Antidiabetika

Januvia/Janumet: Pharma-Mall ist dicht Nadine Tröbitscher, 26.10.2018 08:10 Uhr

Berlin - 

MSD Sharp & Dohme hat den Direktvertrieb für die Antidiabetika Janumet (Metformin/Sitagliptin) und Januvia (Sitagliptin) vor einigen Monaten erst eingeschränkt und dann schließlich eingestellt. Zwar wurde der Großhandel beliefert, aber viele Apotheken klagen über Defektmeldungen der Großhändler. Was also tun, wenn die Patienten die Arzneimittel benötigen?

„Liebes Apothekenteam, aufgrund eines Kapazitätsengpasses sehen wir uns gezwungen, den Direktverkauf von Januvia und Janumet leider bis auf weiteres einzustellen“, schreibt MSD Sharp & Dohme im Webshop. Seit August ist dieser dicht, darüber hatte der Konzern mit Sitz in Haar die Apotheker informiert. „Parallel dazu haben wir selbstverständlich den pharmazeutischen Großhandel mit Januvia und Janumet bestückt.“ Und zwar zu 100 Prozent, versichert Christian Glatt, Head Trade Affairs.

Die 100 Prozent beziehen sich auf den ermittelten Bedarf der Patienten, der anhand der Verordnungen – sowohl zu Lasten der Kassen als auch privaten Krankenversicherungen – errechnet wurde. Zusätzlich werde ein Puffer für einen möglichen Mehrbedarf produziert. Aus diesem Puffer kann in Notfällen Ware generiert werden. Dies kann der Fall sein, wenn der Großhandel nichts mehr liefern kann, wie es derzeit der Fall ist.

Dieser Notfall ist bereits bei etwa 500 bis 600 Apotheken eingetreten. Die Apotheker haben sich bei MSD direkt gemeldet und konnten in Haar ihre Bestellungen aufgeben und wurden auch entsprechend beliefert. Für den Hersteller und die Apotheker ein erheblicher Mehraufwand, mit dem niemand glücklich ist.

Die Großhandelsbestellung sei für alle der einfachere Weg, heißt es von MSD. „Wir wollen keine Direktbestellung. Wir können bestenfalls zum nächsten Tag liefern, der Großhandel liefert noch am gleichen Tag und das mehrmals täglich. Wir wollen den Vertriebsweg nicht ändern, denn Logistik ist nicht unser Thema. Das ist gar nicht unsere Expertise.“ Glatt kann die Apotheker und deren Ärger über die Direktbestellung verstehen. „Apotheker haben auch einen großen logistischen Aufwand. Bestellung und Verbuchung der Ware nehmen deutlich mehr Zeit in Anspruch und die Großhandelsrabatte bleiben aus.“

Wer Ware für die Patienten braucht, soll sie auch bekommen. Allerdings müssen sich Apotheker in diesen Fällen derzeit direkt an MSD wenden. Im November soll der Webshop aber voraussichtlich wieder geöffnet sein.

Wo aber bleibt die Ware, die der Großhandel erhalten hat? Antworten lassen sich nur vermuten. Angenommen wird, dass Großhändler oder Apotheker Ware in erheblichem Ausmaß in andere europäische Länder exportieren. Dies kann dem AMNOG geschuldet sein, denn das Verfahren mach Deutschland zum Exportland: Anderen Länder nutzen den deutschen Preis als Referenz.

Am Ende wird mehr exportiert als importiert. Ein Beispiel: Kostet ein Arzneimittel in Deutschland 100 Euro und in einem anderen EU-Land 150 Euro, zieht dies Ware vom deutschen Markt ab. Diese fehlt dann hierzulande, weil der Export nicht im deutschen Versorgungsbedarf berücksichtigt wurde. Auf der anderen Seite ist die Ware im anderen EU-Land – für das ebenfalls entsprechend dem Versorgungsbedarf produziert wurde – zu viel.

Auf der anderen Seite geben Apotheken die defekten Arzneimittel zur Disposition auf. Um schnell an Ware zu kommen, wird gleich bei mehreren Großhändlern disponiert. Kommt dann Ware bei den Niederlassungen an, liefern diese die Vorbestellungen zuerst aus und schon ist das Lager wieder leer und noch nicht alle Kunden wurden beliefert. Die Apotheken haben mitunter die Ware von allen Großhändlern erhalten und somit mehr Ware, als sie tatsächlich benötigen. Ein Teufelskreis.