Bereitsschaftsdienst

Ärzte passen nicht zu Apothekern

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Berlin -

Union und SPD haben sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die ambulante Notfallversorgung zu verbessern. Ärzte und Krankenhäuser sollen künftig besser zusammenarbeiten – die Apotheker sollen mit ihrem Notdienst in das System einbezogen werden. Das könnte sich allerdings schwierig gestalten, denn zwischen den Systemen von Apothekern und Ärzte gibt es gravierende Unterschiede.

Der Apothekennotdienst wird von den Kammern organisiert, die diese Aufgabe von den Ländern beziehungsweise den zuständigen Behörden übertragen bekommen. Für die Organisation des ärztlichen Bereitschaftsdienstes (ÄBD) sind dagegen laut Sozialgesetzbuch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) selbst zuständig.

Um Ärzte- und Apothekennotdienst gesetzlich einheitlich zu regeln, müsste die Regierung also in Bundes- und Landesregelungen gleichermaßen eingreifen.

Dazu kommt, dass die Bereitschaftsdienste meist vor Ort organisiert werden, wobei noch nicht einmal die Bezirke von Ärzten und Apothekern deckungsgleich sind. Je nach Region gibt es außerdem in beiden Berufsgruppen ganz unterschiedliche Regelungen, die kaum miteinander in Einklang zu bringen sind.

Während sich jede Apotheke gleichmäßig am Notdienst beteiligen muss, ist der ÄBD nicht überall Pflicht: In einigen KV-Bezirken muss jeder Mediziner – egal ob selbstständig oder angestellt – zum Bereitschaftsdienst antreten, in anderen sind nur niedergelassene Ärzte zum Dienst verpflichtet.

In Mecklenburg-Vorpommern etwa funktioniert der Dienst wiederum auf freiwilliger Basis: Die KV sucht Mediziner, die „von einer attraktiven Honorierung des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes profitieren“ möchten.

In Bezirken, in denen der ÄBD Pflicht ist, können sich Ärzte „aus schwerwiegenden Gründen“ vom Dienst befreien lassen. Darunter fallen zum Beispiel körperliche Behinderungen, besonders belastende familiäre Verpflichtungen, Schwangerschaft oder ein bestimmtes Alter. In Bayern sind ab dem kommenden Jahr Ärzte, die älter als 62 Jahre sind, vom Dienst befreit. In Brandenburg müssen die Vorstandsmitglieder von KV und Ärztekammer nicht zum Dienst antreten.

Der ÄBD selbst kann auf unterschiedliche Arten durchgeführt werden: In vielen Bundesländern gibt es zentrale Bereitschaftspraxen, in denen immer ein Arzt erreichbar ist. Hier wären theoretisch also bei einer Angleichung immer dieselben Apotheken gefragt – oder die Gründung von Bereitschaftsapotheken zu diskutieren, in der der jeweils diensthabende Apotheker seine Nacht verbringt.

Alternativ können Ärzte ihren Dienst in ihrer eigenen Praxis leisten. Schließlich gibt es auch Hausbesuchs- oder Fahrdienste, mit denen Patienten versorgt werden können, die keinen Arzt aufsuchen können.

In Berlin beispielsweise gibt es einen fahrenden Bereitschaftsdienst, der rund um die Uhr im Einsatz ist. Außerdem gibt es eine KV-eigene und an Kliniken angegliederte Erste-Hilfe-Stellen, die in den ÄBD eingebunden sind.

In Bayern gibt es derzeit vier Bereitschaftspraxen, die die KV betreibt, und 36 Kooperations-Bereitschaftspraxen, die sich meist an Krankenhäusern befinden. Daneben leisten viele Ärzte den Dienst in ihrer Praxis oder machen Hausbesuche. Doch die KV will den Bereitsschaftdienst zentralisieren: In einigen Jahren soll es etwa 100 Bereitschaftspraxen geben.

Auch in Hessen wird der ÄBD derzeit reformiert: Die Bezirke werden vergrößert, 70 bis 100 Ärzte sollen künftig eine Gruppe bilden. Auf diese Weise sollen Mediziner in dünn besiedelten Regionen entlastet und die Gebiete für junge Ärzte attraktiver werden. Dadurch gibt es künftig weniger zentrale Praxen, in denen aber immer ein Arzt ist. Für Hausbesuche sollen dann andere Ärzte zuständig sein.

Den Trend zu zentralen Bereitschaftspraxen und Kooperationen mit Krankenhäusern haben Union und SPD zum Anlass genommen, im Koalitionsvertrag eine Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Vergütung zu vereinbaren. „Wir streben dabei eine regelhafte Kooperation der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenhäuser zur Sicherstellung der ambulanten Notfallversorgung an“, heißt es in dem Papier.

In diese Kooperation soll auch der Notdienst der Apotheken einbezogen werden. Wie das praktisch umgesetzt werden soll, ist allerdings fraglich. Denn nicht nur bei der Organisation der Notdienste gibt es Unterschiede, sondern auch bei den vorgesehenen Entfernungen: Während in Hessen beispielsweise der Weg zur nächsten ÄBD-Stelle „für niemanden länger als 30 Minuten mit dem Auto dauern“ soll, ist der Anspruch der Apothekerkammer, dass die nächste Apotheke höchstens 20 Kilometer und in Ausnahmefällen maximal 25 Kilometer entfernt ist.

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