Schulungsbedarf für Apotheken

Narkolepsie: Jahre bis zur Diagnose Alexandra Negt, 09.09.2020 07:50 Uhr

Bei Narkolepsie sind Coffein & Co. keine Lösung – in der Apotheke sollte auf geeignete Therapievarianten hingewiesen werden. Foto: Kite_rin/shutterstock.com
Berlin - 

Die Narkolepise ist eine Schlafstörung, die zu den Hypersomnien gezählt wird. Schätzungsweise drei von 10.000 Menschen sind von dieser Erkrankung betroffen. Häufig kommt sie nicht vor. Dennoch bedeutet die Diagnose Narkolepsie für die meisten Betroffenen eine komplette Lebensumstellung. Nicht selten führt die Diagnose, die oftmals erst nach Jahren gestellt wird, zu einem Jobwechsel und sozialen Isolation. Die Beratung in der Apotheke kann Patienten auf ihrem Weg zum „neuen Alltag“ unterstützend begleiten. 

Mitten am Tag einschlafen – das gehört für Narkolepsie-Patienten zum Alltag. Zum Teil müssen die Patienten auf Autofahren verzichten und ihren Führerschein abgeben. Auch im Berufsleben kann es zu so massiven Einschränkungen kommen, dass der Job nicht weiter ausgeübt werden kann. Innerhalb der Pressekonferenz von Jazz Pharmaceuticals unter dem Motto „Wacher durch den Tag“ wurde die Bedeutung einer individuell angepassten Therapie bei exzessiver Tagesschläfrigkeit deutlich.

Das Unternehmen mit Hauptsitz in Irland hat sich die Entwicklung von Wirkstoffen zur Behandlung von Schlafkrankheiten zum Schwerpunkt gesetzt. Neben dem neu eingeführten Sunosi (Solriamfetol) gehört auch Xyrem (Natriumoxybat) zum Portfolio. In den USA ist überdies ein drittes Medikament zur Behandlung der Narkolepsie zugelassen. Xywav enthält neben Natriumoxybat noch Calcium-, Magnesium und Kaliumionen. In den USA sei das Unternehmen nach eigenen Aussagen führend in der Schlafmedizin. Viele Mitbewerber gäbe es aufgrund der geringen Erkrankungszahlen nicht.

Mit Sunosi hat das Unternehmen eine neue Therapie zur Verbesserung der Wachheit und Reduktion übermäßiger Schläfgrigkeit während des Tages bei Patienten mit Narkolepsie und obstruktiver Schlafapnoe auf den Markt gebracht. Es enthält den Wirkstoff Solriamfetol, dieser gehört zur Gruppe der Psychoanaleptika. Genauer gesagt handelt es sich um einen dualen, selektiven Dopamin- und Noradrenalin Wiederaufnahmehemmer. Bei den meisten Patienten ist eine einmal tägliche Gabe von 75 mg oder 150 mg indiziert. Die Einnahme sollte morgens, direkt nach dem Aufstehen erfolgen. Reicht die Dosierung von 75 mg nicht aus, so kann der Patient die höhere Dosierung von 150 mg pro Tablette ausprobieren. Eine Erhöhung der Wirkstoffmenge sollte in enger Absprache mit dem Arzt stattfinden und frühestens nach drei Tagen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Kopfschmerzen, Übelkeit und verminderter Appetit.

Neben der exzessiven Tagesschläfrigkeit leiden Betroffene unter Kataplexien, hypnagogen und hypnopompen Halluzinationen, Schlaflähmungen und fragmentierten Nachtschlaf. Es kann auch zu automatischen Handlungen kommen. Eine Betroffene erklärt das Symptom im Rahmen des Pressegespräches wie folgt: „Es ist, als ob mein Körper schon wach ist, mein Kopf aber noch schläft. Genau dieses Verhalten kann gefährlich werden, zum Beispiel wenn ich mich im Straßenverkehr befinde.“ Die Patientin hat hierfür ihren Hund. Das Tier beschützt sie in brenzligen Situationen. „Einmal hat mein Hund mich von der Straße weggezogen und mich in Sicherheit gebracht.“ Das Tier gibt ihr Sicherheit. Je nach Ausprägung der Erkrankung haben Personen mit Narkolepsie Anspruch auf einen Assistenzhund. Diese speziell ausgebildeten Narkolepsiewarnhunde bemerken eine Schlafattacke bereits vor dem Eintreten.

Die Betroffene berichtet, dass es bei ihr Jahre gedauert habe, bis die Diagnose stand. Zahlreiche Ärzte erkannten die Krankheit nicht und schickten sie von Facharzt zu Facharzt. „Und als die Diagnose feststand, stand ich alleine dar. Keiner wusste so wirklich über die Erkrankung Bescheid.“ Auch in der Apotheke konnte sie kaum Antworten auf ihre Fragen finden, da die Erkrankung so selten ist. Als Patientin würde sie sich wünschen, dass die Krankheit bekannter wird und dass Menschen mit Narkolepsie ernst genommen werden. „Wir sind nicht einfach nur müde“, betont sie. Hilfe fand sie in Selbsthilfegruppen. Dort lernte sie ihre Krankheit besser zu verstehen und den Alltag besser zu meistern.

Die Apotheke kann bei Vorlage eines Rezeptes über Sunosi & Co. einige wertvolle Tipps geben. Auch Patienten, die Rat aufgrund anhaltender Müdigkeit und Schlafattacken suchen, könnten auf das Thema Narkolepsie angesprochen werden. Eine ärztliche Abklärung sollte auf jeden Fall empfohlen werden. Bei einer obstruktiven Schlafapnoe besteht zusätzlich ein kardiovaskuläres Risiko. Neben einer medikamentösen Therapie besteht hier auch die Möglichkeit einer nächtlichen Behandlung mit Sauerstoff. Eine Gewichtsreduktion und spezielle anatomische Therapie können den Betroffenen helfen die Beschwerden zu mildern. Hierfür werden spezielle Kurse angeboten. Kaffee und coffeinhaltige Lebensmittel werden von Betroffen insbesondere vor der Diagnosestellung häufig in großen Mengen konsumiert. Coffein habe kaum einen Effekt und würde sich in den hohen Mengen eher negativ auf den Organismus auswirken, erklärt Professor Dr. Geert Mayer, Chefarzt an der Hephata Klinik in Marburg. Die Teilnahme an Selbsthilfegruppen, egal ob als Präsenz- oder Onlinekonzept, würde den meisten Betroffenen helfen ihre Erkrankung zu akzeptieren und den Alltag besser zu meistern.