Pforzheimer Zeitung zu AvP-Pleite

Pro/Contra: Staatshilfe für Apotheker APOTHEKE ADHOC, 02.10.2020 13:22 Uhr

In der Pforzheimer Zeitung diskutieren zwei Redakteure über Pro und Contra. Ein Apotheker hat sich prompt eingemischt. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Soll der Staat Apotheken retten, die von der AvP-Insolvenz betroffen sind? Diese Frage beschäftigt nicht nur die Politik, sondern auch die Medien. In der Pforzheimer Zeitung diskutieren zwei Redakteure über Pro und Contra. Ein Apotheker hat sich prompt eingemischt.

„Die Versorgung der Bevölkerung mit Arznei steht auf der Kippe“, argumentiert Christoph Stäbler. Mehr als 3000 Apotheken seien nach der AvP-Insolvenz selbst von der Pleite bedroht. „Aus gesundheitspolitischer Sicht wäre das ein Fiasko.“ Er sieht die Politik in der Pflicht, auch Druck auf die EU-Kommission auszuüben, um schnell eine staatliche Hilfe für die Apotheken zu ermöglichen. Sonst drohe eine lange Verzögerung.

Zwar zeigten sich Großhändler und Banken bislang rücksichtsvoll, weiß Stäbler. „Aber es geht nicht nur um ein paar Euros, sondern insgesamt eben um 30 Millionen Euro – rund 100.000 Euro fehlen jeder Apotheke.“ Ohne Staatshilfe seien tausende Arbeitsplätze gefährdet und die Arzneimittelversorgung stehe auf der Kippe. Wenn Fußballvereinen in der Coronakrise vom Staat profitieren können, sollte die Politik auch die „wirklich systemrelevanten Apotheken“ unterstützen, findet Stäbler.

Sein Redaktionskollege Michael Schenk hält dagegen: Auch sein erster Gedanke sei gewesen, dass man der Branche helfen müsse – schließlich sei sie mindestens so systemrelevant wie „Finanzblasen produzierende Banken“. Es gehe ihm auch nicht darum, die Bedeutung der „Medikamentenhändler“ zu schmälern. „Aber kann sich die Branche nicht selbst aus der Bredouille befreien, in die sie seltsamerweise eine Art Finanzdienstleister gebracht hat?“

Schließlich sei der Handel mit Gesundheitsprodukten lukrativ, und Apotheken seien in der Regel kreditwürdig. Wer ausfallende Einnahme habe, der gehe üblicherweise zur Bank und hole sich einen Überbrückungskredit. „Wohlgemerkt, es geht um ein gescheitertes Geschäftsmodell und nicht um die Pandemie-Problematik.“ Die Branche könne sich selbst helfen und für Apotheken ohne Rücklagen einen solidarischen Hilfsfonds auflegen, so Schenk. Anderenfalls müsste nämlich auch der maroden AvP geholfen werfen.

Die Reaktion auf den Artikel ließ nicht lange auf sich warten: Nikolaus Guttenberger von Hufeland-Apotheke in Essen schrieb den Contra-Redakteur an und wies ihn darauf hin, dass Apotheken verpflichtet seien, über ein Rechenzentrum abzurechnen – dies komme der Versichertengemeinschaft zugute. Die gesetzliche Marge der Apotheken reiche aber gar nicht aus, um die sich daraus ergebenden Risiken bei der Abrechnung abzubilden. Gerade deshalb seien die Rechenzentren ja der Aufsicht der Bafin unterstellt.

Es handele sich beim Ausfall auch nicht um das Honorar der Apotheken, führt der Apotheker weiter aus. Somit liege der Schaden deutlich höher – keine einzige Apotheke in Deutschland sie in der Lage, die Medikation von Versicherten aller Krankenkassen zu verschenken. „Dies ist ein Vielfaches des jährlichen Betriebsergebnisses. Also gehen alle insolvent.“

Guttenberger erinnert daran, dass die Apotheken nicht wegen eines betriebswirtschaftlichen Fehlers, sondern in der Konsequenz des staatlich vorgeschriebenen – und offenbar unzureichend kontrollierten – Systems in die Notlage geraten seien. Daher stelle sich die Frage, wer den Job überhaupt noch machen werde, wenn der Staat nicht eingreife und die Dinge ordne. „Wenn Versichertengelder einfach so verschwinden können, und dann auch noch dem Leistungserbringer aufgebürdet werden, in Form einer rückwirkenden Totalenteignung seiner Lebensleistung, wer möchte dann Leistungserbringer sein?“