Personalmangel

Schaufenster: Mitarbeitersuche mit Leuchtreklame Carolin Ciulli, 19.02.2019 09:57 Uhr

Berlin - 

Bereits von weitem fällt das Schaufenster von Apotheker Oliver Schulz ins Auge: Der Inhaber der Columbia Apotheke in Berlin wirbt nicht etwa für neue Arzneimittel oder Kosmetik. Er hat seine Auslagen kurzerhand in ein Stellenangebot verwandelt. Mit der innovativen Annonce will er eine kurzfristig freigewordene Stelle besetzen. Auf die Apothekerkammer vertraut der Kiezapotheker zunächst nicht.

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Aufstrebende Apotheke, nette Kunden, Top-Konditionen – die Beschreibungen in Stellengesuchen klingen oft ähnlich und sind meist austauschbar. Schulz wollte es anders machen. „Bei der Kammer stehe ich nach einem Tag auf Platz 20. Das schaut sich keiner mehr an“, sagt er. Aktuell werden über die Internetseite allein in Berlin rund 80 Approbierte und knapp 90 PTA gesucht. „Viele Kollegen sind einfallslos mit abgedroschenen Texten. Wo inseriert man sonst?“

Schulz machte sich die Lage seines Betriebs zunutze. Die Apotheke liegt am Kaiserdamm im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. „Das ist eine der befahrensten Straßen der Stadt“, sagt er. Acht Spuren sowie mehrere Parkstreifen sind direkt vor der Eingangstür. „Vielleicht fährt ja ein Apotheker oder eine PTA im Auto vorbei oder steht hier im Stau.“ Aufgrund des Verkehrs war es für Schulz wichtig, dass die Anzeige auch von Weitem noch lesbar ist. „Ich habe mir gewünscht, dass sie auch nachts gut zu sehen ist.“

Mit seinem Dekorationsdienstleister besprach der Apotheker seine Idee. Dieser setzte es nach seinem Wunsch um. Fast: „Für mich hätte es noch größer sein können“, so Schulz. Doch dann habe es nach Baustelle ausgesehen. Jetzt hängt über das ganze Schaufenster ein Banner mit der Aufschrift: „Mitarbeiter/in ab sofort gesucht!“ Mittig in den Auslagen ist ein beleuchtetes LED-Schild, das den Text ebenfalls aufgreift.

Zudem verweist Schulz mit einem Aufsteller auf der Straße darauf, dass er Apotheker oder PTA sucht. Bei Interesse sollten sie einfach reinkommen oder sich per E-Mail oder Telefon melden. Das Auslagen sind seit Donnerstag umgestaltet. „Was gibt es besseres als im eigenen Schaufenster zu werben? Packungen müssen dort nicht unbedingt stehen.“ Erste Rückmeldungen habe es bereits gegeben, allerdings nur auf 450-Euro-Basis.

Schulz wünscht sich eine Vollzeitkraft. Ob Apotheker oder PTA ist im zunächst egal. „Es kommt ja nicht nur auf die beruflichen Qualifikationen an, sondern muss auch menschlich passen“, sagt er. Der Rest sei verhandelbar. „Bei mir gibt es auf Wunsch auch eine vier Tage Woche und natürlich wird übertariflich bezahlt.“ Eine angestellte Approbierte hat ihn überraschend verlassen, weil sie außerhalb der öffentlichen Apotheke nach neuen Herausforderungen gesucht hat.

Nicht nur in Berlin ist der Fachkräftemangel ausgeprägt, im vergangenen Herbst gab es einen neuen Negativrekord von 105 ausgeschriebenen PTA-Stellen. Auch in anderen Kammerbezirken liegt die Zahl der offenen Stellen oft im zweistelligen Bereich, insbesondere bei PTA und Approbierten. Doch auch Nachwuchs wie PTA-Praktikanten und Pharmazeuten im Praktikum werden oft händeringend gesucht. Die Inhaber denken sich immer öfter kreative Anzeigen aus und setzen verstärkt auf Boni, um neue Mitarbeiter zu werben.

In der Columbia-Apotheke verbleiben Schulz und ein zweiter Apotheker im Team. „Meine Frau hilft auch mit“, so Schulz. In der Kiezapotheke gebe es eine große Stammkundschaft, die meisten kenne man mit Namen. „Ich bin stolz auf meine Kunden.“ Auch sein Angestellter Valentin Schmidt arbeitet gerne hier, seit fünf Jahren arbeitet er für Schulz. „Alle machen hier alles.“

Das sei das spannende an der Anstellung. „Natürlich muss man Idealismus mitbringen und darf sich als Apotheker nicht zu schade sein, auch Wareneingang oder Inventur zu übernehmen.“ Die meiste Zeit entfalle auf Beratung, man „stehe an der Front“, sagt der 33-Jährige. „Wir haben hier ein gutes Klima, der Chef arbeitet mit.“

Als sich Schulz vor acht Jahren erstmals selbstständig gemacht hat, habe er genau so einen Betrieb gesucht und – nach Sichtung rund 30 anderer Apotheken – schließlich gefunden. Jetzt hofft er, schnell einen neuen Kollegen zu finden – trotz Fachkräftemangel. „Die öffentliche Apotheke ist ins Hintertreffen geraten, das hat wohl finanzielle und gesamtgesellschaftliche Gründe.“ Er vertraut auf sein Schaufenster. Der Apotheker ist stolz auf seine Anzeige: „So etwas habe ich in einem anderen Geschäft noch nie gesehen.“

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