Arzneimittelfälschungen

BMG verteidigt Reimporte

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Berlin -

Bei Apothekern sind Reimporte unbeliebt. Die Packungen aus dem Ausland sind oft nicht lieferbar, stehen grundsätzlich unter Fälschungsverdacht, und die Quote wollen die Pharmazeuten schon lange abschaffen. Auch zum Deutschen Apothekertag (DAT) gibt es wieder entsprechende Anträge. Im Bundesgesundheitsministerium (BMG) sieht man aber kein Problem: Die Reimporteure unterlägen den gleichen Anforderungen wie jeder andere Großhändler.

Der Vorsitzende der Basis-Apotheker Westfalen-Lippe hatte sich mit einer schriftlichen Anfrage zum Thema Arzneimittelfälschungen bei Parallelimporten an das BMG gewandt. Darin äußerte Müller erhebliche Zweifel, ob Parallelimporte wegen offenbarer Schwierigkeiten mit der Guten Herstellungspraxis und den anerkannten pharmazeutischen Regeln als ordnungsgemäß hergestellt gelten und damit als verkehrsfähig angesehen werden könnten.

Um die Arzneimittelsicherheit zu stärken, bat Müller Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) darum, die Verpflichtung zur Verschreibung von Importen für Kassenärzte und die zur Abgabe von Importen für Apotheker zu überdenken. Zudem dürfte der Aufwand, der in diesem Zusammenhang betrieben werde, die Einspareffekte inzwischen deutlich übersteigen, argumentierte er. Mit den Festbeträgen, den Rabattverträgen und den Herstellerrabatten gebe es inzwischen andere Instrumente zur Kostendämpfung für die Krankenkassen.

In dem Antwortschreiben aus dem BMG hieß es zwar, dass grundsätzlich auch über den Parallelimport oder den Parallelvertrieb aus dem EU-Ausland gefälschte Arzneimittel wieder in die legale Vertriebskette eingeschleust werden könnten. Nichtsdestotrotz hätten Parallelhändler die Sorgfaltspflicht, die notwendige Erlaubnis des Lieferanten sowie die bezogenen Arzneimittel zu überprüfen.

Einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Importquote und dem Inverkehrbringen von gefälschten Arzneimitteln vermöge man nicht zu sehen, heißt es in dem BMG-Schreiben. Das Nähere zur Abgabe importierter Arzneimittel hätten der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband (DAV) im Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung festzulegen: Es sei deren Angelegenheit, bei der Vereinbarung der Importquote die Marktsituation zu berücksichtigen.

Im Rahmenvertrag ist die Höhe der Quote geregelt. Die Apotheker wollen aber auch die gesetzliche Grundlage abschaffen. Der Apothekerverband Rheinland-Pfalz sowie Kammer und Verband Bayern wollen die Importquote auf dem Deutschen Apothekertag (DAT) in München thematisieren: Sie haben einen Antrag gestellt, um die Importregelung zu kippen. Der entsprechende Paragraf im Sozialgesetzbuch (SGB V) soll demnach ersatzlos gestrichen werden. Ein ähnlicher Antrag aus Berlin und Nordrhein war im vergangenen Jahr abgelehnt worden.

Die Diebstahlsfälle im In- und Ausland zeigten überdeutlich, dass Importe bedauerlicherweise zu einer erheblichen Gefahrenquelle geführt hätten, heißt es in der Begründung des aktuellen Antrags. Gefälschte Arzneimittel seien auf diese Weise in den legalen Vertriebsweg eingeschleust worden.

Arzneimittel mit zweifelhafter Herkunft stellen aus Sicht der Antragsteller ein erhebliches Sicherheitsrisiko bei der Arzneimittelversorgung dar und „öffnen der organisierten Kriminalität Tür und Tor“. Die Verunsicherung der Patienten sei groß: Sie könnten sich nicht mehr darauf verlassen, dass der Bezugsweg für Arzneimittel über die Apotheken hundertprozentige Sicherheit gewährleiste.

Die Importquote habe sich ohnehin überlebt, argumentieren Kammer und Verbände. Die wirtschaftliche Notwendigkeit, die zu der Einführung der Importverpflichtung geführt habe, bestehe nicht mehr, da die Krankenkassen mit den Rabattverträgen über weitaus effektivere und gleichzeitig sichere Steuerungsinstrumente verfügten.

Der Apothekerverband Rheinland-Pfalz fordert außerdem in zwei weiteren Anträgen, dass Reimporteure die Herkunft der Arzneimittel lückenlos dokumentieren und das Projekt Securpharm auch zur Verifikation von Reimporten eingesetzt wird. Importierte Arzneimittel sollen aus Sicht des Verbands nur dann in Deutschland verkehrsfähig sein, wenn die Herkunft dokumentiert und der Originalhersteller verifizierbar ist.

Müller hatte 39 Parallel- und Reimporteure um eine Bestätigung gebeten, dass sämtliche Chargen aller von ihnen in Verkehr gebrachten Arzneimittel nicht aus illegalen Bezugsquellen stammen. 23 Bestätigungen liegen ihm inzwischen vor. Ein Importeur reagierte allerdings mit einer Abmahnung: Müller wird rechtswidriges und geschäftsschädigendes Verhalten vorgeworfen.

Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg weist derweil darauf hin, dass die Importquote nicht nur überholt, sondern zunehmend gefährlich sei. Der Reimport berge generell das Risiko, dass benötigte Arzneimittel stellenweise nicht verfügbar seien, so Verbandsvize Christoph Gulde.

Patienten seien außerdem verunsichert, weil die Packungen oft so aussähen, wie man sich ein Medikament aus der Apotheke eben gerade nicht vorstelle. „Wir holen uns über diesen Weg Gefährdungspotenzial für unsere Patienten in die Apotheken“, so Gulde. Die sichere Versorgungskette werde angreifbar und zum Einfallstor für kriminelle Machenschaften.

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