Arztpraxen unwissend, Apotheke muss haften

DJ-Rezepte: „Die Leidtragenden sind wieder wir“

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Berlin -

Die Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV), mit der ab dem 1. November zwingend eine Angabe der Dosierung oder ein Kürzel wie „DJ“ aufs Rezept muss, sorgt bei vielen Apothekern für Unmut und Frust. Denn fehlt die Angabe, muss die Apotheke entsprechend handeln – sonst drohen Retaxationen. Ein Apotheker aus Bayern macht seinem Ärger Luft.

Vor etwa einem Jahr ist die Änderung der AMVV beschlossen worden, Apotheken wurden mit einem Rundschreiben informiert. Nach einem Jahr „Schonfrist“ halten die DJ-Rezepte nun ab November Einzug in den Apothekenalltag. „Schonfrist?! Da frag ich mich für wen?“, meint der bayerische Apotheker, der lieber anonym bleiben will. „Wenn ich sehe, wie manche Rezepte ausgestellt sind – das ist eine Katastrophe!“ Einige der Arztpraxen in der Umgebung druckten bislang noch nicht einmal die Pharmazentralnummern auf die Verordnungen. „Die Leidtragenden sind wieder wir!“

Arztpraxen wissen nicht Bescheid

Die neuen Änderungen ab November seien erst recht Neuland für einige Praxen. „Ich habe in meiner näheren Umgebung drei Arztpraxen, die wussten davon gar nichts. Erst durch unsere Hinweise ist ihnen der Sachverhalt bekannt.“ Dennoch habe bisher keine Änderung der Handhabe stattgefunden, berichtet der Apotheker. „Das Risiko einer Retaxierung tragen wir. Wir werden täglich zig Rezepte ändern beziehungsweise ändern lassen müssen.“

Eigentlich pflegt der Apotheker ein gutes Verhältnis zu den umliegenden Arztpraxen, berichtet er. Eine Praxis stelle sich dennoch quer: „Sie druckt weder Aut-idem-Kreuze noch Pharmazentralnummern auf – von der Dosierung ganz zu schweigen.“ Viele Zahnärzte und Fachärzte würden ebenfalls nicht auf die Regelungen achten. „Ich sehe schon, dass wir nur noch Rezepte ausbessern und Sonder-PZN aufdrucken – Spaß macht das schon lange nicht mehr!“

Hürde für die Rezept-Kontrolle

In der Apotheke wird ein Scanner zur Rezeptkontrolle genutzt – alle Rezepte ohne PZN werden vom Programm als fehlerhaft aussortiert. „Wenn jetzt auch noch die Rezepte ohne Dosierung rausfliegen, können wir uns diesen Aufwand schenken.“ Eine Backoffice-Mitarbeiterin sei nur damit beschäftigt, Rezepte zu kontrollieren und die von den Praxen falsch ausgefüllten Rezepte zu verbessern. „Da bringt all das Aufrüsten nichts, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen.“

Der Apotheker sieht die Verantwortung vielmehr bei den Ärzten selbst. „Warum nimmt man nicht die Ärzte für das ordnungsgemäße Ausfüllen in Haftung?“ Denn derzeit sei die Apotheke in der Verpflichtung nachzuschauen, ob der Arzt richtig verordnet – ein Unding, wie er findet. „Die Software der Praxen muss doch regelmäßig aktualisiert werden – wenn ich das als Apotheke nicht mache, hat das Konsequenzen“, meint er.

Diesbezüglich verweist er auch auf die Investitionen und Bedingungen, um seine Apotheke tauglich für das E-Rezept zu machen. „Ich muss es halt machen, es wird uns aufs Auge gedrückt.“ Glücklich ist der Apotheker damit nicht. Seit rund 35 Jahren sei er im Beruf. „Wenn ich früher mit heute vergleiche, hat sich viel geändert – die goldenen Zeiten sind sicherlich vorbei.“

 

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