Rx-Boni

Düvels BonusBons verboten

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Berlin -

Nach dem EuGH-Urteil zu Rx-Boni ausländischer Versandapotheken haben viele damit gerechnet, dass auch hierzulande Apotheken an der Preisbindung rütteln würden. Bislang gibt es allerdings nur vereinzelte Fälle und Verfahren. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat den Wir-leben-Apotheken von Dirk Düvel jetzt seine „BonusBons“ im Wert von 50 Cent untersagt, wenn diese bei der Rezepteinlösung ausgegeben werden.

Düvel hatte den Kunden in seinen Apotheken den BonusBon für ihren Besuch ausgegeben. Die Bons wurden nicht nur beim Verkauf verschreibungspflichtiger Arzneimittel verteilt, aber eben auch bei der ausschließlichen Rezepteinlösung in der Apotheke. Die Apothekerkammer – in Niedersachsen auch Aufsichtsbehörde – hatte darin einen Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung gesehen und Düvel sein Kundenbindungssystem untersagt. Dagegen hatte der Apotheker geklagt.

Das Verwaltungsgericht Lüneburg (VG) hatte bereits zu Gunsten der Kammer entschieden. Der Kunde erhalte beim Kauf verschreibungspflichtiger Medikamente geldwerte Vorteile, die andernorts für dasselbe Mittel nicht gewährt würden. Das Modell verstoße gegen die Preisbindung. Diese sei auch verfassungsgemäß – daran habe auch das EuGH-Urteil nichts geändert.

Das OVG folgte dieser Argumentation: Die Arzneimittelpreisbindung sei nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit dem im Grundgesetz verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Der EuGH habe am 19. Oktober 2016 entschieden, dass der einheitliche Abgabepreis Versandapotheken im Ausland stärker beeinträchtige. „Dies berührt jedoch die Wirksamkeit und auch Anwendbarkeit der Regelungen über die Arzneimittelpreisbindung auf den innerdeutschen Verkauf von Arzneimitteln nicht“, heißt es Beschluss des OVG.

Die Gutscheine über 50 Cent würde ausschließlich die Treue der Kunden belohnen, hatte Düvel argumentiert. Die Ausgabe erfolge unabhängig davon, welche Produkte die Kunden erwerben würden. Das Einschreiten der Kammer sei zudem ermessensfehlerhaft, da die Boni unter der wettbewerbsrechtlichen Spürbarkeitsschwelle lägen.

Das OVG folgte dem nicht. Zwar hatte der Bundesgerichtshof (BGH) diese „Bagatellschwelle“ in einer Entscheidung im Jahr 2010 gesehen. Dieser Entscheidungspraxis habe der Gesetzgeber aber mit einer Klarstellung im Sommer 2013 die Grundlage entzogen. „Damit ist für eine an der wettbewerbsrechtlichen ‚Spürbarkeitsschwelle‘ orientierte ‚Eingriffsschwelle‘ kein Raum mehr“, heißt es im Beschluss. Die Verschärfung sei auch mit dem EuGH-Urteil nicht gegenstandslos geworden.

Der Zweck der Preisbindung wird laut OVG immer verletzt, wenn dem Kunden gekoppelt mit der Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels ein Vorteil gewährt werde. Anhaltspunkte für ein willkürliches oder systemloses Vorgehen der Kammer gegenüber Düvel vermochte das Gericht nicht festzustellen.

Düvel hatte auch moniert, dass die Kammer sofortige Vollziehung angeordnet hatte. Schließlich gibt er den Bonus nicht erst seit gestern. Die Aufsicht will aber erst neuerdings davon erfahren haben. Da es in der Kooperation Wir-leben bereits elf Apotheken gebe, sahen die Richter auch die Relevanz für einen sofortigen Vollzug. „Es ist dabei unerheblich, ob die derzeit ausgelobten Boni schon zu einer nachhaltigen Verzerrung des Wettbewerbs führen, da sie die Gefahr der Nachahmung und Überbietung durch andere Wettbewerber und damit einer letztlich nicht mehr zu kontrollierenden negativen Preisspirale bereits in sich tragen.“

Der von Düvel angeführte ruinöse Preiswettkampf mit ausländischen Versandapotheken finde in den Umsatzzahlen hingegen noch keinen Niederschlag. Dieser liege im Rx-Markt auch nach dem EuGH-Urteil bei 0,6 Prozent, wissen die Richter.

Das Landgericht Lüneburg hatte zu den Boni von Düvel noch anders entschieden. Dort wies die Kammer für Handelssachen im März den Antrag einer Konkurrentin auf einstweilige Verfügung ab. Die Kunden würden durch die Gutscheine nicht unsachlich bei der Wahl der Medikamente beeinflusst, hieß es. Doch nach dem Einschreiten der Kammer hatte sich Düvel mit der Kollegin verständigt und das Verfahren beigelegt.

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