Rabattverträge

Lieferprobleme: TK überrumpelt Apotheken

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Berlin -

Lieferengpässe in den Apotheken werden nach Ansicht der Techniker Krankenkasse (TK) überschätzt. Um die Debatte zu beenden, schwebt der Fachabteilung in Hamburg ein neues Modell vor: Der aktuelle Status der Rabattpartner soll über die TK in die Apotheken-EDV eingespielt werden. Was dann als defekt gemeldet ist, muss nicht belegt werden. Hat der Hersteller dagegen keine Probleme gemeldet, muss die Apotheke das Präparat irgendwie beschaffen.

Die Kritik, dass Defekte einzelner Rabattpartner die Versorgung der Versicherten gefährden, lässt die Kasse nicht gelten: „Wir sehen, dass Lieferunfähigkeiten im Markt nur eine sehr geringe Rolle spielen“, sagt Tim Steimle, Fachbereichsleiter Arzneimittel bei der TK. „Nur 3,8 Prozent aller Packungen bei der TK müssen aus diesen Gründen ausgetauscht werden.“

Durch „gutes Liefercontrolling“ komme bei der TK im Vergleich zu anderen Kassen ein Austausch seltener vor. Steimle räumt ein, dass Apotheken retaxiert werden, wenn sie auf ein anderes Arzneimittel ausweichen, obwohl doch eines unter Rabattvertrag zur Verfügung gestanden hätte.

Im Vorfeld des Deutschen Apothekertags (DAT) in München präsentiert seine Kasse einen Vorschlag, wie das Problem scheinbar entschärft werden könnte. „In den vergangenen Tagen wurde seitens der Apothekerschaft kritisiert, dass sie gleich bei mehreren Großhändlern nachfragen müssen, ob ein Arzneimittel lieferbar ist. Hier wollen wir den Prozess vereinfachen und bieten an, die Informationen über Lieferunfähigkeiten unserer Rabattvertragspartner in die Apothekensoftware einzuspielen.“

Die Apotheken müssten dann für diese Präparate keine Nachweise über die Lieferunfähigkeit mehr erbringen, was eine deutliche Arbeitserleichterung wäre. „Und die TK würde diese Verordnungen nicht retaxieren“, so Steimle.

Der Vorschlag hätte, sofern er denn umgesetzt würde, für die Apotheken einen entscheidenden Nachteil: Die Kasse würde definieren, wann ein Lieferengpass vorliegt. Wenn die Ware beim Großhandel nicht vorrätig ist, gilt das Sonderkennzeichen nicht. Was nicht von der Kasse als Engpass definiert wurde, muss von der Apotheke beschafft werden.

Anfang des Jahres hatte zunächst die DAK-Gesundheit für Schlagzeilen gesorgt, weil sie Defektbelege von Großhändlern nicht anerkannte. Im März lenkte die Kasse ein und kündigte an, auch eine Bestätigung des Großhändlers zu akzeptieren. Bis dahin hatte die Kasse darauf bestanden, dass ein Ausfall des Herstellers bestätigt wurde.

Im Sommer preschte die AOK Rheinland/Hamburg mit „Schattenretaxierungen“ in Sachen Nichtverfügbarkeit von Arzneimitteln vor: Die Kasse verlangte von den Apothekern entweder einen direkten Beleg des Herstellers oder eine doppelte Bestätigung von zwei Großhändlern.

Die AOK hatte nach eigenen Angaben die Abrechnungsdaten für das vierte Quartal 2015 analysiert und einen Abgleich zwischen den Defektmeldungen der Hersteller und verwendeten Sonder-PZN vorgenommen. Dabei sei aufgefallen, dass die von Apotheken für den Abgabezeitpunkt gesetzten Sonderkennzeichen „nicht immer deckungsgleich“ mit den Defektmeldungen oder Zeiträumen des pharmazeutischen Unternehmers waren, so die AOK.

Die Idee dazu stammte von der TK, die mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) bereits über den Umgang mit Defekten verhandelt hat. Aus Sicht der Kassen muss der Apotheker in jedem Fall einen Lieferauftrag bei seinem Großhändler auslösen – auch wenn schon klar ist, dass eine Lieferung nicht erfolgen kann. Nur so lässt mit dem zum Auftrag gehörenden Lieferschein mit der negativen Antwort des Großhändlers der exakte Zeitpunkt des Defekts dokumentieren. Mit diesen Defekt-Nachweisen kann die Kassen dann den Hersteller konfrontieren. Das sei insbesondere für Rabattarzneimittel relevant, heißt es im Kassenlager. Denn dann geht es um etwaige Vertragsstrafen.

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