Nach Zwangsschließung

Dieser Apotheker darf nur eine Apotheke betreiben

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Berlin -

Werner Lukassowitz musste Ende Februar zusehen, wie seine vier Apotheken versiegelt wurden. Wegen angeblicher Unzuverlässigkeit hatte der zuständige Amtsapotheker des Hochsauerlandkreises die Zwangsschließung angeordnet. Dagegen ging der Pharmazeut rechtlich vor – mit einem Teilerfolg: Laut einem Vergleich darf Lukassowitz zumindest eine Apotheke weiterführen. Seit heute Morgen steht er in der Settmecke-Apotheke in Sundern wieder hinter dem HV-Tisch.

„Aus vier mach eins“ – nach dieser Formel lief der Vergleich um die vier Apotheken in Sundern, Geseke und Finnentrop im Sauerland ab. Zehn Jahre lang darf Lukassowitz nur die Settmecke-Apotheke führen. Eine weitere Filiale zu betreiben, ist ihm nicht erlaubt. Da spielt es auch keine Rolle, dass laut Apothekengesetz (ApoG) bis zu drei Filialen zulässig sind.

Auf den außergewöhnlichen Vergleich eingelassen hat sich Lukassowitz, weil er damit dem ungewissen Ausgang eines langwierigen Gerichtsverfahrens aus dem Weg gehen konnte. „Das hätte vielleicht drei bis vier Jahre gedauert“, sagt er. Dafür habe er keine Nerven mehr gehabt: „Jetzt kann ich immerhin sofort die Settmecke-Apotheke wieder öffnen.“ Für die übrigen drei Apotheken hat er auf die Wiederbeantragung der Betriebserlaubnis verzichtet. Wie es mit ihnen weitergeht, hat er noch nicht entschieden.

In der Vergleichsverhandlung ging es im Kern um die Zuverlässigkeit des Apothekers. Der Richter des Verwaltungsgerichts Arnsberg habe nach Prüfung keine Veranlassung für den Entzug der Betriebserlaubnis durch den Amtsapotheker gesehen, berichtet Lukassowitz. Er habe aber auch keine Prognose für den Ausgang eines Gerichtsverfahrens abgeben wollen und daher den Vergleich vorgeschlagen.

Erörtert wurden beim Termin die Gründe für den Entzug der Betriebserlaubnis. Die ihm zur Last gelegten Vorwürfe seien weder als „gröblich“ noch als „beharrlich“ einzustufen gewesen, sagt Lukassowitz. Es sei um die Beschäftigung einer italienischen Apothekerin ohne Anmeldung, um Abwesenheit wegen Arztbesuchen und ähnliche Vorwürfe gegangen. Da es sich um Einzelfälle gehandelt habe, habe der Richter weder „Gröblichkeit“ noch „Beharrlichkeit“ feststellen können, so Lukassowitz.

„Diese Regelung trägt aus Sicht des Gerichts den besonderen Umständen des Einzelfalles – sowohl Art und Ausmaß der dem Kläger vorgeworfenen Verstöße als auch der anzustellenden Prognose, ob konkret eine Wiederholung derartigen Verhaltens durch den Kläger zu erwarten ist – angemessen Rechnung“, teilte das Gericht zum Vergleich mit. „Mit der gleichzeitigen Rücknahme der vor Gericht anhängigen Klagen und einstweiligen Rechtsschutzanträge sind sowohl der Widerruf der Betriebserlaubnis hinsichtlich der übrigen Apotheken als auch die insoweit ergangenen Schließungsverfügungen bestandskräftig.“

Eigentlich hätte Lukassowitz lieber eine andere Apotheke behalten, doch wegen der Nähe des Wohnorts einigte man sich auf den jetzigen Standort. Trotz der eingetretenen Rufschädigung will der 60-Jährige mit der Settmecke-Apotheke weitermachen. Auch seine Frau, die selbst vier Apotheken betreibt, habe ihn darin bestärkt, so der Apotheker.

Gegen Lukassowitz waren seit Jahren immer wieder Vorwürfe bekannt geworden. Dutzende Verstöße waren protokolliert, mehr als 40 Seiten fasste die Akte mit den Anschuldigungen. Vom Personal über die Öffnungszeiten bis hin zu Dokumentation und den Abgabevorschriften reichten die Versäumnisse.

Am Ende befand der zuständige Amtsapotheker des Hochsauerlandkreises, dass Lukassowitz nicht die erforderliche Eignung zur Leitung einer Apotheke besitze. Im Februar wurde die Urkunde zugestellt. Am Tag darauf hätten die Apotheke daher geschlossen sein müssen. Zwei Tage lang hätte vorbestellte Ware noch durch die Notdienstklappe abgegeben werden dürfen. Doch bei einem Kontrollbesuch wurde festgestellt, dass die Hauptapotheke nach wie vor geöffnet war. Unter Polizeischutz wurden die Geschäftsräume versiegelt. Betroffen waren die Hubertus-Apotheke, die dem Apotheker seit 2009 gehört, und die Settmecke-Apotheke in Sundern, die er seit 1985 betreibt. Letztere hatte wegen Karneval ohnehin geschlossen.

Gesperrt wurden auch die Katharinen-Apotheke in Finnentrop und Westtor-Apotheke in Geseke gesperrt. Die beiden Filialen hatte der Apotheker erst 2013 beziehungsweise 2015 übernommen. Sie liegen in Nachbarkreisen und ungefähr 85 Kilometer voneinander entfernt.

Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe war im Vorfeld über den beabsichtigten Widerruf der Betriebserlaubnis vom Kreis informiert worden und hatte kurzfristig den Notdienst umorganisieren müssen. In Münster unterstützte man die Maßnahme, da aufgrund der bekannten Fälle von einer „gröblichen und beharrlichen Zuwiderhandlungen gegen zentrale Vorschriften des Apothekenrechts“ auszugehen sei, die die persönliche Zuverlässigkeit zur Leitung einer Apotheke infrage stellten und den Widerruf der Betriebserlaubnis rechtfertigten, hieß es.

Der Entzug der Betriebserlaubnis ist im Apothekengesetz (ApoG) für Fälle vorgesehen, in denen der Inhaber als unwürdig für die Leitung einer Apotheke befunden wird. Das können Abrechnungsbetrug, Steuervergehen oder der illegale Handel mit Betäubungsmitteln sein.

Nur selten geht es um Probleme aus dem Apothekenbetrieb. Vor Kurzem hatte es in Bonn eine Zwangsschließung gegeben: Nach 46 Jahren musste die Falken-Apotheke im Stadtteil Lengsdorf schließen. Die Inhaberin hatte Mängel, die im Rahmen einer Begehung im Dezember festgestellt worden waren, nicht innerhalb der gesetzten Frist beseitigt. Das Gesundheitsamt entzog der 83-Jährigen die Betriebserlaubnis.

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