang bei Rehs Beratungen. Dann folgt die schonungslose Wahrheit, schließlich wollen seine Kunden am Ende besser dastehen. Der ehemalige Verkäufer ließ sich zum geprüften Farb- und Stilberater ausbilden, machte eine Ausbildung als Visagist und berät seit zehn Jahren erfolgreich Privatpersonen und Unternehmen.

Besonders viel kann man von Airlines lernen. Hier bekommt jeder Mitarbeiter vor dem ersten Arbeitstag eine detaillierte Vorschriftenliste und im Bedarfsfall auch eine Schulung. Deshalb sehen Stewardessen auch immer so gut aus. Sie wissen nämlich genau, was ein gutes Make-up ausmacht, welche Lidschattenfarben ihnen gut stehen und wie man seine Nägel perfekt manikürt. „Mode kommt und geht. Stil bleibt“, sagt Reh. Sein schlimmstes Stil-Erlebnis hatte er in einer Berliner Amtsstube. Der Beamte trug Puschen und hatte offensichtlich noch nie etwas von Nasenhaarpflege gehört. Schlimmer sind in der Offizin nur noch das große Disco-Make-up oder krallenförmige Nägel.