Apothekerverband rudert bei AvP zurück

Hoos: „Erhebliche Zweifel an Aussonderungsrechten“ Alexander Müller, 21.10.2020 14:16 Uhr

Die Apotheker haben immer geringere Aussichten im AvP-Insolvenzverfahren ihre Ansprüche als Rechte ausgesondert zu bekommen. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Der Apothekerverband Nordrhein (AVNR) muss frühere Aussagen zur AvP-Insolvenz korrigieren. In einer Stellungnahme der beauftragten Kanzlei Glade Michel Wirtz (GMW) geht es erneut um die sogenannten Aussonderungsrechte für betroffene Apotheker. Entgegen einer früheren Aussage machen die Anwälte nun deutlich weniger Hoffnung auf vorzeitige Auszahlung ihrer Ansprüche. Und der vorläufige AvP-Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos sagte gegenüber APOTHEKE ADHOC, er habe „erhebliche Zweifel“ am Bestehen von Aussonderungsrechten.

Vertreter von GMW hatten den AVNR in Gesprächen mit dem vorläufigen AvP-Insolvenzverwalter Hoos begleitet. Der Verband hatte in der vergangenen Woche dann die FAQ der Kanzlei verbreitet und sich auf vermeintliche Aussagen des Insolvenzverwalters bezogen. Dieser habe für bestimmte Apotheken ein Aussonderungsrecht „anerkannt beziehungsweise bestätigt“, schrieb die Kanzlei.

Hoos hatte dieser Darstellung gegenüber APOTHEKE ADHOC nachdrücklich widersprochen. „Diese Aussage ist weder von mir autorisiert, noch gibt sie meine Rechtsauffassung wieder.“ Er erwarte eine Klarstellung des Verbands beziehungsweise der von ihm beauftragten Kanzlei.

Diese ist nunmehr erfolgt. Im Update von GMW und AVNR heißt es, der Sachstand habe sich inzwischen teilweise geändert. Konkret: „Der vorläufige Insolvenzverwalter hat mit Blick auf diejenigen Verträge, die vor dem Jahr 2003 zwischen den Apotheken und der AvP Deutschland GmbH geschlossen wurden, aufgrund seiner fortgeschrittenen rechtlichen Prüfung inzwischen Zweifel, ob die in unserem FAQ mit Stand vom 14. Oktober 2020 dargelegte Position noch zutrifft.“

Weiter heißt es, Hoos prüfe momentan noch, ob nicht auch bei den Verträgen aus der Zeit vor dem Jahr 2003 die AGB von AvP nachträglich Vertragsbestandteil geworden seien. In diesem Fall läge auch bei diesen Verträgen eine wirksame Abtretung der Kostenerstattungsansprüche an das Rechenzentrum vor. Das würde dann – so Hoos – ein Aussonderungsrecht auch bezüglich dieser Verträge ausschließen. Diese Prüfung sei allerdings noch nicht abgeschlossen, schreibt GMW.

Offenbar hat die Kanzlei des AVNR sich hier gesichtswahrend verhört. Hoos stellt klar: „In der Tat hatte ich zu einem früheren Zeitpunkt geäußert, dass es Vertragskonstellationen geben mag, bei denen Aussonderungsrechte eher infrage kommen, so zum Beispiel bei den Verträgen aus der Zeit vor 2003. Endgültig bejaht habe ich dies angesichts der noch laufenden Prüfung jedoch nicht. Daher mag die Formulierung, was die ‚Historie‘ angeht, etwas irreführend sein, im Kern ist sie aber inhaltlich richtig.“

Die Aufarbeitung des Sachverhalts habe gezeigt, so Hoos weiter, dass auch bei den Altverträgen aus der Zeit vor 2003 wohl nachträglich die AGB Vertragsbestandteil geworden seien. „Damit unterliegen sie der gleichen rechtlichen Bewertung wie der Großteil der AvP-Verträge, bei denen ich erhebliche Zweifel am Bestehen der geltend gemachten Aussonderungsrechte habe“, so Hoos gegenüber APOTHEKE ADHOC.

Bei GMW besteht noch Hoffnung: Ein Aussonderungsrecht für diese Vertragsverhältnisse sei „nicht zwingend ausgeschlossen“. Denn auch in diesen Fällen dürfte nichts anderes gelten als bezüglich der Verträge mit AGB in der Fassung vom 23. September 2003, 1. Dezember 2013 und 1. Januar 2016. Dabei werde AvP zwar formal Inhaberin der Forderungen, die einzelnen Apotheken blieben jedoch die wirtschaftlich Berechtigten. „Entsprechend dürfte auch hier die – für die Inkassozession typische – Bindung der AvP im Innenverhältnis vorliegen“, schreibt GMW.