aposcope-Umfrage

Tarifabschluss: Überfällig und schwer zu verkraften

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Berlin -

Ein Gehalt unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns – das geht aus Sicht der Apothekenteams überhaupt nicht. Die Inhaber:innen gönnen laut einer aktuellen aposcope-Befragung ihren anderen Beschäftigten den Tarifabschluss ebenso, sehen aber auch eigene Belastungen. Vielen Betrieben drohe das Aus aufgrund steigender Personalkosten, die Apothekenleiter:innen fordern eine Anpassung des Apothekenhonorars.

Die Apothekengewerkschaft Adexa und der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) haben sich auf eine sofortige Tariferhöhung verständigt: Mindestens 200 Euro bekommen die Beschäftigten in Apotheken ab sofort. „Längst überfällig“, sagen 99 Prozent der befragten PTA und immerhin auch die Mehrheit der Inhaber:innen (56 Prozent) in den Tarifgebieten. In Nordrhein verhandelt die Adexa mit der TGL, Sachsen hat gar keine Tarifbindung.

Wie stark wird die Belastung für Apotheken sein? Immerhin 42 Prozent der Befragten glauben, dass viele Apotheken eine Steigerung der Personalkosten nicht verkraften können. Unter den Inhaber:innen sind es der Viertel (76 Prozent). Sollte das Lohnniveau insgesamt tatsächlich um etwa 10 Prozent steigen, glauben zwei Drittel der Inhaber:innen und 32 Prozent aller Befragten, dass viele Apotheken schließen müssen. Andererseits sehen 36 Prozent, dass in Apotheken noch viel Einsparpotenzial liegt. Die Mehrheit der Inhaber:innen plant keine Maßnahmen als Reaktion auf den Tarifabschluss, insbesondere keinen Personalabbau.

Einig sind sich die Teams in zwei Fragen: 89 Prozent stimmen der Aussage zu, dass der Gewinn einer Apotheke ausreichen muss, um allen Angestellten wenigstens den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen. Und ebenfalls 89 Prozent finden, dass jetzt mehr Geld ins System muss und es Zeit für eine Honorarerhöhung der Apotheken wird; unter den Inhaber:innen sehen das fast alle (98 Prozent) so.

Formal haben nur Angestellte Anspruch auf die Erhöhung, die selbst Adexa-Mitglied sind und deren Arbeitgeber:in im ADA ist. Eine Tarifbindung kann außerdem im Arbeitsvertrag frei vereinbart sein, auch dann gilt die Erhöhung automatisch. Doch unabhängig davon glauben 70 Prozent der Befragten, dass der Tarifabschluss sich auf das Gehaltsniveau in der Branche auswirken wird. Die Inhaber:innen sind sogar zu 88 Prozent davon überzeugt.

Tatsächlich gaben 25 Prozent der Angestellten ohne Tarifbindung an, jetzt auf ihren Chef oder ihre Chefin zugehen zu wollen, 55 Prozent glauben sogar, dass diese/r das von sich aus tun wird. 11 Prozent wollen ihr Gehalt nicht nachverhandeln. Unter allen Befragten im ADA-Gebiet glaubt aber etwa jede/r Dritte, dass es Unmut im Team geben wird, weil nicht alle Kolleg:innen profitieren.

Die Corona-Pandemie stellt die Apotheken vor große Herausforderungen, langfristige wirtschaftliche Planungen sind für die Inhaber:innen in dieser Zeit schwierig. Dass die Tariferhöhung deshalb hätte verschoben werden müssen, finden trotzdem nur 39 Prozent der Chefs, 59 Prozent sehen das nicht. Unter den angestellten Approbierten und PTA sind die Verhältnisse naturgemäß noch eindeutiger, von ihnen hätten nur 3,9 beziehungsweise 8 Prozent eine Verschiebung für angemessen gehalten.

Laut aposcope-Umfrage bekommen 21 Prozent der Angestellten Tarifgehalt, 73 Prozent werden übertariflich bezahlt. In immerhin jeder fünften Apotheke spielt der Tarifabschluss laut den Inhaber:innen keine Rolle. 20 Prozent gaben an, dass sie leistungsorientiert bezahlen. Auf der anderen Seite gaben auch 21 Prozent an, dass es aufgrund der Tariferhöhung in diesem Jahr keine Sonderzahlungen geben wird.

An der aposcope-Befragung nahmen am 11. und 12. Januar 2022 insgesamt 302 verifizierte Apothekeninhaber:innen, angestellte Approbierte und PTA teil.

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