Thomapyrin-Modellprojekt

„Ausgerechnet der letzte Wettbewerbsvorteil wird aufgegeben“

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Berlin -

„Das Thomapyrin-Projekt macht den letzten Wettbewerbsvorteil zunichte, den die Vor-Ort-Apotheken gegenüber Amazon noch haben.“ Aponow-Geschäftsführer Thomas Engels hält das jüngst gestartete Lieferprojekt von Curacado, BD Rowa und Sanofi für einen kompletten Rohrkrepierer. Nicht nur sei es betriebswirtschaftlicher Unfug, es gehe auch komplett an der Lebenswirklichkeit moderner Verbraucher vorbei. „Wenn das die Antwort der versammelten Apothekerschaft sein soll, dann gute Nacht!“, sagt er.

„Sanofi sollte sich über jede Packung freuen, die sie dort nicht verkaufen“, so Engels. „Die legen da das Doppelte vom Umsatz nochmal oben drauf. Das ist wirtschaftlich totaler Unsinn.“ Denn die Auslieferung über den Drittanbieter Tiramizoo innerhalb von zwei Stunden sei bei einem Verkaufspreis von rund 7 Euro pro Thomapyrin-Packung niemals wirtschaftlich tragbar umzusetzen. Woher Engels das weiß? Vor drei Jahren hätten er und sein Team bei der Konzipierung selbst mit Tiramizoo verhandelt und seien daher über das Preisniveau des Logistikers im Bilde: 10,90 Euro pro Lieferung, bei Lieferung innerhalb von vier Stunden sogar 14,90 Euro.

Und dann könnten nicht einmal alle Apotheken mitmachen: „Es braucht ein Konzept, das mit jeder Apotheke funktioniert – egal, ob sie einen Shop hat oder nicht“, so Engels. Auch BD Rowa kriegt sein Fett weg. Es gebe gar keine sinnvolle Grundlage für deren Teilnahme: „Die Einbeziehung von Rowa in diesen Vorgang ist völlig sinnentleert.“

Seine Kritik ist jedoch noch grundlegender. Den letzten Wettbewerbsvorteil, den die Vor-Ort-Apotheken gegenüber dem Versandhandelsriesen Amazon noch hätten, würden die Projektpartner in Frankfurt aus der Hand geben: die Auslieferung über den Botendienst. „Ausgerechnet die Zustellung wird dort ausgelagert.“ Das könne nicht der richtige Weg sein. „Drittanbieter sind totaler Murks, da sollte man die Finger von lassen“, so sein kategorisches Urteil. Als Gegenbeispiel, wie man es besser machen sollte, präsentiert Engels natürlich sein eigenes Plattformkonzept Klick A, einen „Ein-Produkt-Warenkorb“, der in die Seite des Herstellers integriert werden kann, um einen Verkauf über die Vor-Ort-Apotheke zu ermöglichen. Dem hätten sich bis jetzt knapp 50 Hersteller angeschlossen, darunter Ratiopharm, Klosterfrau, Galderma, Pascoe und Orthomol. In 200 OTC-Produktwebseiten sei Klick A mittlerweile eingebunden.

Und, so Engels, es gebe dort keine Teilnahmebeschränkungen: „Bei uns kann jede deutsche Apotheke mitmachen“, verspricht er. Die erhalte dann ein Fax und kann Lieferungen dann selbst ausfahren. Dabei bleibt sie allerdings auf der Frage der Lieferkosten sitzen: Welchen Lieferpreis für den Botendienst sie vom Kunden abruft, kann und muss sie selbst entscheiden. Der Kunde sieht das im Vorfeld nicht; da seine Kontaktdaten mit an die Apotheke übermittelt werden, kann sie sich aber an ihn wenden und die Frage im Zweifelsfall selbst klären. Für Engels ist das kein Nach-, sondern ein Vorteil: „Das ist die Lebenswirklichkeit der Menschen. So muss es auch sein, wir wollen schließlich auch nicht in die Hoheit der Apotheken hineingrätschen.“

Die neue Kooperation von Sanofi, BD Rowa sowie Curacado (und darüber mittelbar den Wort & Bild Verlag) ist kein Bestandteil von Pro AvO, sondern ein eigenständiges Modellprojekt. Die 30 teilnehmenden Apotheken, allesamt Rowa-Kunden, versenden die Bestellung innerhalb von 120 Minuten und zwar für den Endkunden kostenfrei. Die Kosten tragen nicht die Apotheken, sondern die Kooperationspartner.

„Hintergrund war, dass Online-Kampagnen von Pharmaunternehmen in der Regel auf einen Versandhändler verlinken und nicht die Apotheken vor Ort integrieren. Viel besser wäre es aber, die Apotheken vor Ort zu stärken, die erstens durch ihre lokale Nähe und zweitens durch eine schnelle Zustellung die Dienstleistung kundenorientierter ausführen können“, so Curacado-Geschäftsführer Dr. Johann Kempe. Engels erwidert das mit einem weiteren Verweis auf das eigene Produkt: „Das gibt es doch schon längst, nur eben in cool.“

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