Impfapotheker Reiz im Gespräch

„Wir nehmen den Ärzten nichts weg, im Gegenteil.“

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Berlin -

Grippeschutzimpfung in der Apotheke ist ein heiß diskutiertes Thema. Dr. Markus Reiz gehört zu den Befürwortern und bietet in seiner Donatus-Apotheke in Bornheim die neue Dienstleistung an. Gegenüber APOTHEKE ADHOC erklärt er, warum er die Bedenken einiger Kollegen nicht teilt.

Reiz ist im Vorstand des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR), der mit der AOK Rheinland/Hamburg ein Modellprojekt gestartet hat. Gestern wurden im Beratungszimmer die ersten Impfungen durchgeführt – zunächst im Team untereinander. Reiz selbst sowie zwei weitere Approbierte haben sich schon dafür qualifiziert, eine weitere Kollegin legt die Schulung noch im Oktober ab.

Heute Vormittag hat Reiz noch die vom Verband gestellte Software installiert, damit das Modellprojekt auch wie geplant zusammen mit dem Robert Koch-Institut (RKI) wissenschaftlich begleitet werden kann. Dazu werden die Daten der Apotheke, die Impfstoffcharge und die Dokumentation der Impfung im System hinterlegt. Für die Auswertung des Modellprojekts wird zudem abgefragt, wie der Versicherte auf das Angebot aufmerksam geworden ist, ob er sich regelmäßig oder erstmals gegen die Grippe impfen lässt und wie zufrieden er mit dem Ablauf ist.

Mit den Kunden wird zunächst eine Risikoanalyse durchgeführt. Im Modellprojekt können sich jeder AOK-Versicherte über 18 impfen lassen, nur Schwangere sind ausgeschlossen. Reiz ist selbst gespannt, wie das Angebot angenommen wird. Auch wenn er auf eine steigende Impfbereitschaft hofft, will Reiz mit dem vorhandenen Impfstoff verantwortungsvoll umgehen. Damit es nicht zu Engpässen kommt, will er sich mit den umliegenden Ärzten über die Bestände austauschen.

Apropos Ärzte: Die Vorbehalte einiger Kollegen gegen die Grippeschutzimpfung in der Apotheke richten sich vor allem auf zwei Punkte. Die erste Befürchtung ist, die Ärzte zu verärgern. Und zweitens sei angesichts der Honorare sei die Dienstleistung ein weiteres Zuschussgeschäft.

Auch Reiz kennt die kritischen Stimmen der Ärzteverbände. „Deshalb habe ich im Vorfeld das persönliche Gespräch mit den Ärzten bei mir vor Ort gesucht. Und das waren sehr gute Gespräche. Denn aus anderen Ländern wissen wir, dass die Impfbereitschaft insgesamt steigt. Wir nehmen den Ärzten also nichts weg, im Gegenteil.“ Mit diesem Argument dringe man bei den Ärzten in aller Regel durch. Das Ziel der EU für Grippeschutzimpfung liege bei 75 Prozent der Bevölkerung, Deutschland sei mit 30 bis 35 Prozent weit davon entfernt.

Und die Kosten? 12,61 Euro Honorar sind im Modellprojekt vereinbart. „Das ist schon knapp kalkuliert und das wird ja auch bemängelt“, sagt Reiz. In den ersten Tests hat sein Team etwa eine Viertelstunde benötigt, vielleicht gehe es mit mehr Routine auch etwas schneller. Reiz findet es wichtig, dass die Apotheker dabei sind. „Lassen Sie uns jetzt Erfahrungen sammeln. Es nicht zu machen, ist keine Alternative.“

Gerade in ländlichen Gebieten mit schlechter werdender ärztlicher Versorgung müsse es eine Lösung geben. „Ich sehe darin eine Riesenchance für die Apotheken, deshalb habe ich mich auch so früh beteiligt“, so Reiz.

 

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