Hagen

„Über Preise reden wir nicht“

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Berlin -

Dr. Klaus Fehske hat mit seiner Rathaus-Apotheke in Hagen höchst persönliche Vorstellungen einer Apotheke verwirklicht. Vor rund einem halben Jahr hat er den Betrieb an seinen Sohn Dr. Christian Fehske übergeben. Den Wechsel haben die beiden Apotheker mit einem umfangreichen Umbau und der Digitalisierung der Apotheke verbunden.

Seit fast 60 Jahren gibt es die Internationale Rathaus-Apotheke in Hagen. In den knapp 33 Jahren unter der Führung von Dr. Klaus Fehske, dessen Markenzeichen bunte Acryl-Fliegen sind, ist das Familienunternehmen von sieben auf heute 77 Mitarbeiter gewachsen. Im Sommer vergangenen Jahres hat der Pharmazeut sein Lebenswerk an seinen Sohn übergeben.

Um seinen Filius auf seine Aufgabe vorzubereiten, arbeiteten beide Fehskes 18 Monate lang gemeinsam in der Hagener Apotheke. Die doppelte Manpower habe man genutzt, um umfangreiche Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen bei laufendem Betrieb durchzuführen. „Das war ein Glücksfall. Allein wäre das einfach nicht zu stemmen“, sagt der Junior.

Der Umbau habe sowohl von den beiden Chefs als auch von den Mitarbeitern der Apotheke viel Einsatz und Durchhaltevermögen abverlangt. Man sei auf viele „Überraschungen“ gestoßen: Wie aus heiterem Himmel musste im Keller eine Asbest-Sanierung durchgeführt werden, auch habe man mit statischen Problemen zu kämpfen gehabt. „Das war eine unfassbare Belastung für alle“, berichtet der 38-jährige Apotheker. Rund eine Million Euro haben der Umbau und die Modernisierung gekostet.

Mittlerweile sei der Umbau fast abgeschlossen. Es würden nur noch kleinere Arbeiten durchgeführt. Im Zuge der Maßnahmen wurde die Apotheke deutlich vergrößert: So habe man die Verkaufsfläche von etwa 80 auf 131 Quadratmeter ausbauen können. Insgesamt konnte man die Größe der Apotheke um 110 auf 570 Quadratmeter steigern. Neu gestaltete Beratungsinseln und eine Kosmetik-Oase gehören nun zu den Kernstücken der renovierten Apotheke. Statt 10 gibt es nun 14 Kassen, an denen die Kunden beraten werden. Täglich holen nach Angaben des Apothekers bis zu 1000 Kunden, die in der Rathaus-Apotheke als „Gäste“ bezeichnet werden, ihre Arzneimittel und lassen sich beraten. Im Jahr begrüße man rund eine Viertelmillion Kunden.

Mit dem Umbau hat Christian Fehske auch die Digitalisierung der Apotheke vorangetrieben. So wurde ein neuer vollautomatischer Kommissionierer eingebaut, dessen Kapazität 35.000 Packungen umfasst. Auch habe man das Kassensystem gewechselt und moderne Kompaktkassen installiert, die die Möglichkeit bieten, passend zur Beratung kurze Videos zur Veranschaulichung zu zeigen. Neu hinzugekommen ist ein 24-Stunden-Automat, an dem Kunden beispielsweise Schwangerschaftstests, Kondome, Intimwaschlotionen, Pflaster, Mundspülungen, Säuglingsnahrung, Schnuller oder Tampons ziehen können.

Dass er eines Tages die Apotheke seines Vaters übernehmen würde, sei lange nicht abzusehen gewesen, sagt Fehske. Nach dem Abitur studierte er Pharmazie in Erlangen. Anschließend promovierte er. Forschungsprojekte und Tätigkeiten für große Labore in Frankfurt und Berlin folgten. Mehrere Jahre hat der Apotheker in der Pharmaindustrie bei Berlin-Chemie gearbeitet.

„Es war eine lange Zeit sehr spannend und interessant“, berichtet Fehske. „Aber an die Vielseitigkeit der Selbstständigkeit reichte es nicht heran.“ Deshalb beschloss der Pharmazeut, in die Heimat zurückzukehren und die Nachfolge seines Vaters anzutreten. Fehske hat sich auf seine Tätigkeit in der Rathaus-Apotheke gut vorbereitet. So hat der Apotheker ein MBA-Studium absolviert, um sich so ein solides wirtschaftliches Wissen anzueignen.

