Inhaberin sieht Zukunft der Branche kritisch

Weihnachtswunsch einer Apothekerin: Endlich schließen Carolin Ciulli, 13.10.2021 13:12 Uhr

Wieder eine Apotheke weniger: Die Marien-Apotheke in Bayern schließt Ende des Jahres. Foto: Marien-Apotheke
Berlin - 

Christiane Barth hat durchgehalten – bis zum Schluss. An Heiligabend wird sie ihre Marien-Apotheke nach 27 Jahren schließen. Damit endet auch die Arzneimittelversorgung vor Ort in Neuburg an der Kammel in Bayern. Die Apothekerin sehnt dem Ende entgegen, zu anstrengend sei die Zeit als selbstständig tätige Approbierte auf dem Land. Früher abzugeben sei jedoch wegen der laufenden Kredite nicht möglich gewesen.

Barth ist eine der selbstständigen Apotheker:innen, der der Beruf zuletzt keinen Spaß mehr bereitet. Wie viele Kolleg:innen kritisiert die Inhaberin die Einschnitte der Politik in den vergangenen Jahren. „Die Apotheken müssen viel zu viele Rabatte abgeben“, sagt die 64-Jährige. Von den Unternehmen bekäme sie keine 3 Prozent Skonto, höchstens 1,5 Prozent seien möglich. „Wir müssen pro Jahr 30.000 Euro an Rabatten lassen und wenn ich mich anstrenge und einen höheren Umsatz einfahre, wird meine Rendite von der Krankenkasse gekappt. Am Ende profitieren andere und nicht ich selbst, das lockt doch keine jungen Leute in die Apotheke.“

Der Beruf sei unattraktiv geworden, so Barth. „Es geht nicht mehr um den Patienten, sondern darum, möglichst billig für die Krankenkassen zu arbeiten.“ Da könne noch so viel Werbung für die Apotheke gemacht werden. „Ich bin der Überzeugung, dass sich Apotheken nicht mehr allein aus sich heraus finanzieren können. Es braucht ein zweites Standbein.“ Dies könnten Immobilien oder das Kapital einer vorherigen Generation sein. „Bei uns war es die Rente meines Mannes, die mithalf, eine fünfköpfige Familie durchbringen zu können.“

Eine Nachfolger:in fand Barth für ihren Betrieb nicht. Allerdings habe sie auch nicht aktiv gesucht, räumt sie ein. „Im Grunde wusste ich, dass ich wegen des Umsatzes nicht erfolgreich sein werde.“ Sie habe ihre Bücher für verschiedene Berater geöffnet, die zunächst Potenzial gesehen hatten. Bei genauerem Hinsehen sei ihnen jedoch klar geworden, dass man mit dem Betrieb keinen Approbierten locken könne. Eine Filialleiter:in komme auf ein ähnliches Gehalt, habe aber dafür sechs Wochen Urlaub, 40 Wochenstunden und kein betriebswirtschaftliches Risiko, sagt sie.

Barth dagegen fehle das Geld, sich genügend Personal leisten zu können. Sie selbst arbeite von 5.30 Uhr teilweise bis nach Mitternacht. „Das, was ich an Bürokratie nicht schaffe, mache ich nachts.“ Urlaub sei nicht möglich. Die Apotheke früher abzugeben, sei nicht in Frage gekommen: „Die Kredite laufen bis Jahresende und können auch bedient werden.“ Zudem sei es schon seit langer Zeit schwer, einen Nachfolger für eine Landapotheke zu finden.

Die nötigen Investitionen in die Technik, wie die Anschaffung von Konnektoren, habe sie nicht mehr mitgemacht. „Ich wusste ja, dass ich in Rente gehen werde“, sagt Barth. Insgesamt bewertet sie die Aufklärungskampagne bezüglich des E-Rezepts kritisch: „Die alten Leute sind mit dem E-Rezept überfordert und ich bin es auch.“

Das Ende der Apotheke sei für die dörfliche Infrastruktur eine Katastrophe, sagt Barth. Nicht nur die rückgängige Zahl an Apotheken, sondern auch die Praxisschließungen seien ein Teil davon. „In den medizinischen Bereich will keiner mehr Geld investieren.“ Sie habe diese Entwicklung auch der Politik näherbringen wollen und etwa an den ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Georg Nüßlein, geschrieben, da er aus der Region komme. Interesse an dem Thema sei jedoch nicht vorhanden gewesen.