Salbengrundlagen

Neuer Emulgator – neue Inkompatibilitäten Alexandra Negt, 29.04.2020 07:58 Uhr

Aktuell heißt es wieder „kaltrühren“ in der Rezeptur. zwei Grundlagen sind seit längerem nicht mehr vorgefertigt zu beziehen. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Die beiden Salbengrundlagen „Nichtionische hydrophile Creme SR DAC“ und „Nichtionisches wasserhaltiges Liniment DAC“ sind seit Wochen nicht lieferbar. Hintergrund ist die Nichtverfügbarkeit des enthaltenen Komplexemulgators „Nichtionische emulgierende Alkohole DAC“. Aktuell müssen Apotheken die Salbengrundlagen selbst herstellen. Als Emulgatoralternative eignet sich Macrogol-20-cetylstearylether. Durch diese Änderungen ergeben sich – je nach Rezeptur – neue Inkompatibilitäten.

Das Herstellen von Salbengrundlagen kostet viel Zeit. Die meisten Apotheken beziehen daher vorgefertigte Produkte über den Großhandel oder direkt vom Hersteller. Neben dem zeitaufwendigen „Kaltrühren“ birgt auch jede Herstellung die Gefahr des „Brechens“: Je mehr Wasser eine Grundlage enthält, desto höher ist häufig das Risiko der Phasentrennung. Aktuell sind zwei Grundlagen nicht lieferbar: das wasserreiche „Nichtionische wasserhaltige Liniment DAC“ und die „Nichtionische hydrophile Creme SR DAC“. Beide Zubereitungen enthalten nichtionische emulgierende Alkohole – dieser Rohstoff fehlt aktuell, sodass Hersteller wie Caelo, Fagron & Co. die Bulkware nicht mehr ausliefern können. Für den verwendeten Komplexemulgator zeichnet sich seit längerem ein Lieferdefekt ab.

Um den Apotheken ausweichende Herstellungsvorschriften anbieten zu können, hat das NRF in den letzten Monaten Alternativen geprüft. Als gleichwertig hat sich als hydrophile Komponente der Emulgator Macrogol-20-cetylstearylether erwiesen. Das NRF hat die Bezugsquellen geprüft und verweist darauf, dass mehrere Unternehmen diesen Rohstoff in Arzneibuchqualität produzieren. Als Reaktion auf den Lieferdefekt der nichtionischen emulgierenden Alkohole planen die Hersteller und Lieferanten, Macrogol-20-cetylstearylether bald selbst zu verarbeiten und in apothekengerechten Mengen anzubieten.

Ersatz durch Macrogol-20-cetylstearylether

Können weder die fertigen Grundlagen noch der eigentlich eingesetzte Emulgator bezogen werden, so kann der Komplexemulgator durch die Komponenten Macrogol-20-cetylstearylether und Cetylstearylalkohol ersetzt werden. Emulgatormenge und Herstellungsschritte bleiben hierbei identisch. Das NRF möchte die Austauschbarkeit mit der nächsten Ergänzungslieferung schriftlich festhalten und für beide Cremegrundlagen und einige Rezepturvorschriften realisieren. Die generelle Möglichkeit zum Austausch bestehe jedoch ab sofort und könne für Rezepturen, Defekturen, Bulkware und Rezepturkonzentrate angewendet werden, so das NRF.

Macrogolanteil

Bei Macrogol-20-cetylstearylether handelt es sich um Polyethylenglycol-glycerin-monostearat, kurz PEG-20. Durch die Änderung des Emulgators enthalten die Grundlagen „Nichtionische hydrophile Creme SR DAC“ und „Nichtionisches wasserhaltiges Liniment DAC“ nun einen Macrogolanteil. Werden phenolische Wirkstoffe in die Grundlage mit nichtionischen Emulgatoren vom PEG-Typ eingearbeitet, so kann es zur Verflüssigung der Grundlage kommen. Die Hydroxylgruppe des Phenols geht elektrostatische Wechselwirkungen mit Estern ein, wodurch es zum Brechen der Emulsion und folglich zu einem Wirkverlust kommen kann. Diese Risiken sind häufig nur theoretisch beschrieben, wirkliche Prüfungen zu diesen Annahmen liegen nur im Einzelfall vor. So sind beispielsweise Inkompatibilität zwischen Emulgatoren mit Macrogol-Teilstruktur und Triclosan bekannt – hier führt die Kombination nach einigen Wochen zu einer instabiler Zubereitung.

