Bayerische Verwaltungsgerichtshof

Richter entziehen „wahnhafter“ Apothekerin Approbation

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Berlin -

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat jetzt einer Apothekerin die Approbation entzogen, weil die schon von der Vorinstanz erhobenen „ernsthaften Zweifel“ an der Geeignetheit zur Ausübung des Berufs nicht ausgeräumt werden konnten. Die Apothekerin hatte offenbar im Notdienst die Ausgabe verschriebener Medikamente verweigert, weil sie aufgrund eines wahnhaften Erlebens davon ausging, dass die Menschen mit ihr „spielen“ würden. Gegen den Entzug der Approbation hatte die Apothekerin geklagt.

Die inzwischen über 63-jährige Apothekerin hatte 1982 ihre Approbation erworben. Sie betrieb, nachdem sie in einer Vielzahl von Apotheken als Angestellte tätig war, von Januar 1998 bis zur Insolvenz im Jahr 2004 eine Apotheke. Zuletzt war sie im Regierungsbezirk Schwaben tätig und übte den Beruf als Apothekerin seit dem Jahr 2009 nicht mehr aus. Im Januar 2014 hörte die zur damaligen Zeit zuständige Regierung von Schwaben die Apothekerin zum beabsichtigten Erlass einer Anordnung des Ruhens der Approbation an und verwies auf eine ärztliche Stellungnahme des Gesundheitsamtes. Danach leide die Apothekerin an einer „paranoiden Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis mit inhaltlicher Denkstörung“. Die Apothekerin hatte berichtet, dass im Notdienst mehrfach mit ihr „gespielt“ worden sei und sich Anrufer am Telefon Probleme ausgedacht und „Verstehen Sie Spaß?“ mit ihr gespielt hätten.

Darauf reagierten die Anwälte der Apothekerin mit einem Gegengutachten. Danach habe bei der Apothekerin zum Untersuchungszeitpunkt keine eindeutige produktive psychotische Symptomatik vorgelegen. Es bestehe eine auffällige zwanghafte Persönlichkeitsstruktur. Bei der Klägerin sei bislang keine psychiatrische Diagnostik und Behandlung durchgeführt worden, so dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur der Verdacht auf eine paranoide Schizophrenie geäußert werden könne. Daraufhin verlangte die Regierung von Schwaben von der Apothekerin, ein fachpsychiatrisches Gutachten bezüglich der gesundheitlichen Eignung zur Ausübung des Apothekerberufs vorzulegen.

Das Gutachterin kam zu folgendem Ergebnis: Differentialdiagnostisch könne eine sich seit dem Jahr 2008 entwickelnde anhaltende wahnhafte Störung in Erwägung gezogen werden. In einem späteren Ergänzungsgutachten hieß es dann: Die erheblich eingeschränkte Stresstoleranzfähigkeit sowie die sozialen Defizite führten zu einer Einschränkung der Berufsausübung als Apothekerin in der Form, dass die Apothekerin für Tätigkeiten, die Kundenkontakt oder Teamarbeit erforderlich machten, sowie für Tätigkeiten nicht geeignet sei, die unter Zeitdruck und einer erhöhten Anforderung an Stressbewältigungsstrategien erfolgten. Für Tätigkeiten in der Berufsausübung als Apothekerin, die keine wesentlichen sozialen Kontakte erforderten und nicht mit erhöhten Stresssituationen einhergingen, wäre die Klägerin hingegen geeignet.

Im Januar 2015 ordnete die zuständige Regierung von Oberbayern nach erneuter Anhörung der Apothekerin dennoch das Ruhen ihrer Approbation an. Dagegen klagte die Apothekerin. Das Verwaltungsgericht München forderte ein weiteres Gutachten an, dass zu folgendem Schluss kam: Diagnostisch sei bei der Apothekerin von einer „wahnhaften Störung“ auszugehen. Es sei aus psychiatrischer Sicht problematisch, dass die Apothekerin Patienten, welche die Apotheke aufgesucht hätten, in ihre wahnhaften Überzeugungen zum Teil miteinbezogen habe. Es sei zu befürchten, dass die Klägerin unter Zeitdruck und Stress auftretende Schwierigkeiten mit Kunden wahnhaft verarbeite und nicht mehr mit der im Apothekerberuf erforderlichen Sorgfaltspflicht und Umsicht handele. Aus psychiatrischer Sicht sei die Klägerin daher in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Apothekerberufs nicht geeignet. Daher wies das VG München die Klage der Apothekerin gegen den Entzug der Approbation ab.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigte jetzt den Entzug der Approbation. Die Anwälte der Klägerin brachten vor, dass damit letztlich das Grundrecht der Berufsfreiheit verletzt werde. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für Apotheker würden vor Erteilung der Approbation und vor Erteilung der Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke nach Apothekergesetz (ApoG) geprüft. Das bedeute, dass es sich nach der Bundes-Apothekerordnung um eine andere inhaltliche gesundheitliche Prüfung handeln müsse als nach dem Apothekengesetz. Es könnten mithin Personen eine Approbation haben, die gesundheitlich nicht geeignet seien, eine Apotheke zu betreiben.

Aus Sicht des VGH rechtfertigt das aber keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Klageabweisung. Die Klägerin zeige mit der lediglich abstrakten Darlegung von Unterschieden, die aus ihrer Sicht für die gesundheitliche Eignung bei der Erteilung einer Approbation als Apotheker und bei der Erteilung einer Apothekenbetriebserlaubnis bestünden, nicht auf, dass das Verwaltungsgericht die hier maßgebenden gesundheitlichen Anforderungen rechtsfehlerhaft bestimmt hat. Im Übrigen treffe die Auffassung der Apothekerin nicht zu, es gebe auch andere Berufe, die zum Führen einer Apotheke berechtigen.

Zudem hatten die Anwälte der Apothekerin vorgebracht, die Gutachter seien unkritisch davon ausgegangen, „wahnhafte Vorstellungen der Klägerin zeigten sich auch daran, dass sie davon ausgehe, im Notdienst sei mehrfach mit ihr ‚gespielt‘ worden.“ Insoweit hätten sich weder die Gutachter noch die Behörden damit auseinandergesetzt, dass es wirklich sogenannte „Testkunden“ zur Überprüfung von Apotheken und der Einhaltung der Regeln zur Medikamentenabgabe gebe. Sie hätten von der Angabe der Apothekerin, dass es Testkunden gebe, auf einen Wahn geschlossen. Auch diese Argumentation überzeugte die Richter nicht. Denn der Umstand, dass Apotheken tatsächlich von „Testkunden“ aufgesucht würden, gebe keinen Anlass, das eingeholte psychatrische Gutachten in Frage zu stellen.

 

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