Streit um Söder-Vorschlag

Impfteams in Apotheke: Ärzte dagegen, Spahn dafür, Apotheken bereit

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Berlin -

Mit seinem Vorschlag, Corona-Impfungen durch mobile Teams unter anderem in Apotheken durchführen zu lassen, stößt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf Kritik: Mit deutlichen Worten lehnt die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) die Idee ab. Der Bayerische Apothekerverband (BAV) hält dagegen. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kann sich das vorstellen.

Als „abwegig und nicht zielführend“ bezeichnet der KV-Vorstand die Verlautbarungen aus der bayerischen Staatsregierung, wonach Corona-Schutzimpfungen auch in Supermärkten und Apotheken angeboten werden sollten. Die Praxen der niedergelassenen Haus- und Fachärzte seien in der Lage, rasch, effizient und in großem Maßstab für eine Durchführung der Impfungen zu sorgen. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass von der Politik und dem Großhandel endlich ausreichend Impfstoffe für die Praxen zur Verfügung gestellt würden.

„Wir haben in Deutschland ein exzellent ausgebautes ambulantes Versorgungsangebot mit einer hohen Flächendeckung. Das ist nicht vergleichbar mit anderen Staaten, in denen weite Entfernungen zur nächsten Arztpraxis oder Klinik zurückgelegt werden müssen und in denen Hilfskonstruktionen wie die Impfung im Supermarkt durchaus Sinn machen können“, so die Stellungnahme des Vorstands in Person von Dr. Wolfgang Krombholz, Dr. Pedro Schmelz und Dr. Claudia Ritter-Rupp.

Söder hatte in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ gefordert, dass künftig auch in Apotheken Corona-Impfungen durchgeführt werden. Mit zunehmenden Impfstofflieferungen müssten „jetzt schon alle denkbaren Strukturen“ aufgebaut werden, um in den kommenden Wochen und Monaten einen möglichst reibungslosen Ablauf der Impfkampagne zu ermöglichen. „Generell gilt: Wir brauchen Ärzteteams, die in mobilen Impfstationen in Supermärkten impfen können. Auch in Apotheken sollte geimpft werden“, so Söder am Mittwoch. „Es darf kein Impfstoff liegen bleiben, und vor Ort muss es schnell gehen – ohne lange Wartezeiten.“

Spahn kann sich solche Maßnahmen durchaus vorstellen, wie er am Donnerstag in der Bundespressekonferenz sagte. Bereits heute stehe es den Ländern frei, Impfungen außerhalb der Praxen zu organisieren, etwa im Supermarkt oder in Stadtteilen. „Das kann man machen. Man muss nur Ärzte hinstellen, dann kann man das machen.“

Der BAV wurde nach eigenen Angaben von der Politik bislang nicht auf das Thema angesprochen. Da bislang keine weiterführenden Informationen vorlägen, könne man den Vorschlag nicht bewerten, zumal aus der Aussage im Zeitungsartikel nicht hervorgehe, in welchem Kontext die Aussagen zu sehen seien, so ein Sprecher.

„Grundsätzlich kann man sagen, das Apothekerinnen und Apotheker nach entsprechenden Schulungen fachlich auf jeden Fall in der Lage sind, Impfungen durchzuführen. Die erfolgreichen Modellprojekte zur Grippeimpfung in Apotheken haben das gezeigt. Jetzt gilt es abzuwarten, welchen Rahmen die Politik beim weiteren Corona-Impfverlauf setzt, was natürlich auch von ausreichend vorhandenen Impfstoffen, sowie den Impfkapazitäten in Arztpraxen und Impfzentren abhängt.“

Bei der KV sieht man keinen Bedarf: „Die niedergelassenen Haus- und Fachärzte in Bayern sind bereit, sich auch im Sinne einer umfassenden Betreuung ihrer Patienten weit mehr in der Impfkampagne zu engagieren, als dies bislang bereits der Fall ist. Dafür ist es allerdings unabdingbar, dass sie über die Apotheken endlich große und verlässlich kalkulierbare Mengen an Impfstoffen aller Hersteller erhalten, die auf dem Markt zugelassen sind.“

Allein am gestrigen Mittwoch seien in bayerischen Praxen rund 118.000 Menschen gegen das Coronavirus geimpft worden. Insgesamt hätten die niedergelassenen Haus- und Fachärzte in Bayern seit dem Start der Schutzimpfungen in den Praxen im April mehr als 700.000 Impfungen durchgeführt. Aktuell beteiligten sich rund 6500 Praxen – und damit rund 9500 Ärztinnen und Ärzte – an der Impfkampagne im Freistaat. Aus Sicht des Vorstands könnten es weit mehr sein, wenn endlich mehr Planbarkeit und Verlässlichkeit in Bezug auf die für die Praxen vorhandenen Impfstoffmengen vorhanden wären.

 

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