Nichtionische hydrophile Creme SR DAC

Diese Salbengrundlage eignet sich gut zur Einarbeitung von kationisch oder anionisch wirkenden Arzneistoffen wie zum Beispiel Oxytetracyclin oder Chlorhexidin. Diese Arzneistoffe können nicht mit anionischen Grundlagen verarbeitet werden, da es zur Komplexbildung kommen könnte. Generell gilt: Durch eine Wechselwirkung zwischen Kationen und Anionen bilden sich Salze, die normalerweise eine schlechtere Löslichkeit als die Ausgangsstoffe zeigen. Dadurch es kommt zu Ausfällungen und einem Wirkungsverlust.

Kann diese Grundlage nicht fertig bezogen werden, so muss sie per Hand in der Rezeptur hergestellt werden. PTA und Apotheker können direkt größere Mengen als Bulkware herstellen. Hierfür werden die Emulgatoren zusammen mit dem Glycerol bei 75 °C auf dem Wasserbad erwärmt. In einem Becherglas wird parallel das Konservierungsmittel hergestellt: Kaliumsorbat und Zitronensäure werden in gereinigtem Wasser mit einem Überschuss von ungefähr 15 Prozent der Wassermenge) unter Rühren erwärmt. Die hydrophile Phase wird anteilig in die Fantaschale überführt und bis zum Erkalten gerührt.

100g Nichtionische hydrophile Creme SR DAC enthalten folgende Bestandteile:

Nichtionische emulgierende Alkohole DAC 21 g
2-Ethylhexyllaurat 10 g
Glycerol 85 % 5 g
Kaliumsorbat 0,14 g
Wasserfreie Citronensäure 0,07 g
Gereinigtes Wasser 63,79 g

Nichtionisches wasserhaltiges Liniment DAC

Auch diese Salbengrundlage eignet sich gut um kationisch oder anionische wirksame Arzneistoffe einzuarbeiten. Aufgrund des hohen Wasseranteils lässt sich Liniment leicht auf die betroffenen Hautstellen auftragen und zieht gut ein. Die wasserreiche O/W-Emulsion kann zur kutanen Anwendung als Grundlage zur Einarbeitung von Arzneistoffen besonders im akuten Erkrankungsstadium eingesetzt werden. Das NRF enthält eine Metronidazol-Rezeptur mit dieser Grundlage (NRF 11.91.).

100g Nichtionisches wasserhaltiges Liniment DAC enthalten folgende Bestandteile:

Nichtionische emulgierende Alkohole 10,5 g
2-Ethylhexyllaurat 5,0 g
Glycerol 85 % 2,5 g
Kaliumsorbat 0,14 g
Wasserfreie Citronensäure 0,07 g
Gereinigtes Wasser 81,79 g

Basiscreme als Vergleich

Die Basiscreme DAC ist als Grundlage für zahlreiche Wirkstoffe geeignet. Die Rezeptur enthält keine Konservierungsstoffe. Dadurch, dass keine Stoffe wie Sorbinsäure verarbeitet sind, können auch säureinstabile Wirkstoffe wie Clotrimazol in der Grundlage verarbeitet werden. Ein Problem der gut verträglichen Grundlage aus Rezeptursicht sind die enthaltenen Macrogole: Basiscreme DAC enthält mit Macrogol-20-glycerolmonostearat ein nichtionisches Tensid mit Macrogol-Teilstruktur. Diese Stoffe können ab einer gewissen Kettenlänge bestimmte phenolische Stoffe durch Nebenvalenzbindungen inaktivierten – der einzuarbeitende Arzneistoff der Rezeptur verliert mitunter seine Wirksamkeit. Eignet sich Basiscreme DAC nicht als grundlage für eine Rezeptur aufgrund des Macrogolanteils, so haben Apotheker und PTA häufig die oben genannten Grundlagen als Alternative verwendet. Durch den wechsel des Emulgators ist dies jedoch nicht mehr uneingeschränkt möglich – unter Umständen müssen neue Plausibilitätsprüfungen gemacht werden und es muss auf eine andere Salbengrundlage ausgewichen werden.

100g Basiscreme enthalten folgende Bestandteile:

Glycerolmonostearat 60 – 4 g
Cetylalkohol – 6 g
Mittelkettige Triglyceride – 7 g
Weißes Vaselin – 25,5 g
Macrogol-20-glycerolmonostearat – 7 g
Propylenglycol –10 g
Gereinigtes Wasser – 40 g