Rassismus-Debatte

Vandalismus: Mohren- wird zur Ohren-Apotheke

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Berlin -

Die nächste Mohren-Apotheke ist Opfer einer unfreiwilligen Umbenennung geworden. Nachdem Unbekannte vergangenes Wochenende die Kieler Mohren- zur Möhren-Apotheke gemacht haben, traf die Kasseler Namensvetterin nun ein ähnliches Schicksal. Sie wurde zur Ohren-Apotheke. Inhaberin Christina Hartmann nimmt es weniger gelassen als ihr Kollege Jens Rath in Kiel. Sie hat Strafanzeige gegen Unbekannt erhoben. Aktivistin Ruth Hunstock, die sich für eine Umbenennung der Apotheke einsetzt, distanziert sich deutlich von der Aktion.

Manchen Passanten wird es sicherlich zum Schmunzeln bringen, für Inhaberin Christina Hartmann aber ist die Aktion aber gar nicht lustig. Sie steht seit Wochen in der Kritik, weil sie den Forderungen nach einer Umbenennung gegenüber nicht nachgeben will. Schon mehrfach wurde in der Presse über den Fall berichtet, eine Petition von Anti-Rassismus-Aktivistin Ruth Hunstock zur Umbenennung der Apotheke verleiht dem Fall zusätzliche Aufmerksamkeit. Wenig überraschend also, dass viele Hunstock mit der Aktion in Verbindung bringen. Doch die hat nach eigenen Angaben selbst erst am Donnerstagmittag davon erfahren – und findet deutliche Worte dazu.

„Nicht in unserem Namen!“, sagt sie und meint damit sich und ihren Ehemann, mit dem sie die Petition gemeinsam gestartet hat. „Wir heißen das nicht gut und distanzieren uns ausdrücklich davon. Mit Vandalismus oder Sachbeschädigung wollen wir absolut nichts zu tun haben.“ Auch wenn die Aktion offensichtlich ebenfalls von Gegnern des Apothekennamens durchgeführt wurde, sammeln sie damit keine Sympathiepunkte bei Hunstock. „Das macht mich sogar wütend, denn es ist absolut kontraproduktiv. Es bestärkt diejenigen, die ohnehin strikt gegen eine Umbenennung sind, und leistet uns damit einen Bärendienst. Mit dieser wahrscheinlich als Unterstützung gemeinten Aktion schaden sie unserem Anliegen nur. Hoffentlich unterlassen die Leute sowas künftig.“

Mögliche Munkeleien, sie könnte eventuell doch ihre Finger im Spiel haben, weist sie ebenfalls entschieden zurück. „Viele denken, ich würde dahinterstecken. Aber das ist doch Unsinn – als ob ich mich als 41-jährige, berufstätige Mutter nachts vor die Apotheke stellen und so etwas machen würde!“

Es sei ihr ein Anliegen, zu betonen, dass sie ihr Ziel mit ganz anderen Mitteln als Sachbeschädigung erreichen will, betont Hunstock. „Unser Ansatz ist eindeutig ein ganz anderer: Wir wollen auf dem Weg der Sensibilisierung Verständnis schaffen und mit Argumenten überzeugen.“ Apothekeninhaberin Hartmann wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Zwischenfall äußern. Sie betonte zuletzt bereits, dass sie zu der Debatte nicht mehr öffentlich Stellung beziehen möchte.

Anders ist Inhaber Jens Rath mit der Sachbeschädigung an seiner Apotheke umgegangen. „Ich nehme es schon mit Humor, aber es ist schade, dass das jetzt noch sein muss“, sagte er, nachdem Unbekannte zwei Umlaute über das O seines Apothekenschilds gesprüht hatten. Auch er hat die Polizei informiert, nach eigenen Angaben aber eher pro forma. Er sehe nämlich kaum Chancen, „dass da etwas kommt“.

Rath will die Verunstaltung allerdings auch gar nicht mehr beseitigen, denn er hat sich ohnehin bereits entschieden, seine Apotheke umzubenennen: Ab Montag heißt sie Raths-Apotheke am Brauereiviertel. Damit ist Rath auf die Kritik am Namen seines Betriebes eingegangen – und hat nicht zuletzt Hunstock damit inspiriert, sich für eine Umbenennung der Apotheke in ihrer Heimatstadt einzusetzen. Ganz glücklich sei er auch zuvor noch nicht mit dem Namen gewesen, sagt Rath. Ausschlaggebend sei für ihn aber letztlich gewesen, dass das gesellschaftliche Klima gerade ermögliche, eine solche Umbenennung zu etwas Positivem zu machen. Derzeit befindet er sich mitten in der Umbenennungsphase.

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