Ähnlich wie sein Vater hat auch Fehske ein überaus offenes Ohr für Naturheilkunde und Homöopathie. Für den Senior steht eine „ganzheitliche Pharmazie“ im Mittelpunkt: Er sieht Gesundheit als Gleichgewicht zwischen Geist, Körper und Seele. In Rathaus-Apotheke soll daher jeder Kunde die Medizin finden und dazu beraten werden, von der er überzeugt ist, dass sie ihm hilft. Das Sortiment der Rathaus-Apotheke reicht von Arzneimitteln aus der Schulmedizin über Homöopathie und Naturheilkunde, Prävention, Ernährungs- und Gesundheitsberatung bis hin zu Umweltanalytik, Blutuntersuchungen und einer Darmsprechstunde.

Bei allen Neuerungen will der 37-Jährige keinesfalls an der Unternehmensphilosophie seines Vaters rütteln. Hierzu gehört, dass der Kunde nicht allein als Kunde gesehen wird; vorrangig soll er als Gast behandelt werden. Und zur „Fehske-Philosophie“ gehört die Erkenntnis, dass das „Wohlbefinden der Mitarbeiter die Basis für das Wohlbefinden der Gäste“ darstellt.

In der Rathaus-Apotheke betreuen zehn Approbierte, 31 PTA und zwölf PKA die Kunden. Sie sprechen laut Fehske 25 Sprachen, einschließlich der Gebärdensprache. Fehske hat sein Personal in Teams organisiert, in denen die einzelnen Aufgaben zusammengefasst sind. So gibt es in der Rathaus-Apotheke beispielsweise ein HV-Team, ein Onko-Team, ein Labor-Team, außerdem ein Marketing-, Kosmetik-, Fort- und Ausbildungs-, Taxations-, Präsentations- und ein Reinigungs-Team.

Auch der neue Chef erwartet, dass seine Mitarbeiter die Kunden mit einem Lächeln begrüßen. Und es gibt da noch die „Platin-Regel“ der Rathaus-Apotheke: „Behandele Deinen Gast so, wie er (nicht wie Du) behandelt werden möchte!“ Die Zufriedenheit der Gäste steht für die Apotheker an erster Stelle. Deshalb haben sie als Kennzahl den „Lächeln-Quotienten“ eingeführt. Viermal jährlich sind die Mitarbeiter der Rathaus-Apotheke angehalten, bei 100 Gästen darauf zu achten, ob sie im Laufe des Gesprächs einmal gelächelt haben.

Aktionen und Marketing werden in der Rathaus-Apotheke groß geschrieben. Darunter versteht die Apotheke allerdings keine Preis-Dumping-, Prämien- oder Taler-Aktionen. Man sei entweder Preis- oder Qualitätsführer. „Wir haben uns für die zweite Variante entschieden“, sagt Fehske. „In unserer Apotheke diskutieren wir nicht über Preise“. Und das funktioniere auch.

In der internationalen Rathaus-Apotheke kostet eine ausführliche Fachberatung sogar Geld. Einen Euro pro Minute verlangen die Pharmazeuten für die verschiedenen Beratungsangebote, wie beispielsweise für ausführliche AMTS-Analysen, Ernährungs-, Darm- oder Hautberatungen. „Die Kunden sind auch bereit, das zu zahlen“, fügt Fehske hinzu.

Zu den Marketing-Instrumenten, mit denen die Rathaus-Apotheke arbeitet, gehören unter anderem eine eigene monatliche Gesundheitszeitung, ein Newsletter, eine gepflegte Internetseite, Image-Anzeigen in Tageszeitungen und Wochenblättern, Image-Radio-Spots, Werbung auf Bussen und den eigenen Service-Fahrzeugen, eine eigene App für Smartphones.

Im vergangenen Jahr ist die Rathaus-Apotheke mit dem „Top Job Siegel“ für herausragende Arbeitgeberqualitäten ausgezeichnet worden, das die die Firma Zeag vergibt. Den Preis überreichte der frühere Wirtschaftsminister und NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement. Deutschlandweit sind insgesamt 92 Unternehmen ausgezeichnet worden. In ihrer Unternehmensgröße bis 100 Mitarbeiter erzielte die Rathaus-Apotheke Platz 4 von 33. Im Hagener Kundenspiegel belegte die Apotheke Platz 1 bei Kundenzufriedenheit. Verglichen wurden zehn Cityapotheken in Bereichen Freundlichkeit, Beratungsqualität und Medikamentenverfügbarkeit.

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